Wahlfarce in Kasachstan: Dutzende Festnahmen
Erwartungsgemäß bleibt in Kasachstan die langjährige Regierungspartei an der Macht. Denn: bei der Abstimmung gab es keine Oppositionskandidaten.
![](https://taz.de/picture/4612151/14/Kasachstan-1.jpeg)
Als größte Oppositionspartei hatten die Sozialdemokraten die Wahl boykottiert. Die andere größere Oppositionsbewegung, die demokratische Partei, war an der erforderlichen Registrierung im Vorfeld der Wahl gescheitert.
Sowohl die Nachrichtenagentur Akipress als auch die russische Agentur Interfax berichteten von Festnahmen in unterschiedlichen Städten.
Die Polizei umstellte am Sonntag in der größten Stadt Almaty laut dem Bericht eines AFP-Korrespondenten stundenlang zwei Gruppen von Aktivisten, die gegen den Urnengang protestierten.
Der Wahlsieger stand schon fest
„Dutzende von uns sind festgenommen worden“, sagte der Demonstrant Dschanbolat Mamay. Nachwahlbefragungen zufolge erreichte die Regierungspartei Nur-Otan des ehemaligen Staatschefs Nursultan Nazarbajew (80) fast 72 Prozent der Stimmen. Ihr Sieg stand schon im Vorfeld fest.
Die Nur-Otan-Partei hatte bei ihrem Parteikongress im November eine Liste mit 126 Kandidaten aufgestellt. Die vier anderen antretenden Parteien gelten als Handlanger der Staatsführung unter dem jetzigen Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew.
In Kasachstan hat es noch nie Wahlen gegeben, die von internationalen Beobachtern als frei anerkannt wurden.
Gebrochene Reformversprechen
Seit seiner Wahl vor zwei Jahren versprach der kasachische Präsident seinen Landsleuten Reformen. Der langjährige Staatschef Nazarbajew, der 2019 seinen Rücktritt erklärt hatte, trat seither in den Hintergrund. Er gilt aber nach wie vor als der starke Mann des zentralasiatischen Landes und ist auch Chef der Regierungspartei.
Zu den prominentesten Persönlichkeiten auf der Kandidatenliste von Nur-Otan gehörte die älteste Tochter Nazarbajews, Dariga Nazarbajewa. Sie war seit März 2019 Senatspräsidentin, wurde jedoch im Mai 2020 überraschend von Präsident Tokajew abgesetzt.
Das war als Zeichen eines möglichen Bruchs zwischen Nazarbajew und Tokajew verstanden worden. Der 67-jährige Tokajew hält aber immer wieder Lobreden auf seinen Vorgänger, sie traten bei dem Parteitag im November auch gemeinsam auf.
Kasachstan hat knapp 19 Millionen Einwohner. Nur-Sultan, das frühere Astana, wurde nach dem früheren Präsidenten umbenannt. In der Hauptstadt sagte der 50-jährige Wähler Nurdschan, viele Kasachen hätten „den Glauben an Fortschritt aufgegeben“.
Die offiziellen Angaben zu einer Wahlbeteiligung von 63,1 Prozent wurden von den Kritikern der Staatsführung in Zweifel gezogen.
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