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Wahlen in GroßbritannienLiberale spektakulär abgeschmiert

Labour, schottische Nationalisten und Konservative gewinnen alle bei den Kommunal- und Regionalwahlen dazu – auf Kosten der Zentrumspartei Nick Cleggs.

Muss das schlechteste Ergebnis seit 30 Jahren verkraften: Liberalen-Chef Nick Clegg. Bild: reuters

DUBLIN taz | Die Liberalen Demokraten haben bei den englischen Kommunalwahlen sowie bei den Wahlen zu den Regionalparlamenten in Schottland und Wales am Donnerstag verheerende Niederlagen erlitten. Die Partei fuhr ihr schlechtestes Ergebnis seit 30 Jahren ein. Liberalen-Chef Nick Clegg sagte, bei den Wählern sei offenbar der Eindruck entstanden, dass die Koalitionsregierung, die seine Partei nach den Parlamentswahlen vor einem Jahr mit den Konservativen eingegangen war, Großbritannien zum Thatcherismus der achtziger Jahre zurückkatapultieren wolle. Die Liberalen seien dafür zum Sündenbock gemacht worden. Die Konservativen von Premierminister David Cameron konnten entgegen allen Prognosen ihre Stellung halten und legten sogar leicht zu.

Vor allem in Schottland und Wales sowie den Großstädten in Nordengland, wo man sich noch gut an die katastrophalen Auswirkungen der Politik Margaret Thatchers erinnert, sind die Liberalen von der politischen Landkarte fast verschwunden. Auch in Sheffield, Cleggs eigenem Wahlkreis, ging ein Dutzend der 15 Sitze in den Bezirksverwaltungen verloren. Paddy Ashdown, der frühere Liberalen-Chef, kündigte eine härtere Gangart an: "Bisher hat die Koalition durch eine Menge guten Willens und Vertrauens funktioniert. Das ist vorbei."

Er wirft den Konservativen vor, die Kampagne gegen eine Wahlrechtsreform finanziert und dadurch Cleggs Position untergraben zu haben. Die Auszählung der Stimmen beim Referendum zur Einführung eines neuen Wahlrechts begann erst am Spätnachmittag. Nach ersten Auszählungsergebnissen scheint es jedoch eine deutliche Mehrheit gegen die Wahlreform zu geben.

Die Labour-Opposition hat in England und Wales vom Verlust der Liberalen profitiert. Sie konnte viele nordenglische Städte, die sie wegen des Irakkriegs verloren hatte, zurückerobern. John Travers von der London School of Economics glaubt, dass England zum Zweiparteiensystem zurückkehre, weil eine Stimme für die Liberalen Demokraten nicht mehr länger eine Proteststimme sei. In Wales verpasste Labour mit 60 von 120 Sitzen nur hauchdünn die absolute Mehrheit im Regionalparlament.

Die Freude darüber ist der Partei durch das Ergebnis in Schottland allerdings vergällt worden. Dort kam Labour auf ihr schlechtestes Wahlergebnis seit 80 Jahren. Nicht nur die Liberalen mussten rund 10 ihrer 16 Sitze an die Scottish National Party (SNP) abgeben, sondern auch Labour verlor mehr als 20 Sitze, sodass die SNP die absolute Mehrheit bekam. Ihr Chef, Alex Salmond, der bisher eine Minderheitsregierung anführte, sprach von einem "historischen Ergebnis". Es ist ihm gelungen, nicht nur Linke und Nationalisten hinter sich zu bringen, sondern auch weite Teile der Mittelschicht sowie einige Großunternehmer.

Salmond kündigte an, dass er mehr Autonomie verlangen werde. Unter anderem möchte er, dass Schottland die Körperschaftsteuer selbst festlegen und Kredite bis zu 5 Milliarden Pfund eigenständig aufnehmen darf. Binnen fünf Jahren sollen die Schotten per Referendum über die vollständige Unabhängigkeit entscheiden.

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1 Kommentar

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  • A
    Alberto

    Der Prozess der Nationenbildung scheint in Europa noch lange nicht vorbei zu sein, im Gegenteil. Aus Großbritannien, Belgien, Spanien und aus manchen Balkanländern können noch einige Neubildungen hervortreten.

    Frag mich nur, was es für das Vereinigte Königreich heißen wird, wenn Schottland unabhängig wird.

    Wie werden sich die Katholiken in Nordirland verhalten, kann man mit einem Wiederaufflammen der Konflikte rechnen?

    Wie würde sich ein vollständiger Zerfall UKs auf die Monarchie auswirken?

    Wer würde noch bei bzw. mit England bleiben, nur Wales?

    Könnte man sogar mit einer art Bundesrepublik England rechnen, in dem auch Wales als Teilstaat integriert wäre?

    Eine spannende Phase scheint auf die Britischen Inseln zuzukommen, zumindest solange alles friedlich verläuft.