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Waffenstillstand im HandelsstreitUSA und China jetzt mit Abkommen

Die weltgrößten Volkswirtschaften haben das erste Teilabkommen im Handel geschlossen. Experten sagen: Der Waffenstillstand ist brüchig.

Benjamin Franklin und Mao Tse-tung auf Banknoten Foto: Jason Lee/reuters

Peking taz | Nach zwei Jahren Handelsstreit erzielen die zwei größten Volkswirtschaften der Welt nun eine Art Waffenstillstand: US-Präsident Donald Trump und der stellvertretende chinesische Ministerpräsident Liu He unterzeichneten in Washington am Mittwoch eine Handelsvereinbarung, den „Phase1 Deal“. Dadurch werden die Spannungen in dem seit etwa zwei Jahren andauernden Konflikt entschärft, der nicht nur US-Herstellern und der chinesischen Wirtschaft, sondern auch dem internationalen Handel schadete.

Acht Punkte umfasst das 86-seitige Dokument. Unter anderem verpflichtet sich China, seine Importe aus den USA innerhalb von zwei Jahren um 200 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. Das betrifft vor allem Agrar-, Industrie und Energiegüter. Washington hingegen wird Teile der Strafzölle – nämlich auf chinesische Waren im Wert von 120 Milliarden US-Dollar – auf 7,5 Prozent halbieren. Nicht zuletzt will Peking US-Firmen den Marktzugang erleichtern.

„Das Gute ist, dass der Deal die Negativspirale von immer zusätzlichen Strafzöllen vorerst beendet“, sagt Joerg Wuttke, Präsident der europäischen Handelskammer in Peking. Doch so wirklich zufrieden zeigt sich der 60-jährige Wirtschaftsexperte, der seit den 90er Jahren in China arbeitet, nicht über die Einigung: „Die USA diktieren China, was für Produkte sie wollen und wie viel. Das ist gelenkter Handel und schließt alle anderen aus, was natürlich nicht im europäischen Interesse ist.“

Zudem sei der vorübergehende Waffenstillstand ein brüchiger: Sollten die Chinesen nicht die vereinbarten US-Produkte zu den gewünschten Konditionen aufkaufen, würden sich die Amerikaner im Recht fühlen, die Volksrepublik erneut mit Sanktionen zu bestrafen. Die strukturellen Veränderungen, die Trump von den Chinesen einfordert, sind vom „Phase 1 Deal“ weitestgehend ausgeklammert.

Strafzölle bleiben

Ebenso bleiben nach wie vor hohe Strafzölle auf viele Produkte bestehen – eine Situation, die die Washingtoner Denkfabrik Peterson Institute for International Economics in einer ersten Analyse „als neuen Normalzustand“ bezeichnet.

Bislang hat der seit zwei Jahren anhaltende Handelskrieg die stärker vom Export abhängigen Chinesen härter getroffen. Auch wenn sich nur schwer ein Kausaleffekt belegen lässt, so deuten zumindest die jüngsten Wirtschaftszahlen vom Dienstag daraufhin: Demnach wachsen Chinas Exporte so langsam wie seit drei Jahren nicht mehr. Im Vorjahr sind die chinesischen Exporte um 0,5 Prozent gestiegen, 2018 waren es noch knapp 10 Prozent. Das Wirtschaftswachstum insgesamt liegt derzeit bei rund 6 Prozent – dies ist der niedrigste Wert seit drei Jahrzehnten.

Zumindest vorübergehend demonstrieren die beiden Weltmächte nun Harmonie. Bereits am Montag hat das US-Finanzministerium den Vorwurf zurückgenommen, die Volksrepublik würde gezielt seine Währung manipulieren, um die negativen Effekte der US-Strafzölle auszugleichen. Und der chinesische Yuan ist spontan auf seinen höchsten Wert seit Juli geklettert.

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1 Kommentar

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  • Deutschland hat auch eigene Probleme. Wir brauchen die Chinesen um wieder im Wachstum anzukommen. Die Chinesen können sehr gut sondieren, welche Mittelstandsunternehmen aus Deutschland Wachstumschancen haben und können diese bei einer Expansion finanzieren oder sich beteiligen. Seit die chinesische Investitionsbank in Istanbul das zweithöchste Hochhaus am Bosporus vollständig bezieht und Alibaba.com für Europa nach Brüssel zieht, sind die Chinesen in Europa expansiv. Wo GM sich zurückgezogen hat aus Bochum, ist der drittgrößte Elektroauto-Hersteller aus China Thunder Power mit seiner Übernahme des Caterpillar-Werkes in Charleroi in Belgien nachgerückt. 4000 Arbeitsplätze sollen entstehen. In Bochum gingen 41.000 Arbeitnehmer. Wir müssen die Chinesen für Wachstum einbinden. Hier im Westen geschieht sonst nichts mehr ausser Stellenabbau. Im Osten setzt VW auf Elektro und Chinese CATL baut Akkumulatoren. Tesla will in Berlin groß herauskommen. LG Chem hat 2,5 Milliarden Euro in ein Werk in Breslau investiert, von wo Tesla seine Akkus bezieht. Der Westen Deutschlands braucht die türkisch-chinesisch- deutsche Strategie. Deutsche Firmen zu Wachstum anleiten können die Chinesen, sehr viele Mittelständler von hier können auf dem türkischen Markt wachsen, finanziert und beteiligt durch China. Wachstum in der Türkei bringt und sichert Arbeitsplätze hier. Der Westen Deutschlands hat nicht viele Chancen. Über den belgischen Hafen Antwerpen kommen Drogen zu uns berichtet die Zeitung www.grenzecho.net . Fand in Antwerpen Studenten vor, die davon träumen, Deutschland endlich am Boden zu sehen und dafür in ihrem Leben arbeiten wollen.



    Wir tun uns mit EU-Traeumen keinen Gefallen. Unsere Politik muss stärker auch eigene wirtschaftliche Interessen wahrzunehmen. Die USA setzen nicht auf Deutschland, hat Pompeo schon bewiesen. Dort läuft die Republik schon unter unbedeutend. Die multikulturellen Grossstädte brauchen gerade wegen des Zustroms an Flüchtlingen auch ausreichend Arbeit.