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KommentarWagners Vollendete

■ Warum Hamburgs Sozialdemokratie die innerparteiliche Macht neu ordnen wird

Kaum wagte mensch es noch zu hoffen: Eugen Wagner, der ewige Bausenator, seit mehr als einem Jahrzehnt als einer der gewieftesten und kaltschnäuzigsten Taktiker von seiner Partei gefürchtet, hat selbst zur Schippe gegriffen, um sich sein politisches Grab zu schaufeln.

Warum der Machtmensch aus Finkenwerder seinen langjährigen Weggefährten Voscherau als unerwünschte Person brüskierte, scheint rätselhaft. Die wahrscheinlichste Erklärung ist zugleich die banalste: Was als Si-gnalrakete gedacht war, wurde zum Rohrkrepierer.

Die Neuformierung des rechten SPD-Flügels nach Wahlde-saster und Voscherau-Demission im September war Wagners Job. Ihm, dem mächtigen Kreisfürsten, fiel die Rolle der Grauen Partei-Eminenz zwangsläufig zu, er war der Königsmacher, der den altlinken Runde zum Bürgermeister machte. Ohne oder gar gegen Wagner, das war klar, würde die Hamburger SPD nicht zu regieren sein. Doch gleich beim ersten Spielenlassen seiner Muskeln zog Wagner sich eine arge Zerrung zu. Einen wie Voscherau öffentlich lächerlich zu machen, darf kein Hamburger Sozialdemokrat wagen.

Das Mitleid des rechten Flügels für den Geschmähten wird sich mit den Krokodilstränen der Parteilinken zu einer brisanten Mixtur vermengen. Bis zur Bundestagswahl werden nun hinter den Kulissen Stimmen und Claqueure gesammelt werden. Danach wird vollendet werden, was Wagner selbst begann: Die Neuordnung der innerparteilichen Macht – aber ohne den Betonkopf aus Süderelbe.

Sven-Michael Veit

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