Wahlen in Frankreich: Keine Garantie für Macron

Macron sollte sich nach der ersten Wahlrunde nicht zu sicher sein. Viele Linke und Konservative könnten ihm die Stimme verweigern.

Macron Porträt, enger Anschnitt

Zu siegessicher: Macron im Wahlkampf Foto: Lewis Joly/Pool/ap

Rein rechnerisch betrachtet, gäbe es eigentlich kaum Grund zu großer Sorge. Zwar hat die extreme Rechte in Frankreich mit ihren drei separaten Kandidaturen Le Pen, Zemmour, Dupont-Aignan bei den Präsidentschaftswahlen nochmals zugelegt und kommt zusammengezählt auf schreckliche 33 Prozent. Gewiss kann Macron bei der Stichwahl auf die Unterstützung der übrigen, aus der Finalrunde eliminierten Kandidatinnen und Kandidaten rechnen, die dazu aufrufen, mit dem Macron-Wahlzettel Marie Le Pen und die reaktionäre Rechte nochmals zu stoppen – wie schon 2017.

Auf dem Papier ergeben diese Zusatzstimmen von Konservativen und Linken eine beruhigende Mehrheit. Nichts garantiert aber, dass diese mehr oder weniger frustrierte Basis der Ver­lie­re­r*in­nen dem Appell folgen. Bei der kommenden Wahl kann die Wut über die Vernunft triumphieren. Denn in den fünf Jahren seiner Präsidentschaft hat Macron manche frühere Anhänger enttäuscht, und noch mehr seiner Gegner so sehr verärgert, dass sie es sich kaum vorstellen können, ihm ihre Stimme zu geben – selbst wenn sie einräumen, dass Le Pen als Präsidentin eine Katastrophe wäre.

Das gilt nicht nur für die ehemaligen Gelbwesten, die den Staatschef für die Repression auf ihren Demonstrationen verantwortlich machen und vom 24. April bereits von einer „Wahl zwischen Pest und Cholera“ sprechen. Auch viele linke Mélenchon-Wähler*innen wollen nicht zwischen zwei politischen Feinden wählen. Zudem hat Le Pen sehr clever an ihrem Image gefeilt, um nicht – wie früher ihr Vater Jean-Marie Le Pen – gutbürgerliche Wäh­le­r*in­nen abzuschrecken.

Dank der Konkurrenz von Eric Zemmour, der sie noch rechts überholen wollte, erscheint sie heute fast gemäßigt, obwohl sie nur an ihrem Stil, nicht aber beim ideologischen Inhalt Abstriche gemacht hat. Dass sie 2017 von Putin als Wunschkandidatin im Kreml empfangen und von einer russischen Bank finanziert wurde, müsste – hoffentlich – noch so manchen im heutigen Kontext des Kriegs in der Ukraine als Entscheidungshilfe dienen.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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