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Wahlen in VenezuelaMaduro sieht sich als Sieger

Venezuelas Wahlrat erklärt Präsident Maduro zum Sieger der Präsidentschaftswahl. Die Opposition reklamiert 70 Prozent der Stimmen für sich.

Sieht sich als Sieger: Venezuelas Präsident Nicolás Maduro in der Wahlnacht Foto: Fausto Torrealba/reuters

Caracas taz | Um 6 Minuten nach Mitternacht Ortszeit Caracas ist es so weit, nach stundenlangem Warten: Elvis Amoroso, der Vorsitzende des Wahlrats CNE, tritt vor die Öffentlichkeit. Wegen eines „Angriffs auf die Datenübertragung“ sei es zu Verzögerungen gekommen. Doch mit 80 Prozent der übermittelten Ergebnisse stünde unumkehrbar fest: Nicolás Maduro sei der Sieger der venezolanischen Präsidentschaftswahl.

Ausgerechnet am 70. Geburtstag von Hugo Chávez, der Nicolás Maduro auf dem Sterbebett als Nachfolger eingeschworen hatte, hat sich sein Kronprinz seine dritte Amtszeit gesichert. Daran erinnert Maduro in seiner Siegesrede im Venezuela-Shirt. „Ich bin ein Mann des Friedens und des Dialogs“, sagt der autoritäre Präsident. Nach Reden über Blutbäder und Bürgerkriegsdrohungen.

Laut Wahlrat lag die Wahlbeteiligung nach aktuellem Stand bei 59 Prozent. Davon hätten 51,2 Prozent für den Amtsinhaber von der Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) gestimmt, 44,2 Prozent für Edmundo González, den Oppositionskandidaten des Demokratischen Einheitsbündnisses (PUD). 4,4 Prozent entfielen auf Sonstige.

Mit dem Ergebnis kündigt Wahlratsvorsitzender Amoroso direkt an, den Generalstaatsanwalt einzuschalten wegen der „terroristischen Aktivitäten“ gegen das Datenübertragungssystem, Wahlzentren und Beamte. Das kann man auch als Drohung gegen die Opposition verstehen.

Die Opposition spricht von 70 Prozent für González

Nach 1 Uhr morgens, mehr als eine Stunde später, treten Oppositionskandidat Edmundo González und Oppositionsführerin María Corina Machado vor die Presse. Zuerst Machado: „Wir wollen allen Ve­ne­zo­la­ne­r:in­nen und der ganzen Welt sagen: Venezuela hat einen neuen gewählten Präsidenten – und das ist Edmundo González Urrutia.“ Nachwahlumfragen hätten ein Ergebnis von 70 Prozent der Stimmen für den Oppositionskandidaten ergeben, sagte Machado.

Die ganze Welt wisse, dass die Opposition auf allen Ebenen überwältigend gesiegt habe. Das habe der Wahltag gezeigt. Sie ruft die Menschen auf, mit ihren Familien zu den Wahlzentren zu gehen und den Rest des Nachzählungsprozesses zu überwachen. Stark zu bleiben, um in den kommenden Tagen die Wahrheit zu verteidigen.

Dann González: „Hier wurden alle Wahlregeln verletzt. Die Mehrheit der Wahlprotokolle liegt uns immer noch nicht vor.“ Erst etwa 40 Prozent der Wahlprotokolle lägen der Opposition vor, präzisiert Machado auf Nachfrage. „Niemand ruft zu Gewalt auf der Straße auf“, stellt González klar.

Mit jeder Stunde des Wartens war die Hoffnung auf einen erklärten Wahlsieg für Oppositionskandidat Edmundo González Urrutia geschwunden, der in den seriösen Umfragen mit 20 bis 30 Prozent geführt hatte.

Spannungen vor den Wahllokalen

Der Wahltag selbst war großteils ruhig und friedlich verlaufen. Jorge Rodríguez, Parlamentspräsident und Maduros Wahlkampfleiter, sowie Verteidigungsminister Vladimir Padrino López erklärten, die Ve­ne­zo­la­ne­r:in­nen hätten mit der Wahl ein Zeichen des Friedens gesetzt. Diesen Frieden werde man in den folgenden Tagen verteidigen. Auch dies nur eine leicht verklausulierte Drohung gegen Proteste.

Um 18 Uhr sollten die Wahllokale offiziell schließen. Doch einige blieben wegen des großen Andrangs deutlich länger geöffnet. Auch die Auszählung der Stimmen verzögerte sich. Wie im größten Wahllokal im Stadtteil Chacao in Caracas. Kurz vor 22 Uhr wartete dort immer noch eine Menschenmasse auf das Ergebnis. Schließlich verließen einige der Wahlzeugen ohne Ansage das Lokal. Ein paar Minuten später erschien der Koordinator des Wahlzentrums.

Der brüllenden Masse erklärte er, dass er auf ihrer Seite sei, man gewonnen habe, er jedoch kein Ergebnis verkünden dürfe. Tumultartige Zustände bei den Menschen, die zum Wählen teils vier Stunden in der prallen Sonne angestanden hatten. Die Menge schrie, teils hysterisch, „Betrug!“ und „Ergebnisse!“. Solange, bis er schließlich doch verriet: 80 Prozent für die Opposition und 20 Prozent für den Amtsinhaber Maduro. Jubel.

Derweil flimmerten erste Bilder von Soldaten und Motorrad-Schlägergruppen durch die Whatsapp-Nachrichten – erst einmal nicht verifizierbar. Im Miraflores-Palast feierten Maduros An­hän­ge­r:in­nen schon vor neun Uhr abends den Sieg.

In ersten Reaktionen kündigten Peru, Chile und die USA an, das Wahlergebnis erst anzuerkennen, wenn Transparenz herrsche.

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6 Kommentare

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  • Gratulation an Maduro.

    Seine sozialistischen Siege brachten den Venezuelanern in der Vergangenheit eine Armutsquote von 90 Prozent.

    Bei einem Land, dessen nachweisbare gut abzubauende Ölreserven 25 Prozent über dem Ölreichtum Saudi-Arabiens liegen.

    Millionen Menschen haben das Land verlassen, Korruption, Diktatur und Hunger sind unerträglich.

    Für mich ein echtes Rätsel wie man ein Land, in dem jeder reich sein könnte, so an die Wand fahren kann.

  • Der Vorteil langfristig fairer Wahlen ist, dass man auch nach einer Niederlage zurückkommen kann. Gut ist da auch Föderalismus, dass man nie komplett verliert.



    Alles andere ist Ungarn, manche afrikanischen Länder und eben Venezuela gerade.

    Das macht Demokratie auch aus: fair bleiben, bei allem Gegensatz, bei allem Schmittschen Freund-Feind. Maduro hätte besser die Opposition gewinnen lassen und im Vorfeld in Gesprächen darum gebeten, dass das Land danach nicht wieder an die USA und die Cliquen ausverkauft wird und auch keine Diktatur der anderen Seite entsteht.



    Dann wäre er in 8 Jahren vielleicht wieder zurückgekommen.

    • @Janix:

      Maduro verscherbelt das Land an China.

      China gibt Kredite, Venezuela tritt dafür immer größere Anteile seines immensen Ölreichtums an China ab.

      China ist der ganz, ganz große Gewinner.

  • Venezuela kann man sich nicht mehr schönreden.

  • Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser.



    Eine Fake-Wahl, kann ja nicht anders sein.



    Das einst reichste Land Südamerikas in den Ruin getrieben.

  • ist schon schwierig einen Diktator abzuwählen, sieht man ja auch in Russland.



    Aber in Venezuela flüchten die Wähler der Opposition in Millionen.