Wahlen in Lesotho: Königreich sucht Stabilität
Lange stand Lesotho für Frieden und Stabilität. Doch in jüngster Zeit kam das kleine Land im Süden Afrikas nicht zur Ruhe. Nun stehen Wahlen an.
Das kleine Land, dessen zwei Millionen Einwohner größtenteils von Wanderarbeit in Südafrika leben, hat außerdem unter der Wirtschaftskrise infolge der Covid-19-Pandemie und des Krieges in der Ukraine schwer gelitten. Rund ein Viertel der Bevölkerung hat nach mehreren Dürren in Folge außerdem nicht genug zu essen.
Zwischen 2012 und 2017 gab es in Lesotho drei Wahlen, und jedes mal war das Ergebnis weitere Instabilität. Das Land hat seit der Unabhängigkeit von Großbritannien 1966 auch drei Militärputsche erlebt, und einen nichtmilitärischen Putsch durch König Letsie III. im Jahr 1994. Jede Wahl ist damit ein Anlass zu Sorge.
Die Basotho wählen 120 Parlamentsabgeordnete, und die größte Partei stellt den Premierminister. Die Wahl wird vor allem zwischen der regierenden ABC (All Basotho Convention) von Premierminister Moeketsi Majoro und den Oppositionsparteien DC (Democratic Congress) und LCD (Lesotho Congress for Democracy) entschieden. Die letzten Wahlen in Lesotho 2017 fanden drei Jahre vorzeitig statt, nachdem der damalige Premierminister Pakalitha Mosisili per Misstrauensvotum gestürzt worden war. Damals gingen nur 46 Prozent der registrierten Wähler an die Urnen.
Reform gekippt
Wichtige politische Reformen wurden nun kurz vor der Wahl vom Verfassungsgericht für nichtig erklärt. Die Reformen, die Regierungen weniger krisenanfällig machen sollten, waren als wichtiger Schritt zu mehr Stabilität begrüßt worden. Alles schien gut zu laufen, als alle großen Parteien im Mai zusagten, bis Ende Juni das Verfassungsreformgesetzespaket „Omnibus Constitutional Bill“ zu verabschieden und dann das Parlament aufzulösen, damit nach 90 Tagen Neuwahlen stattfinden. Doch zwei wichtige Bestandteile des Gesetzespakets wurden nicht rechtzeitig vor der Parlamentsauflösung verabschiedet.
Als der König im August den Ausnahmezustand verhängte, um die Gesetze Ende August doch noch verabschieden zu lassen, zog die Law Society of Lesotho vor Gericht und das Verfassungsgericht erklärte am 12. September das ganze Gesetzespaket für nichtig – „ein schwerer Schlag“, wie Liesl Louw-Vaudran vom südafrikanischen Institut für Sicherheitsstudien (ISS) schrieb.
Die Reformbemühungen wurden vor allem von der Regionalgemeinschaft SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) vorangetrieben. 2014 hatte SADC in Lesotho militärisch eingegriffen, als das Militär gegen Premierminister Tom Thabane putschte und dieser nach Südafrika floh. SADC sorgte für seine Wiedereinsetzung; er wurde dann 2015 abgewählt, aber 2017 erneut ins Amt gewählt.
Im Jahr 2020 trat Thabane wieder ab, als seine Regierungskoalition zerbrach, nachdem ihm vorgeworfen worden war, seine Exfrau ermordet zu haben. Das machte die erneute, diesmal politische Intervention der SADC notwendig, die nun gescheitert ist. Inmitten weiterer Krisen in Eswatini und Simbabwe sowie dem Bürgerkrieg gegen islamistische Rebellen in Mosambik hat die SADC jetzt aber für Lesotho keine Zeit.
Gewalttätige Polizei
Derweil beklagen Menschenrechtsgruppen Brutalität seitens der Sicherheitskräfte. So wurde im Januar Menschenrechtsanwalt Napo Mafaesa von der Polizei unter dem Vorwurf festgenommen, verborgen eine Waffe getragen zu haben. Er wurde gefesselt und ein Reifen wurde auf sein Gesicht gepresst, bis er kaum atmen konnte, bevor man ihm kaltes Wasser aufs Gesicht goss und ihn verprügelte. Er kam frei und verklagt jetzt die Polizei auf 28.000 US-Dollar Schmerzensgeld.
Im Mai folterten Polizisten und Soldaten 35 Teilnehmer eines Protestes gegen Stromausfälle. Die 19 Männer und 16 Frauen wurden dann wegen Ruhestörung angezeigt. Eine Anwaltskanzlei in der Hauptstadt Maseru verfolgt 58 Fälle von Polizeigewalt seit 2018; die Vorwürfe reichen von Behinderung der Justiz bis zu Foltertod in Polizeigewahrsam.
Analysten warnen nun vor Gewalt nach der Wahl für den Fall, dass die Parteien sich nicht über das Wahlergebnis einig sind. Sie warnen vor entsprechend hartem Vorgehen der Sicherheitskräfte.
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