Wahlkampf in Berlin: Die Luft ist raus
Der Wahlkampf war kurz, flott und dicht. Aber ausgerechnet auf der Zielgeraden sind alle Argumente ausgetauscht, es fehlt der Pepp. Woran liegt das?
E inen Wahlkampf wie diesen gibt es viel zu selten. Denn da der Termin der Entscheidung meist mindestens ein halbes Jahr im Voraus bekannt ist, schalten die Parteien entsprechend früh in den Prügelmodus. Anders bei dieser Wahlwiederholung: Keine 90 Tage waren es von der Entscheidung des Verfassungsgerichts bis zur Entscheidung an der Urne, die heiße Phase begann erst am 2. Januar.
Diese zeitliche Konzentration hat der politischen Auseinandersetzung lange gut getan. Mehrere große Themen reihten sich aneinander – Silvesterrandale, Integration, Mietenpolitik, Enteignung, Verkehrspolitik oder besser: Friedrichstraße – und wurden intensiv auseinander genommen. Dazu war die Präsenz der Kandidat*innen auf der Straße hoch, trotz Winterwetter. So macht Wahlkampf Laune – nicht nur den Medien, sondern auch den Kandidat*innen und nicht wenigen Wähler*innen.
Seit ein paar Tagen ist der Schwung jedoch dahin. Zumindest inhaltlich scheinen alle Diskussionen geführt, alle Argumente geliefert, alle Stiche gemacht. Wer etwa die Runde mit allen Spitzenkandidat*innen im RBB am Dienstagabend verfolgte, konnte sich schon fragen, ob man eine Debatte vom Anfang des Wahlkampfs sieht.
Da hallte erneut die Frage aus der Silvesternacht länglich nach – ohne dass von den Wahlkämpfenden ein weiterer inhaltlicher Akzent gesetzt wurde. Gleiches galt für mehrere andere Themen. Und beim Stichwort „Vermüllung der Stadt“ konnten sich gar alle auf den Slogan „mehr Eigenverantwortung“ einigen.
Doch warum ist die inhaltliche Auseinandersetzung ins Stocken geraten? Auffallend ist, dass mehrere eigentlich gewichtige Themen – aus welchen Gründen auch immer – kaum eine Rolle gespielt haben, etwa die massiven Hilfen in der Energiekrise und die Integration von mehr als 100.000 Ukrainer*innen. Es ist schon erstaunlich, dass es der rot-grün-roten Koalition nicht gelang, ihre Erfolge in diesen Bereichen vorzuweisen. Die Grünen wiederum konnten mit Klimapolitik kaum durchdringen.
Keine schnellen Lösungen
Stattdessen beherrschten Probleme die Debatte, deren Lösung langwierig ist. Das ist normal in Wahlkämpfen, aber in dieser Dichte vermittelt es das Bild, dass Berlin allein aus einer Reihe von Baustellen besteht: Denn weder werden sich auf absehbare Zeit die benötigten Lehrer*innen finden noch neue Wohnungen bauen oder enteignen lassen; auch tausende Kilometer Radwege und eine effiziente Verwaltung entstehen nicht über Nacht.
Am Ende dürfte die Entscheidung der Wähler*innen daher auch davon abhängen, ob sie glauben, dass diese wichtigen Veränderungen einfach lange brauchen – oder ob die bisherige Regierung ihrer Meinung nach die falschen Mittel anwendet.
Allerdings bleibt die Frage, ob die Erlahmung des Wahlkampfs auf den letzten Metern wirklich Auswirkungen hat. Haben nicht die Meisten ihre Entscheidung schon getroffen, zumindest die Briefwähler*innen? Wissen wird man das wohl nie.
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