piwik no script img

Wahlergebnis als SelbstentmachtungDemokratie ist kein zu weites Feld

Hinter der Fassade einer boomenden Wirtschaft erodiert die politische Kultur dieses Landes. Deswegen müssen die Bürger mehr Konflikte wagen.

Kein Bock auf Konflikt: Eine „Mutti“ kann es nicht ohne Kinder geben, die sich bemuttern lassen. Bild: dpa

Diese Wahl katapultiert uns an einen Ort, der jenseits einer selbstbewussten und streitlustigen Gesellschaft liegt, an einen Ort, an dem eine Regierung ihre Politik nicht mehr erklären und mehrheitsfähig machen muss. Denn es fehlt ihr ein Gegenüber: das Volk, das prüft, bewertet, protestiert.

Es ist, als führe uns Angela Merkel in einen Roman von Theodor Fontane, erschienen 1896, und damit in die preußisch-protestantische Welt der „Effi Briest“: Dort der Garten des Herrenhauses zu Hohen-Cremmen in Brandenburg, die mittagsstille Dorfstraße, die Kirchhofsmauer, die im Efeu steht. Da Effi Briest, eine junge Frau, die sich wehrlos und ohnmächtig von den gesellschaftlichen Gegebenheiten in den Tod treiben lässt, verheiratet mit einem Baron, der auf der anderen Seite, der Seite der Macht, steht und als preußischer Bürokrat Karriere machen will.

Und im Garten sitzend Effi Briests Vater, der bei allen Fragen nach Verantwortung, nach Handlungsspielräumen, nach der Macht des Einzelnen im politisch-gesellschaftlich Ganzen, selbst nach dem Tod seiner Tochter, abwehrend sagt: „Das ist ein zu weites Feld.“

Es ist dieser Satz, den die Deutschen mit der Wahl Angelas Merkels zu ihrem Mantra gemacht haben, er beschreibt die politische Gemütslage des Landes, unsere Haltung zu den Problemen der Zeit. Eurokrise, Reichtum, Armut, Klimawandel, Terrorismus, Krieg: Es ist ein zu weites Feld.

Das Prinzip Merkel

Auf der einen Seite ist das Prinzip Merkel: eine Kanzlerin, die ihre Macht daraus gewinnt, den Bürgern das andauernde Gefühl zu geben, sie kümmere sich schon – und lasse den Bürger mit Politik in Frieden. Wie auch sie wünscht, beim Politikmachen in Frieden gelassen zu werden.

Wer diese Art des Regierens zu einer Stilfrage erklärt, zu einer nebensächlichen Frage der Rhetorik, der verharmlost die Gefahr: Kommunikation ist der Sauerstoff der Demokratie. Und wer Politik macht, ohne zu kommunizieren, der nimmt der Demokratie, fahrlässig oder willentlich, die Luft.

Auf der anderen Seite sind wir, im Garten sitzend wie Vater Briest, die wir uns die Atemluft nehmen lassen. Wir lassen es geschehen. Mehr noch: Wir belohnen Merkels sprachlose Politik. Ihre Wiederwahl ist ein Akt bürgerlicher Selbstentmachtung, für den weniger Merkel verantwortlich ist als der Bürger selbst. Denn er hat es ja so gewollt: Eine „Mutti“ kann es nicht ohne Kinder geben, die sich bemuttern lassen. Offenbar will sich niemand gegen die Infantilisierung der Demokratie wehren, denn sie verspricht weniger Verantwortung und mehr Komfort.

Wir haben damit nicht nur Merkel gewählt, sondern auch eine Rolle für uns: die des modernen Untertanen. Aus einem stillen Übereinkommen, Merkel machen zu lassen, wurde bei dieser Wahl gleichsam ein Vertrag.

Zum Prinzip Merkel gehört es, die Probleme, die zu bewältigen sind, als besonders, historisch und einmalig darzustellen – und damit zur Sache der Experten zu erklären. Zu einem weiten Feld.

Es geht ja alles so schnell

Als sei die Regierung die Crew eines untergehenden Kreuzfahrtschiffs, die im Angesicht der außergewöhnlichen Bedrohung erst alle Notfallmaßnahmen einleiten müsse, bevor sie die Passagiere über die Lage informieren kann. Wenn die Lage nicht dann schon zu bedrohlich ist, um Durchsagen zu machen. Es geht ja alles so schnell.

So ist es etwa in der Eurokrise. Tatsächlich ist diese Krise einschüchternd: in ihrer Komplexität und Geschwindigkeit. Die Kapitulation der Bürger und deren Rückzug angesichts eines Problems, vor dem selbst Experten kapitulieren, ist verständlich. Und so dringt auch keine gesellschaftliche Debatte über die richtige Europa-Politik durch, stattdessen gibt es nur politische Entscheidungen, die verkündet werden.

Doch waren die großen Probleme, vor denen die Bundesrepublik stand, nicht immer besonders, historisch und einmalig? Und gab es nicht trotzdem immer wieder den Versuch der Politik, das Problem zu erklären und für dessen Lösung Mehrheiten in der Gesellschaft zu erkämpfen?

Als Deutschland nach dem Krieg am Boden lag und wiederaufgebaut werden musste, entwarf Ludwig Ehrhard die Idee einer sozialen Marktwirtschaft. Das ging nur mit den Bürgern und Bürgerinnen, nicht gegen sie. Er musste erklären, warum er das wollte.

Und als Deutschland geteilt war, als sich in Berlin Panzer gegenüberstanden, ging es bei vielen politischen Entscheidungen gar um Leben und Tod, Krieg und Frieden.

Erosion der politischen Kultur

Und trotzdem entwickelte Willy Brandt als Bundeskanzler eine politische Idee, wie mit der Bedrohung umzugehen ist: die Ostpolitik. Eine Idee, die er erklärte und kommunizierte.

Wann, wenn nicht in Zeiten der Krise, braucht Politik Ideen? Wann, wenn nicht im Fall einer Havarie, muss ein Kapitän mit den Passagieren sprechen? Deutschland geht es gut – auf den ersten Blick. Doch hinter der Fassade einer boomenden Wirtschaft, hinter dem Bild des europäischen Klassenprimus, erodiert die politische Kultur dieses Landes.

Die Akzeptanz der Politik schwindet, die Parteien verlieren Mitglieder, bis tief ins bürgerliche Milieu hinein macht sich Verachtung für Berufspolitiker breit. Intellektuelle propagieren Nichtwählen als Akt bürgerlicher Notwehr. Aus dem Stand erreicht eine chauvinistisch-rechtspopulistische Partei fast den Einzug in den Bundestag.

Und jetzt?

Das weite Feld bleibt ein weites – doch dass es zu weit ist, sollten wir uns nicht erzählen lassen. Wir müssen mehr Konflikte wagen. Wir müssen Fragen nach Macht, Ursache und Wirkung stellen.

Bei Fontane zerbricht Effi Briest an einer Ehe, die sie nicht wollte, an einem Duell zwischen Liebhaber und Ehemann, das die Gesellschaft forderte. Sie lebte verstoßen von Mann und Familie, bis ihre Eltern sie aufnehmen. Da ist sie bereits todkrank und fügt sich ihrem Schicksal, verglommen der letzte Funke von Aufbegehren, von Rebellion.

Ist es das, was wir wollen?

Effi Briest übernimmt die Verantwortung für ihr Leid – obwohl es doch die Gesellschaft und die Zwänge waren, die sie in den Tod trieben. Sie sagt mit letzter Kraft: „Ich sterbe mit Gott und Menschen versöhnt.“ Und als sie dann stirbt, sagt sie zwei letzte Wörter: „Ruhe, Ruhe.“

Die gefährliche Ruhe

Das Problem, das diese Wahl so deutlich gemacht hat, ist doch nicht, dass keine Wechselstimmung herrscht. Das Problem ist, dass überhaupt keine Stimmung herrscht. Es dominiert Spannungslosigkeit – ein politisch-gesellschaftliches Vakuum, das zu implodieren droht. Was nutzt eine blühende Wirtschaft, wenn gleichzeitig die Demokratie verdorrt?

Bezeichnend dabei, dass sich eine Mehrheit der Deutschen jetzt auch noch eine Große Koalition wünscht, als sei eine stabile Regierungsmehrheit wichtiger als eine starke Opposition, als gelte es jene letzten Konflikte aufzulösen, die noch imstande sind, den demokratischen Wettbewerb zu vitalisieren: Nicht nur die Bürger und Bürgerinnen sollen Merkel in Ruhe lassen, auch die Opposition.

Bei Fontane endet das so:

„Es war einen Monat später, und der September ging auf die Neige. Das Wetter war schön, aber das Laub im Parke zeigte schon viel Rot und Gelb, und seit den Äquinoktien, die drei Sturmtage gebracht hatten, lagen die Blätter überallhin ausgestreut. Auf dem Rondell hatte sich eine kleine Veränderung vollzogen, die Sonnenuhr war fort, und an der Stelle, wo sie gestanden hatte, lag seit gestern eine weiße Marmorplatte, darauf stand nichts als ’Effi Briest‘ und darunter ein Kreuz.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

30 Kommentare

 / 
  • AO
    Aleksandr Orlov

    Die Bürger würden ja Konflikte wagen, wenn sich welche präsentierten.

    Solange die Opposition ihre Job nicht macht (SPD seit 2009) und alle bis auf eine Partei (gegen die gleichgeschalteten Medien unisono hetzen dass sich die Balken biegen) dieselbe Linie vertreten - wo soll der Bürger denn was wagen?

    Wenn die Medien, statt seit Monaten eine große Koalition herbeizuschreiben, mal eine Minderheitsregierung mit wechselnden Mehrheiten propagieren würden, dann würd's auch wieder spannend im Land.

    Dann müsste nämlich um die beste Lösung gerungen und gestritten werden statt die alternativlos von oben mit Basta durchzudrücken.

  • Es gibt Länder mit viel längerer demokratischer Tradition - allen vorandie USA - in denen Sie die "Pflichtvergessenheit" der Parlamentarier noch viel deutlicher anprangern könnten. Da immer nur auf die kleine Schweiz zu schielen (die eher wegen ihres einmaligen Geschäftsmodells so gut funktioniert), bringt nicht weiter.

    • @Normalo:

      Inwiefern bringt es denn weiter, ferne Laender und nicht das eigene zu kritisieren? Bzw. wen bringt das weiter? Sie? Mich nicht.

  • Teil 2

    „..Die Akzeptanz der Politik schwindet, die Parteien verlieren Mitglieder, bis tief ins bürgerliche Milieu hinein macht sich Verachtung für Berufspolitiker breit. ..“

     

    Das ist kein Wunder, denn leider ist offensichtlich vielen Parlamentariern der Kanon ihrer Aufgaben nicht mehr geläufig. Da sind welche, die sehen ihren Job als Mittel zur Selbstversorgung, andere sehen sich vorrangig als Lobbyisten von Berufsständen oder Regionen und mit erschreckender Nonchalance geben sie in Krisenzeiten ihre Vollmachten weg, winken Gesetze nach Maßgabe von Regierungen und Fraktionsvorständen durch, statt sich in schwierige Materie einzuarbeiten. Soll doch Karlsruhe die Dinge richtig stellen. Die Parlamente unterscheiden sich in ihrer Selbstentmachtung leider nicht von der Bevölkerung. Es fehlt an Bildung im Volke und an Qualität in den Parlamenten. Was wohl irgendwie zusammenhängt.

  • Das ist eine schöne brandenburgische Parabel, Herr Dachsel. Was sich in Deutschland eingenistet hat, ist eine als Muttiismus getarnte Realdiktatur. Warum? Die meisten Systeme, in denen Menschen leben, sind diktatorisch. Das beginnt im Elternhaus (Mutti!!), setzt sich in Schule, Behörden und Unternehmen fort. Das Bewusstsein über die Vorteile der Demokratie ist nicht automatisch vorhanden, da es den meisten Menschen gut geht, wenn sie geführt werden und wenn sie nicht denken müssen oder Verantwortung übernehmen müssen.

     

    Deutschland hat ein eklatantes Demokratiedefizit, und dieses Demokratiedefizit ist eindeutig Bildungsdefizit. Denn Demokratie ist kein „natürliches“ System, sondern eine griechische Kopfgeburt. Somit ist sie in ihrem Bestand immer gefährdet und Verständnis für Demokratie kann nur durch Bildung geschaffen und erhalten werden. Das zentrale Element der Demokratie ist das Parlament (Das kann auch die Bevölkerung eines ganzen Staates sein.). Es ist gesetzgebend, wählt die Regierung und kontrolliert diese und sorgt für Interessenausgleich zwischen Bevölkerungsgruppen, Regionen und Religionen. Regierungen müssen von Parlamenten überwacht (sic!) werden und die Parlamente sind den Bürgern Rechenschaft schuldig.

  • Ob auf dem Titelfoto Frau Merkel gemeint war ? Was hätte wohl Freud dazu gesagt ?

  • W
    Wolfgang

    Hinter der bundesdeutschen Fassadenmalerei:

     

    - rund 13 Millionen in Armutslöhnen, unter 13 Euro-Std.;

     

    - rund 7 Millionen im differenzierten Hartz-IV-Strafvollzug, einschließlich vormals Erwerbstätige und Kinder;

     

    - offiziell rund 2,9 Millionen Arbeitslose ohne die in Armutsrente abgeschobenen und in Unterwerfungs-Maßnahmen etc.

     

    - offiziell rd. 4 Millionen in Altersarmut, davon lediglich 2 Mio. mit unzureichender Grundsicherung (Sozialhilfe), der Rest fürchtet die Atragstellung und Konto-Überwachung etc.

     

     

    Gleichzeitig haben die privaten Millionen- und Milliardenvermögen der deutschen Steuerhinterzieher und Millionäre, Multimillionäre und Erbschafts-Milliardäre (auch ohne deren Arbeit und Mehr-Wertschöpfung) weiter zugenommen. -

    Inoffiziell verfügen eeniger als sieben Prozent (7%) der Erwachenenbevölkerung über mehr als 70 Prozent aller Vermögenswerte in Deutschland.

     

    Mehr als 50 Prozent der Gesamtbevölkerung verfügen nur über weniger als 4 Prozent aller Vermögenswerte im staatsmonopolistischen Bourgeoissozialismus der herrschenden Finanz- und Monopolbourgeoisie in der Deutschland AG!

  • S
    sarko

    Demokratie zu predigen und anzupreisen ist wie "Wort-zum-Sonntag" .

     

    Übrigens : Ziel allen Geistes ist Ruhe , Nichtstun , in der Sonne liegen , den lieben Gott einen guten Mann sein lassen , ... Politik den Experten und "Mutti" überlassen .

    Der "dumme" Populus weiß eh : das "dicke Ende" kommt , unvermeidlich , warum sich jetzt schon die Laune verderben ...

  • Sehr geehrter Herr Dachsel, das Thema Ihres Artikels ist wichtig und richtig, aber schreiben Sie doch auch aktuell über Ihren türkischen Kollegen Fehim Tastekin, der letztes Wochenende 2 Tage lang im Warteraum des Flughafens von Sotschi festsass, und dazu einen Grossteil der Zeit auch noch ohne Trinkwasser. Russische Behörden haben dem Auslandskorrespondenten der linksliberalen Tageszeitung Radikal die Einreise verweigert und gar ein fünfjähriges Einreiseverbot verhängt. Mutmaßlicher Grund: zu Russland-kritische Berichterstattung zur Situation der Tscherkessen im Kaukasus und dem Nahen Osten und zu Sotschi 2014. Wo bleiben hier die großen deutschen Medien? Wo ist Ihre Solidarität? Meine ist - fachfremd und unbezahlt - hier: http://www.freitag.de/autoren/irma-kreiten/einreiseverbot-fuer-kritischen-journalisten

  • Wer ohne ein solidarisches Umfeld mit entsprechend Zivilcourage mehr Konflikte wagt, ist in Deutschland ganz schnell weg vom Fenster, notfalls über ein Abschieben in die Psychiatrie. Wer verteidigt in Deutschland eigentlich die Grundrechte von Wissenschaftlern? Die TAZ hat es nicht getan, auch der TAZ-Journalist des entsprechenden Ressorts hat sich der Kommunikation, die Sie hier fordern, verweigert. Nur kleine, alternative Medien haben manchmal noch entsprechenden Mut: http://www.freie-radios.org/56983. Wenn Menschen nicht den Mund aufmachen und sich lieber in ihre private Sicherheit zurückziehen, liegt auch das an der Blockadehaltung der Medien bei sensiblen Themen. Eines davon - meines - ist der verschwiegene Völkermord an den Tscherkessen im Westkaukasus: http://sochi2014-nachgefragt.blogspot.com/

  • G
    Gast

    Sprecht nicht immer pauschal von allen. Es gibt Menschen in Deutschland, die nicht Gleichförmigkeit gewählt haben und daher auch nicht unter einer Kategorie subsumiert werden wollen! Danke.

  • Wie wär's mal hiermit: "Don't fix it if it's not broken."?

     

    Menschen beschäftigen sich mit Dingen, wenn sie das Gefühl haben, sich beschäftigen zu müssen, weil ihnen sonst großer Schaden droht. Unwichtigen Alltagsbetrieb delegieren sie.

     

    Es mag für einen berufsmäßigen Bedenkenträger und "progressiven" Agitator schwer nachvollziehbar sein, aber vielen Leuten in diesem Land geht es gut genug, als dass sie in der Politik im Moment einfach nicht so viel eigenen Handlungsbedarf sehsehen. Vielleicht - aber das ist nur meine kleine, liberale Hoffnung - sehen sie auch wieder verstärkt sich selbst in der Verantwortung, für ihr persönliches Glück zu sorgen, und nicht immer nur Papa Staat und seine "Verantwortlichen".

    • @Normalo:

      Ihnen als Normalo mag es zu gut gehen, um sich ernsthaft für allgemeinere gesellschaftliche Belange einzusetzen. Anderen geht es zu schlecht, als dass sie sich sinnvoll an einer Debatte beteiligen und auf effektive Weise Forderungen stellen könnten - vergessen Sie das bitte nicht.

      • @Irma Kreiten:

        Ich sprach nicht zwingend von mir persönlich, sondern von denen, deren Apathie der Anlass dieses Artikels ist. SIE sollten sich fragen, ob Sie auch anderen Themen als dem hier gleich mehrfach thematisierten Umgang der Russen mit den Tscherkessen so viel Aufmerksamkeit und Engagement widmen könnten, wie Sie es von Anderen zu "Ihrem" Thema erwarten.

         

        Jeder ist halt immer nur Cheflobbyist für das, was ihm selbst am Herzen liegt. Und Ihre Einwürfe hier sind dafür auch nur ein weiteres Beispiel. Wer von seinen Mitmenschen ein solches Engagement in allen Dingen verlangt, die Irgendwem unter den Nägeln brennen, der überfordert sie.

        • @Normalo:

          Und Sie koennen sich sicher sein, dass ich fuer andere Menschen und ihre Themen mindestens das gleiche Interesse aufbringe, dass ich von ihnen fuer die Tscherkessen und Sotschi 2014 erwarte - ich wuerde sogar sagen, es ist sehr viel mehr, angesichts des Kaukasus als Nicht-Thema und Nicht-Ort im deutschen Bewusstsein bin ich hier mit meinen Zielen sehr bescheiden.

          • @Irma Kreiten:

            Sorry, "das ich von Ihnen ... erwarte" natuerlich.

        • @Normalo:

          Wenn Sie die Kommentarspalten in der Taz wirklich aufmerksam verfolgen, so werden Sie feststellen, daß ich mich durchaus nicht nur für den Kaukasus und die Tscherkessen interessiere. Auf Sotschi 2014 und dem Völkermord an den Tscherkessen beziehe ich mich deswegen so oft, weil es a) mein Arbeitsgebiet ist und b)ansonsten kaum jemand tut, es handelt sich um einen blinden Fleck in der deutschen medialen Berichterstattung und um ein Tabuthema im öffentlichen Bewußtsein. Ich bin kein Cheflobbyist, mir liegen durchaus auch andere Themen am Herzen. Ich habe von Ihnen kein Engagement verlangt, und wenn Sie das in meinen Kommentar hereinlesen, könnte es nicht u.U Ihr eigenes schlechtes Gewissen sein, was hier spricht? Im Übrigen haben Sie die "Menschen", von denen bei Ihnen die Rede war - und ob Sie hierbei nun sich selbst gemeint haben sollten oder nicht - nicht als über- sondern unterfordert dargestellt.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Irre schön, das Foto zum Beitrag.

    Diese vor Begeisterung tosende Menschenmenge, ihrer Kanzlerin "Mutti" zujubelnd.

    Frage: Ist das ein Fake??

    • @571 (Profil gelöscht):

      Meine "Mutti" is das nich!

  • M
    Mumford

    Ich habe Gänsehaut bekommen, bei der präzisen Beschreibung der politischen Lage. Danke für die Entmantelung.

  • SW
    Sebastian Wiesendahl

    Danke für diesen Artikel! Denn genau das ist es auch, was ich selber wahrnehme: Unsere Demokratie droht sich am Schweigen über schwierige Konflitke aufzulösen.

     

    Was würde von einer Demokratie noch übrig bleiben, in der die Opposition nicht dazu in der Lage ist ein kontrollierendes Organ des Staates zu sein?

  • B
    BeleidigterLinker

    Die Mehrheit scheint zufrieden. Dem Land geht es gut. Den meisten Menschen geht es gut.

     

    Das darf scheinbar nicht sein.

  • G
    gregor

    Es wird zwar übersehen, dass die Mehrheit der Wahlberechtigten nicht CDU gewählt hat, dennoch: Einer der besten und wichtigsten Artikel seit Jahren.

  • AU
    Andreas Urstadt

    Der Autor projiziert.

     

    Alle Vorgaenge ueber Enquete-Kommissionen usw zu komplexen politischen Vorgaengen in Gegenwart u Zukunft vom Bundestag aus als flow sind partizipativ und interaktiv, von der Enquete zum internet (die Leute konnten selbst Gesetzesvorschlaege machen! - einige wurden von der Enquete uebernommen) ueber die Enquete Wachstum Wohlstand Lebensqualitaet bis zur Nachhaltigkeitsenquete. Die Leute koennen sich schon praktisch selbst in die Nachhaltigkeitsstrategien einbringen. Das ist alles konkret und praktisch und interaktiv und eigenverantwortlich und Arbeit!

     

    Und wer hat Zeit fuer die Arbeit? Die Dinge sind fuer viele mittlerweile so komplex dass sie an Politiker, die dafuer bezahlt werden delegieren, als Arbeitsteilung.

     

    Die Leute, die einfach da sitzen wuerden und warten sind eine Projektion.

     

    Beim Merkel unterstellten stillen Kuemmern handelt es sich ueberhaupt nicht um Politik, es handelt sich um managen (auf deutsch: verwalten. Dass Managen Verwalten bedeutet duerfte fuer einige unbekannt sein. Genauso dass performance Leistung bedeutet und meist nicht Vorfuehrung duerfte auch oft unbekannt sein).

     

    Erst wer zu bestimmten komplexen Themen bspw eine Dr Arbeit schreibt, weiss, wie wenig Chancen Normalbuerger haben die Dinge zu durchschauen. Thematische Zuspitzungen vertuschen. Zuspitzungen sind nicht mehr politisch damit, weil sie das Transparente, das erst die Grundlage fuer das Politische ist entziehen. Komplexes kann trotzdem knapp erklaert werden. Unter Komplexitaet sind Worte oft zu langsam.

  • S
    Susanne

    Eine Ursache mangelnder politischer Diskussion wird in eben diesem Artikel demonstriert: In einem Absatz wird eine Partei von Ökonomen und Währungsexperten als „chauvinistisch-rechtspopulistisch“ diffamiert, im nächsten Absatz dann gefordert: „Wir müssen mehr Konflikte wagen.“.

     

    Wenn der politische Dissenz zuverlässig die größtmöglich Strafe nach sich zieht, nämlich den Vorwurf des Rechts-Seins, welcher leicht gesellschaftliche Ächtung und Verlust der Existenz nach sich ziehen kann, bedarf es übermenschlichen Mutes oder suizidaler Affekte, Konflikte zu wagen.

  • R
    Rükolla

    Dieser Artikel klingt zwar intellektuell sehr vernünftig, geht aber ziemlich an der Realität vorbei. Denn wer hat denn tatsächlich bei der Wahl einen "Vertrag" mit Merkel abgeschlossen (oder irgendwas in der Art gedacht)???

     

    Zudem gibt es natürlich Diskussionen unter den Menschen über viele drängende Probleme wie die Euro-Krise usw. Diese Diskussionen werden jedoch von den meisten Medien entweder ignoriert oder gleich in die rechte Ecke gestellt.

  • EL
    Ernst Lehmann

    Ist das Problem nicht vielmehr eine blutlose Opposition, die ausser Mindestlohn und Mietpreisbremse im Wahlkampf nicht viel zu sagen hatte?

    Kann man Frau Merkel den Atomausstieg, die Euro-Krise und die Umsetzung des Kitaplatzanspruchs vorwerfen? Wenn ja, dann nur von konservativer Seite, von daher ist der Anstieg der AFD eher einem Linksruck der CDU geschuldet, der gleichzeitig auch der Oposition die Luft zum Atmen nimmt.

    Wenn man die Gedanken der taz zu Ende denkt, muss die CDU wieder ein gutes Stück nach rechts rücken, um den demokratischen Diskurs wieder zu ermöglichen und einer angeblich "chauvinistisch-populistischen" Partei die Wähler abzuringen (ich nehme an, mit dieser Umschreibung war nicht "Die Linke", sondern die AfD gemeint,...)

  • MM
    Müller Meier

    Dankeschön für die klaren Worte, der Artikel spricht mir aus der seele! Wie kann mannur diese Art von Politik unterstützen? Die Gesellschaft wird unmündig gemacht und die Bürger wählen den kandidaten nur noch aufgrund von banalen Äußerlichkeiten. Das war es, was mir diese Wahl verraten hat!

    Gruß,

    Ein Mensch

  • B
    Blechstein

    Wunderbarer Artikel

  • Z
    Z-Day

    Diese Art schöngeistiger Betrachtungen helfen allerdings auch nicht weiter. Die Demokratie ist auch ohne Merkel am Ende. Der Zoon politikon auch. Wir können das natürlich noch ein paar Jahre lang ignorieren. Alles, was wir bekommen werden, ist ein bißchen mehr Demokratisimulation, damit wir (die Bürgeruntertanen) uns nicht komplett zurückziehen. Die Frage, die wirklich im Raum steht, lautet längst: Was kommt danach?