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Waffenschmuggel nach SüdsudanDer Todeshändler von Ibiza

Ein polnischer Millionär ist in Spanien festgenommen worden. Er soll große Mengen an Waffen nach Südsudan geschafft haben.

Chance für Profiteure: Je mehr gekämpft wird, desto mehr Nachschub wird gebraucht Foto: reuters

Berlin taz | Eine europäische Polizeioperation hat einen Waffenhändlerring für das Bürgerkriegsland Südsudan ausgehoben. Im Mittelpunkt stand ein auf der spanischen Mittelmeerinsel Ibiza ansässiger Millionär aus Polen, der am vergangenen Dienstag in seiner Prachtvilla verhaftet wurde, wie spanische und französische Medien am Samstag unter Berufung auf die Polizei berichteten.

Der ehemalige Militärangehörige, dessen Identität nicht genannt wurde, habe Panzer, Raketenwerfer und 200.000 Kalaschnikow-Sturmgewehre für Südsudan besorgt, hieß es. Er stehe im Mittelpunkt eines Firmengeflechts in mehreren EU-Ländern.

Parallel zu seiner Festnahme wurden auch Firmen in Deutschland und der Schweiz durchsucht. Insgesamt wurden neun Menschen festgenommen.

In Südsudan, das 2011 vom Sudan unabhängig wurde, herrscht seit Ende 2013 Bürgerkrieg. In dem Land tummeln sich Waffenhändler aus aller Welt. Es gibt kein internationales Waffenembargo gegen Südsudan, nur eines der EU; dies machte die Ermittlungen in Spanien möglich, die den Berichten zufolge seit 2012 laufen.

Einer der Hauptwaffenlieferanten: Ukraine

Einer der Hauptlieferanten des südsudanesischen Militärs ist die Ukraine, die nicht zur EU gehört. Einer vom UN-Sicherheitsrat eingesetzten Expertengruppe zufolge, die Waffenströme nach Südsudan beobachtet, genehmigte die Ukraine im Jahr 2014 die Ausfuhr von 830 leichten und 62 schweren Maschinengewehren nach Südsudan, außerdem drei Kampfhubschrauber im Wert von 42 Millionen US-Dollar; ein vierter sei noch nicht ausgeliefert worden.

Die mögliche Ausfuhr von 200.000 Sturmgewehren nach Südsudan hätte eine ganz andere Dimension – Experten schätzen die Zahl der im Südsudan kursierenden Kalaschnikows auf 250.000.

Einer der wichtigsten Waffenlieferanten für den Südsudan ist die Ukraine

Den Polizeiangaben zufolge führte der auf Ibiza festgenommene Pole ein Doppelleben. Insgeheim ging er seinen Geschäften nach, besorgte auf dem Schwarzmarkt über belgische, britische, deutsche und französische Partnerfirmen osteuropäische Rüstungsgüter, verkaufte sie nach Südsudan, legte den Erlös in spanischen Immobilien an, erpresste Geschäftspartner und beauftragte zum Beispiel eine niederländische Gangsterbande mit Schuldeneintreiben.

Aber nach außen trat er als Wirtschaftsberater des Premierministers von Guinea-Bissau auf, trug einen gefälschten Diplomatenpass des Landes bei sich und erklärte seine Luxusvilla zum geschützten diplomatischen Gelände, mit entsprechenden Hinweisschildern, Hochsicherheitsanlagen und privaten Wachfirmen.

Präsidentenjet zum Waffenschmuggel

Guinea-Bissau ist ein Kleinstaat an der westafrikanischen Atlantikküste, dessen politische und militärische Elite seit Jahren im Visier der internationalen Bekämpfer der organisierten Kriminalität steht. Gleiches gilt für Gambia, mit dem der Pole offenbar beste Beziehungen unterhielt: Den Berichten zufolge borgte er den Privatjet des diktatorischen gambischen Präsidenten Yahya Jammeh, um Waffen aus Polen nach Südsudan zu fliegen.

Dass Angehörige des interkontinentalen organisierten Verbrechens sich als Diplomaten Guinea-Bissaus ausgeben, ist nicht neu. Auf Veranlassung des bissauischen Botschafters in Madrid nahmen spanische Polizisten im Juni einen 77-jährigen Argentinier fest, der als Honorarkonsul Guinea-Bissaus aufgetreten war und Geld für Passgeschäfte genommen hatte.

Möglicherweise steht das Vorgehen gegen den Polen auf Ibiza in einem ähnlichen Zusammenhang. Am vergangenen Donnerstag waren auf der Baleareninsel bereits zehn Menschen wegen Geldwäsche festgenommen worden, zu denen ein ehemaliger polnischer Militär mit französischer Staatsbürgerschaft gehörte: Pierre Konrad Dadak, der zusammen mit seiner Exfrau aus der Ukraine am Samstag in Untersuchungshaft genommen wurde. Die beiden sollen illegale Gelder in Höhe von 15 Millionen Euro in Immobilien investiert haben.

Einige französische Berichte weisen jetzt darauf hin, die Angaben über den Südsudan-Waffenschmuggler seien mit denen über Dadak „erstaunlich ähnlich“ – wenn nicht gar beide Männer in Wirklichkeit identisch sind.

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