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Wahl zum EuroparatRache aus dem Süden

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger scheitert bei der Kandidatur zur Generalsekretärin des Europarates. Sie sieht dies als Strafe für die deutsche Sparpolitik.

Hier noch als Bundesjustizministerin, aber auch nicht besonders glücklich. Bild: dpa

STRASBURG dpa | Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat im Wettlauf um das Amt des Generalsekretärs des Europarates eine schwere Schlappe eingesteckt. Bei der Wahl am Dienstag in Straßburg hat die parlamentarische Versammlung mit klarer Mehrheit den Amtsinhaber wiedergewählt, den Norweger Thorbjörn Jagland (63). Von 249 abgegebenen Stimmen waren 156 für den Sozialdemokraten. Auf die FDP-Politikerin entfielen 93 Stimmen der Parlamentarier aus den 47 Europaratsländern.

Dies ist umso überraschender, als eine zweite Amtszeit für einen Generalsekretär völlig unüblich ist. Viele Vorgänger Jaglands haben einen zweiten Anlauf versucht, gelungen ist er nur dem Italiener Lodovico Benvenuti (bis 1964).

„Leider hat es für die Mehrheit der Stimmen nicht gereicht. Ich habe erleben müssen, dass die deutsche Sparpolitik in vielen Staaten des Europarates sehr skeptisch gesehen wird“, sagte die Politikerin nach der Wahl. In der Tat war die Opposition gegen sie bei südeuropäischen Parlamentariern ausgeprägt.

Ihr Engagement hat sich nicht ausgezahlt. Seit Dezember 2013 hat die Kandidatin über 20 Mitgliedstaaten besucht und sprach mit mehr als 40 der 47 nationalen Delegationen, die die Mitgliedstaaten in die Parlamentarische Versammlung entsenden. „Ich wünsche dem Europarat, dass er in den nächsten Jahren zum unverwechselbaren menschenrechtlichen Gewissen Europas wird“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

Die Deutschen waren uneins

Auch die 18 deutschen Abgeordneten waren nicht geschlossen für Leutheusser-Schnarrenberger. Auf CDU-Seite war man über das Auswahlverfahren für die Kandidatin empört, da man dazu nicht konsultiert wurde. Verärgerung gab es auch darüber, dass der französische Konservative der UMP, der Präsident der Versammlung Jean-Claude Mignon, von der Kandidatenliste gestrichen wurde.

Der Generalsekretär amtiert fünf Jahre und beginnt seine Tätigkeit am 1. Oktober. Als ehemaliger norwegischer Regierungschef (1996-1997) und Außenminister seines Landes (2000-2001) ist Jagland für den Führungsposten in der Staatenorganisation bestens qualifiziert.

Der Europarat wird oft mit der Europäischen Union verwechselt. Zwar gehören alle 28 EU-Mitgliedsländer auch zum Europarat. Während sich die finanzstarke EU um Wirtschaftsfragen kümmert, wacht der Europarat über demokratische Grundsätze in den 47 Mitgliedsländern. Er ist die älteste Staatenorganisation in Europa, die 1949 gegründet wurde.

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3 Kommentare

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  • Wer braucht eigentlich diese überflüssigen Volksmelker . Die Politik wird doch ohnehin von der Wirtschaft diktiert . Die Politik ist doch eigentlich nur eine Schaupackung . Tausend Arschtritte für's Volk und ab und an mal ein Zuckerbrot zum beschwichtigen .( Ein Bruchteil von dem , was vor der Wahl versprochen wurde.) Politiker wissen , dass das Volk blöd ist , sonst würden sie diese Chose nicht ständig wiederholen .

  • Der Mehrwert der Daten

    Interessante Diskussion ueber Europa in der Phoenixrunde.. Ueber Austeritaets und Wachstumspolitik, die Agenda 2010, die Deutschland gerettet und von der Deutschland provitiert hat. Die europaeische Wirtschaft braucht Reformen, aber welche wird nicht gesagt. Soll Griechenland das so machen wie wir? Oder Spanien, Portugal, Italien und Frankreich? Haben diese Laender denn eigene Wachstumskonzepte? Und wenn die das jetzt alle so machen wie wir, wohin exportieren wir dann noch? Und wenn die alle ihre Arbeitsmaerkte so umgestalten, wie wir, moeglichst privatisieren, gerade Staatsbetriebe, die Beisshemmung haben, Wasser, strom, die Luft zum Atmen, wenn das ginge, wer bezahlt dann die Aufstockerloehne fuer die neuen Billigjobs? Griechenland kann sich das nicht leisten.Es wurde die Deindustfialisierung Frankreichs angesprochen. Das Problem hat ja auch zum Beispiel Grossbritannien und Russland. Ich glaube das hat etwas mit dem gigangischen Anwachsen des globalen Finanzsektors zu tun. Wozu in moderne Fabriken und Produktionsmaschinen und Arbeit investierdn, wenn man viel mehr Geld, staatlich gefoerdert, mit andrren Finanzprodukten und Krediten verdienen kann? Und sind nicht die Maerkte mit Am Billigstenproduktionen gesaettigt? Es gibt einen Markt der scheinbar unbegrenztes Wachstum verspricht, wovon aber das meiste nicht das Papier Wert izt, auf das es gedruckt werden koennte. Welchen wert haben Daten? Das bedarf einer genauen differenzierten Betrachtung. Soviel sei gesagt, der staendig steigende Datenberg kann nicht mehr Wert sein, als z B alle Rohstoffe zusammengerechnet?

  • Wir haben weiß Gott genug marktfreundliche Parteien . Wazu denn noch steuerschmarotzende FDP-isten ? "Die Kunst der Politik besteht darin , jedem Lump , die Hand zu drücken".