Wahlen in Nigeria: Noch liegt die Opposition vorne

Präsident Goodluck Jonathan verliert mehrere Großstädte im Südwesten – kann aber weiterhin hoffen. Seiner Partei PDP wird Betrug vorgeworfen.

Ging in Port Harcourt alles mit rechten Dingen zu? Diese Frauen glauben das nicht. Bild: reuters

BERLIN taz | In Nigeria hat Oppositionsführer Muhammadu Buhari in den ersten Teilergebnissen der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vom Samstag und Sonntag einen deutlichen Vorsprung erzielt. Nach Veröffentlichung der Ergebnisse von 313 der 774 Distrikte Nigerias lag Buhari am frühen Montag nachmittag bei rund 65 Prozent der Stimmen. Diese Führung ist seit Beginn der Verkündung von Teilergebnissen am Sonntag abend konstant.

Das offizielle Wahlergebnis will die Wahlkommission INEC noch am Montag bekanntgeben. Sie rief Journalisten bereits mittags zur Pressekonferenz in ihre Zentrale in der Hauptstadt Abuja. Derweil warnt sie vor der unautorisierten Veröffentlichung von Teilergebnissen durch die Medien. Dies kümmert Nigerias Zeitungen jedoch nicht, und viele von ihnen bringen auf ihren Livetickern ständig neue Teilergebnisse aus einzelnen Distrikten oder gar Wahllokalen. Von INEC wurden ebenfalls schon die Zahlen von mehreren fertig ausgezählten Bundesstaaten verkündet.

Demzufolge hat Buhari nicht nur in seinen traditionellen Hochburgen im Norden abgeräumt – in seinem Heimatstaat Katsina kam er auf über 90 Prozent, ebenso in den bisher vorliegenden Ergebnissen des bevölkerungsreichsten nördlichen Bundesstaates Kano. Er hat es auch erstmals geschafft, die größte nigerianische Stadt Lagos im äußersten Südwesten des Landes sowie andere südwestliche Städte wie Ibadan und Abeokuta zu erobern. Präsident Goodluck Jonathan, der bei den letzten Wahlen 2011 noch die Mehrheit im Südwesten erzielt hatte, konnte dort diesmal nur die eher ländlichen Gebiete halten.

Während die Teilergebnisse aus dem Südwesten Montag früh bereits fast vollständig veröffentlicht waren, lagen aus Jonathans traditionellen Hochburgen im Niger-Flussdelta („Süd-Süd“ in der nigerianischen Geografie) und im Südosten des Landes erst sehr wenige Ergebnisse vor. Buharis Vorsprung dürfte daher noch deutlich schrumpfen, wenn er überhaupt bis zum Ende hält.

Auf eine mögliche Umkehr der Wahlergebnisse reagiert Buharis Oppositionsbündnis APC (All Progressives Congress) bereits mit Betrugsvorwürfen gegen Jonathans bisherige Regierungspartei PDP (People's Democratic Congress). Der APC verlangte die Annullierung des Urnengangs im Bundesstaat Akwa Ibom im Niger-Flussdelta, in dem die veröffentlichten Ergebnisse Jonathan rund 500.000 Stimmen und Buhari lediglich rund 30.000 geben. Akwa Ibom ist der einzige Bundesstaat aus diesem Landesteil, aus dem es überhaupt schon Zahlen gibt.

Stress in den Delta-Provinzen

Besonders groß ist die Spannung im größten Bundesstaat des Niger-Flussdeltas, Rivers, dessen Hauptstadt die Ölmetropole Port Harcourt ist. Der bisherige PDP-Provinzgouverneur Rotimi Amaechi ist mittlerweile APC-Wahlkampfleiter, was die politische Landschaft hier besonders kompliziert macht. Da Amaechi genau weiß, mit welchen zweifelhaften Methoden bisher die PDP in den Delta-Provinzen die Wahlen für sich entschied, kann er diese jetzt auch besonders glaubwürdig anprangern. Er verlangte schon am Samstag eine komplette Neudurchführung der Wahlen in Rivers und rief APC-Anhänger zum Boykott auf, da die Wahl eine Farce sei.

Die vorgeschriebenen Vordrucke, auf denen in jedem Wahllokal die jeweiligen Ergebnisse eingetragen werden müssen, seien gar nicht erst an die Wahllokale ausgeliefert worden, behauptete APC-Gouverneurskandidat Dakuku Peterside. Regierungstreue Mitarbeiter der Wahlkommission würden sie stattdessen gemeinsam mit PDP-Aktivisten zuhause ausfüllen. Somit habe keine reguläre Wahl stattgefunden. Die Wahlkommission INEC widersprach und sagte, in Rivers sei sehr wohl gewählt worden. Am Montag gingen in Port Harcourt Tausende von Demonstranten für eine Annullierung dieser Wahl auf die Straße.

Spannungen gab es am Montag auch in den Bundesstaaten Taraba (Osten) und Bauchi (Norden). In Bauchi verhängten die Behörden über mehrere Bezirke den Ausnahmezustand in Reaktion auf Angriffe der Islamistenarmee Boko Haram, was Demonstranten an manchen Orten aber nicht daran hinderte, die Nacht vor den Wahllokalen zu verbringen.

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