Wahl in Georgien: Sieg für Saakaschwili
Bei den Parlamentswahlen in Georgien gewinnt die Partei von Staatspräsidenten Saakaschwili eine stattliche Mehrheit. Das Oppositionsbündnis spricht von Wahlbetrug.
MOSKAU taz Georgiens Präsident war "überrascht". Mit einem so hohen Sieg seiner Partei, der "Vereinigten Nationalen Bewegung" (VNB) bei den Parlamentswahlen hätte er nicht gerechnet, sagte Staatschef Michail Saakaschwili. Nach Auszählung eines Sechstels der Wahllokale liegt die VNB mit mehr als 63 Prozent der Stimmen klar in Führung. Weit abgeschlagen folgt das aus neun Parteien und Blöcken bestehende Oppositionsbündnis, das nach Angaben der Zentralen Wahlkommission auf rund 14 Prozent kommen dürfte.
Den Sprung über die 5-Prozent-Hürde schafften noch zwei weitere Parteien, darunter die kurz vor den Wahlen gegründete "Christlich demokratische Bewegung" (8,4 Prozent).
"Das neue Parlament wird viel pluralistischer und ich bin bereit, mit allen zusammenzuarbeiten", sagte der Präsident. Überdies versprach Saakaschwili, der Opposition mehr Kontrollmöglichkeiten einzuräumen und die parlamentarische Mehrheit nicht für Verfassungsänderungen zu nutzen, ohne vorher die Opposition zu konsultieren.
Das Oppositionsbündnis warf den Verantwortlichen noch am Wahlabend massiven Wahlbetrug vor und drohte mit einem "Volksaufstand". Am Mittwochabend hatten sich einige Tausend Anhänger des Bündnisses zu einer friedlichen Demonstration in Tiflis versammelt. Nach Angaben eigener Wahlbeobachter soll die Opposition 33 Prozent und die VNB nur 31 Prozent der Stimmen erhalten haben. "Saakaschwili und seine Partei haben die Wahl gefälscht. Der Kampf gegen das Regime wird fortgesetzt, bis es am Ende ist", sagte Oppositionschef Lewan Gatschetschiladse. Andere Frontfiguren des Bündnisses riefen jedoch zu Besonnenheit auf.
Wahlüberwacher unabhängiger georgischer Nichtregierungsorganisationen beanstandeten rund 40 Fälle von Einschüchterungen oder Behinderungen ihrer Mitarbeiter. Auf das Endergebnis dürften diese Vorfälle keine Auswirkungen haben. Die Beobachter der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stellten bislang keine größeren Verfehlungen fest.
Für Saakaschwili, der nach Unruhen im letzten Herbst innenpolitisch angeschlagen ist, war es wichtig, dass dieser Wahlgang demokratischen Standards entsprechen würde. Dies ist gelungen. Dennoch bleibt, dass die schwerwiegenderen Verstöße gegen demokratische Prinzipien vor den Wahlen stattgefunden haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist