Wahl des Fifa-Chefs nach dem Skandal: Blatters Mehrheit bröckelt
Nach dem Fifa-Skandal beraten die Verbände ihr Verhalten. Der bisherige Präsident Blatter sagt Termine ab. Die Fußball-Welt hat ihr Urteil schon gefällt.
Blatter sagte angesichts der aktuellen Ereignisse alle seine geplanten Auftritt vor der offiziellen Kongress-Eröffnung am Donnerstag (17 Uhr) in einem Zürcher Theater ab. Kritik bekam der Weltverband von mehreren seiner Sponsoren.
Die Spitze des europäischen Dachverbandes Uefa hatte sich am Mittwoch in bislang nicht gekannter Deutlichkeit gegen Blatter positioniert und eine Verschiebung des Kongresses samt Wahlen gefordert. Ein Boykott der Veranstaltung im Züricher Hallenstadion wurde als Möglichkeit in Erwägung gezogen. Nach den Fifa-Statuten könnte der Kongress aber auch ohne die europäischen Mitglieder stattfinden.
Für ihre harte Linie muss die Uefa-Führung um Präsident Michel Platini und DFB-Chef Wolfgang Niersbach aber bei dem Treffen ohnehin noch eine interne Mehrheit finden. Die Uefa hatte sich schon vor dem Skandal um jahrelange Korruption im nord- und südamerikanischen Fußball als einzige Konföderation zu Gegenkandidat Prinz Ali bin al-Hussein bekannt.
Die Kontinentalverbände diskutieren
Unterstützung bekommen die Blatter-Gegner derweil auch aus anderen Kontinentalverbänden. Nach dpa-Informationen wollen die Vertreter der südamerikanischen Konföderation Conmebol bei internen Gesprächen am Donnerstag ihr Wahlverhalten ernsthaft überdenken. Zudem sollen Gespräche mit Funktionären der Uefa und der Concacaf-Zone aus Nord- und Mittelamerika gesucht werden.
Von der Fifa und ihrem Sepp
Blatter selbst hatte am Mittwoch auf einen öffentlichen Auftritt verzichtet und nur eine schriftliche Stellungnahme abgegeben. Dabei äußerte er sich nicht zu einer möglichen Verschiebung der Präsidentschaftswahl.
Die asiatische Konföderation AFC erneuerte am Donnerstag ihr Treuebekenntnis zu Blatter. In einem AFC-Statement hieß es: „Die Asiatische Fußball-Konföderation drückt ihre Enttäuschung und Trauer über die Ereignisse vom Mittwoch in Zürich aus, lehnt eine Verschiebung der Präsidentschaftswahlen am Freitag aber ab.“ Darüber hinaus stehe man zu der Entscheidung, „Fifa-Präsident Joseph S. Blatter zu unterstützen“. Die AFC hat bei der Wahl 46 von 209 Stimmen. Auch Afrika (54 Stimmen) steht offenbar weiter treu zu Blatter.
Eine Koalition aus Europa und Südamerika – deren Länder bislang alle 20 WM-Titel seit 1930 gewannen – würde allerdings noch nicht für eine Mehrheit reichen. Beide Konföderationen haben zusammen nur 63 Stimmen. Daher wird offenbar in bilateralen Verhandlungen eine Allianz mit den durch die Enthüllungen der US-Justiz ebenfalls stark belasteten Concacaf-Zone (35 Stimmen) gesucht. Sogar bei einem Dreierpakt müssten noch Einzelstimmen aus Afrika, Asien oder Ozeanien (11) für Al-Hussein gefunden werden, um Blatter gefährlich werden zu können. Vor dem Skandal galt eine satte Zwei-Drittel-Mehrheit für Blatter als sicher.
Mahnende Worte von Sponsoren
Concacaf-Chef Jeffrey Webb (Kaimaninseln) und der frühere Conmebol-Vorsitzende Eugenio Figueredo (Uruguay) gehörten am Mittwoch zu den sieben in Zürich wegen Korruptionsverdacht festgenommenen Funktionären, die daraufhin von der Fifa von allen Fußball-Aktivitäten vorläufig suspendiert wurden.
Von ihren Sponsoren bekam die Fifa mahnenden Worte. Das Kreditkartenunternehmen Visa mahnte „rasche und sofortige Maßnahmen“ an, um die Probleme innerhalb der Fifa zu beheben. „Sollte die Fifa dies nicht tun, haben wir sie informiert, dass wir unser Sponsoring neu bewerten würden“, teilte das Unternehmen in einer Stellungnahme mit. Der südkoreanische Automobilhersteller Hyundai betonte, dass man die Lage genau beobachten wolle. „Als Unternehmen, für das ethischen Normen und Transparenz den höchsten Stellenwert besitzen, sind wir extrem besorgt über die eingeleiteten rechtlichen Schritte gegen bestimmte Fifa-Führungskräfte.“
Das internationale Presse-Echo fiel für die Fifa und Blatter fatal aus. „Ihre dunklen Geister wird sie so schnell nicht los“, schrieb die „Neue Zürcher Zeitung“. Die New York Times stellte angesichts der Rolle der US-Justiz in dem Skandal süffisant fest: „Die Fifa wollte immer, dass Amerika sich mehr für den Fußball interessiert. Nun, das haben sie jetzt erreicht.“
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