Wahlkampf-Workshops in Bremen: Die Qual der Wahl

Ein starkes Bild, ein griffiger Slogan – und fertig ist das Wahlplakat? So läuft das nicht. Was alles dahinter steckt, lernen Jugendliche in Workshops.

Workshop mit Jugendlichen

Wichtig fürs Plakat: Die Mimik und Gestik müssen sitzen. Foto: Lukas Klose

BREMEN taz | Nicht immer ist die Sache so klar wie 1972: „Willy wählen“, hieß es da, klare Ansage, und die Sache für die SPD war geritzt. Und heute? Gibt es Workshops für Jugendliche, in denen sie tief einsteigen wollen in das, was eigentlich hinter einem Wahlkampf so steckt.

„Was würdest du versprechen, um gewählt zu werden?“ Unter dem Motto „Ich bin die Wahl“ fragen sich Jugendliche diese und weitere Fragen zum Thema Wahlkampf. In den Workshops, die vom Kultur- und Bildungsverein (Kubo) im Ostertor organisiert werden, lernen die TeilnehmerInnen, wie künstlerisch Politik sein kann und wie politisch Kunst eigentlich ist.

Aktuell findet der letzte Workshop „Foto und Video“ in der Gleishalle am Güterbahnhof statt. Vorangegangen sind im Juni vier weitere zu den Themen: Kunst und Politik, Performance, Text und Meinung sowie Mode und Inszenierung. Finanziert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. „Wir wollen Wahlplakate mit den Themen der Jugendlichen entwickeln“, erklärt die Projektkoordinatorin Ka Jahn.

Bereits 2015 organisierte sie ein ähnliches Projekt zur Landtagswahl in Bremen. Dabei habe sie gemerkt, wie wichtig es sei, Jugendliche dafür zu sensibilisieren, wie Wahlkampf funktioniert. Schnell stand daher fest, dass sie dieses Thema im Jahr der Bundestagswahl erneut aufgreifen will, mit mehr Zeit, mehr Geld und mehr Möglichkeiten.

Die insgesamt fünf Workshops fanden in Zusammenarbeit mit verschiedenen Kooperationspartnern statt. Zu Beginn stand eine Einführung in das Thema „Kunst und Politik“, bei dem die ersten Ideen gesammelt wurden und Adrienne Körner vom Förderprogramm „Demokratisch Handeln“ den Jugendlichen grundlegende Fragen zum Thema Politik beantwortete.

„Schnell wurde klar, dass es die ganz großen Themen sind, die den Jugendlichen wichtig sind“, sagt Jahn: „Weltfrieden, soziale Gerechtigkeit oder auch Feminismus wurden angesprochen.“

Doch wie setzt man diese Themen auf einem einzigen Plakat um? Im nächsten Schritt hieß es also herauszufinden, was eigentlich hinter diesen Themen steckt. Was verbinden die Jugendlichen damit? Welche persönlichen Erfahrungen haben sie gemacht? „Wir wollten die Geschichten hinter den großen Themen finden“, sagt Jahn.

Im Performance-Workshop fragten sich die Jugendlichen daher: Warum klingen Wahlprogramme eigentlich immer so kompliziert? Und welche Gesten nutzen PolitikerInnen, um diese verschachtelten Sätze zu untermalen?

Der Theaterkünstler Felix Reisel hatte im Vorfeld markante Gesten von namhaften PolitikerInnen wie Donald Trump oder Angela Merkel ohne Ton zu Videos zusammengeschnitten und erarbeitete mit der Gruppe eine Performance, in der diese Mimik und Gestik dargestellt und gespiegelt wurde.

Die Schriftstellerin Donka Dimova erarbeitete mit der Gruppe die Kriterien für einen guten Wahlspruch und zusammen erstellten sie die ersten Slogans. Die anfänglich sehr sperrigen, großen Themen wurden heruntergebrochen und auf die persönlichen Situationen der Jugendlichen fokussiert.

„Mehrere TeilnehmerInnen erzählten, von LehrerInnen ungerecht behandelt zu werden“, sagt Jahn. Und so wurde aus dem Thema soziale Gerechtigkeit der Slogan: „Mobbed as fuck – Lehrer sind Zukunftskiller“. Im dazugehörigen Video wird die Aussage erklärt: „Nicht jeder, aber einer reicht schon“, heißt es dort.

Dem Thema Diskriminierung und den daraus entstehenden Vorurteilen wird mit einem schlichten Plakat begegnet. Zu sehen ist nur der Rücken einer schwarz verhüllten Frau, verbunden mit der Frage: „Was glaubst du an was ich glaube?“ Im Video dreht sie sich um, ihr Mantel schimmert bläulich von innen und in den Händen hält sie eine große, weiße Kugel. Sie sagt: „Ich glaube an Magie. Es ist jedem selbst überlassen, woran, wie und ob er glaubt.“

Die Plakate sollen laut Jahn irritieren und provozieren, die Videos informieren. Auf jedem der Plakate wird es daher einen QR-Code geben, der direkt zum Video führt. Vorgestellt werden die Ergebnisse am 31. August in der Bürgerschaft. Anschließend werden die Plakate auch im öffentlichen Raum gezeigt.

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