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Wahlkampf in BerlinSchwere Tage für Künast

Drei Wochen vor der Berliner Wahl bröckelt bei den Grünen die Unterstützung für ihre Spitzenkandidatin. Denn die Parteilinke lehnt ein grün-schwarzes Bündnis strikt ab.

Trauert den guten Umfragewerten hinterher: Renate Künast. Bild: reuters

BERLIN taz | Es sind schier Tage der Verzweiflung bei den Berliner Grünen. Die Umfragewerte für die Landtagswahl am 18. September sind seit Mai rückläufig, statt grüner Themen beherrschen Plakate des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit die Stadt, die allein auf Emotion und Popularität des SPD-Manns setzen.

Die grüne Spitzenkandidatin Renate Künast kommt dabei aus dem Reagieren nicht heraus. Auch ihre am Donnerstag vorgestellte Schlussoffensive "Verstehen und Handeln" dockt bloß an der SPD-Parole "Berlin verstehen" an. Und zu allem Überfluss scheuen sich Parteilinke nicht, nun auch öffentlich ein grün-schwarzes Bündnis abzulehnen, mit dem Künast noch immer Landeschefin werden könnte.

Im November hatten die Berliner Grünen Künast, Fraktionsvorsitzende im Bundestag, als Herausforderin von Wowereit ausgerufen. Vorangegangen war fast ein Jahr an Spekulationen über ihre Kandidatur. Bis auf 30 Prozent wuchsen die grünen Umfragewerte in dieser Zeit.

Als jedoch aus der Phantomkandidatin eine echte Bewerberin geworden war, sanken die Werte der Partei konstant. Während der zuvor lethargisch wirkende Wowereit wieder händeschüttelnd durch die Stadt zog, verzettelte sich Künast in missverständlichen Aussagen zur Zukunft des Gymnasiums, zu Tempo 30 und zum künftigen Berliner Großflughafen.

Aktuelle Umfragen: Grün-Schwarz knapp vor Rot-Rot

Der bundesweite Grünen-Boom nach der Reaktorkatastrophe in Japan eröffnete ihr eine zweite Chance, doch seit Mai ist sie erneut auf dem absteigenden Ast. Bei 22 Prozent sind die Grünen inzwischen angekommen. Das ist viel gegenüber dem vergangenen Wahlergebnis von 13,1 Prozent, aber mager gegenüber früheren Umfragewerten.

Und doch könnte Künast immer noch Regierende Bürgermeisterin werden, wie es die Grünen einschränkungslos in ihrem Wahlprogramm als Ziel festgeschrieben haben. Auch wenn es nach aktuellen Umfragen denkbar knapp wird, könnten die Grünen zusammen mit der CDU eine Mehrheit gegenüber Wowereit und seiner seit 2002 regierenden rot-roten Koalition haben.

Doch zumindest Teile der Parteilinken rücken von dem einstimmig beschlossenen Wahlziel ab und bieten sich lieber Wowereit als Juniorpartner für ein rot-grünes Bündnis an. Eine Koalition könnte der linke Flügel nicht verhindern, deshalb droht er teils offen, teils unterschwellig damit, Künast bei Grün-Schwarz im Abgeordnetenhaus nicht zu unterstützen und ihren Haushalt durchfallen zu lassen. Die Begründung: Nur eine kleine Minderheit der Bürger wolle Grün-Schwarz, deutlich mehr plädieren für Rot-Grün.

Angesichts dieser Drohkulisse und unvorteilhafter Zeitungsporträts wirkt Künast in diesen Tagen zunehmend nervös. In der Diskussion um die anhaltenden Autobrandstiftungen in der Stadt ging sie zuletzt rechts an der CDU vorbei und sprach sich für 500 neue Polizisten aus. Was mal eben das grüne Wahlprogramm konterkarierte, in dem es heißt, man brauche nicht mehr Polizei, aber mehr Polizisten auf den Bürgersteigen.

Selbst der Union, die sich in ihrem Programm auf 250 neue Beamte beschränkt, weil sich mehr nicht finanzieren lasse, war das zu viel. So sehr man sich freue, dass die Grünen das Thema innere Sicherheit ernst nehmen würden: Künasts Vorschlag, so die CDU, sei "hilflos, panisch und unglaubwürdig".

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9 Kommentare

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  • K
    Kalle

    Dass die Grünen schon immer eine Ein-Themen-Partei gewesen sein, ist natürlich Vollgrütze und jeder weiß das.

    Sie hatten anfangs und zwischendurch ja auch sehr dezidierte Positionen zu z.B. Friedenspolitik, Antidiskriminierungspolitik und Demokratieformen.

     

    Sie haben sich das nur alles abhanden kommen lassen und sind inzwischn eine Nullthemenpartei. Nicht weil sie ihr einziges Thema verloren hätten; sondern weil sie auch auf alle anderen ihrer früheren Themen scheißen.

     

    Und selbst wenn Umwelt ihr einziges Pfand wäre: auch daraus ließe sich ja immer noch jede Menge machen, das erschöpft sich ja nicht in Atomenergie. Meere und Klima sind im Umkippen begriffen und viele Maßnahmen zu deren Rettung liegen auf der Hand, z.B. Massentierhaltung kurzerhand komplett verbieten.

     

    Allein daraus könnte man ein Riesenthema machen; sind die Grünen aber zu blöd für.

     

    Was noch erschwerend hinzukommt, ist, dass sie aus Aktionen wie "5 DM für den Liter Benzin" "gelernt" haben, dass die Wähler immer noch die letzten sind, die die Umwelt retten wollen. Wollten die Grünen den Wählern heute ihr billiges Gammelfleisch streitig machen, dann würden sie genau so an der 5%-Hürde scheitern wie mit der 5DM-Geschichte.

     

    Letzteres ist den ach so unschuldigen, ach s o dauerbetrogenen Wählern natürlich mindestens genau so sehr anzulasten wie den Grünen.

     

    Aber den Grünen eben auch.

  • M
    max

    seit heute kann man auf wahl-o-mat die übereinstimmungen der programme zischen grünen und cdu vergleichen. ergebnis: es gibt fast keine. da muss der willen zur macht schon gewaltig sein, wenn man darüber hinwegsehen kann.

  • E
    Ernst

    Also, ich kann die Grünen nicht mehr wählen, die sind mir zu undurchsichtig. Mal schwenken sie die rote Fahne, dann die Gelbe und jetzt wieder die Schwarze. Kein Grün mehr vorhanden ?!

     

    Vielleicht wähle ich diesmal die Piraten. Die liegen z.Zt.bei 4,5 Prozent. Schlechter als die anderen, können die auch nicht sein. Die Alten sind verbraucht. Neue Köpfe bracht die Stadt!

  • VR
    Volker Rockel

    Die Grünen verlieren ihren Glanz, weil Ihnen mit der "Energiewende" ihr Thema verloren gegangen ist und von anderen übernommen wurde!- Und jedem wird nun klar, dass die Grünen politisch etwas anderes nicht zu bieten haben;- sie waren im Grunde genommen immer nur eine "Einthemen-Partei"!- Und es wird auch klar, dass die sogenannten Spitzenpolitiker der Grünen a la Künast nur deshalb "Spitze waren", weil sie das Thema "Energiewende" exklusiv besetzen konnten.

     

    Der „politische USP“ der Grünen ist weg! Was bleibt ist die "politische inhaltliche Leere" die auch die anderen Volksparteien auszeichnet.- Die Grünen haben ihren Hype längst hinter sich gelassen;- nur selber haben sie es noch nicht einmal bemerkt...

  • V
    vic

    Künast "lehnt ein grün-schwarzes Bündnis strikt ab."

     

    Was sie m.E. wählbar macht.

  • KF
    klara fall

    Naja, wenn die Presse aber auch durchweg immer nur so seltsame Bilder von Frau Künast veröffentlicht, muss man sich über sinkende Wählerstimmen für die Grünen nun auch nicht wundern.

     

    Hat die Presse etwa Angst vor einer Künast als Bürgermeisterin??

  • S
    StefanMarc

    Grün-Schwarz ist in Berlin nicht von den Grünen-Wählern gewollt, das ist vollkommen klar. Rot-Grün aber umsomehr...

     

     

    Sollte es wider Erwartens eine Mehrheit für Schwarz-Grün geben, so ist gleichwohl eine Mehrheit im Berliner Abgeordnetenhaus für Künast nicht gesichert: denn die Grünen Berliner Abgeordneten wissen sehr genau, wie unbeliebt Grün/Schwarz bei Ihren eigenen Wählern wäre und wie massiv das den Grünen schaden dürfte. Attraktiver erscheint da Rot/Grün mit einer starken Beteiligung der Grünen, wobei dann aber Künast wiederum zurückstecken müßte. Sollte Künast gleichwohl auf eine Amtswahl setzen, würde es die Grünen in Berlin zerreißen, denn Schwarz/Grün ist von grünen Wählern schlichtweg nicht gewollt. Taktisch klüger für die Berliner Grünen ist es da, die Linkspartei aus der Regierungsverantwortung zu kegeln und auf Rot/Grün zu setzen.

  • CA
    Christian Alexander Tietgen

    Ich hätte nichts gegen Grün-Schwarz. Allerdings nur in der Opposition, an der Regierung sähe ich lieber Rot-Gelb.

  • Z
    Zuechter

    Frau Künast ist auch bei den Grünen nicht die Beliebteste. Und nun egal mit wem koaliert wird, hauptsache sie wird Bürgermeisterin ist keine grüne Argumentation sondern hat nur noch mit Machtwillen zu tun. Warum nicht gleich mit allem rechts von CDU paktieren?