Währungschaos im Libanon: Gescheiterter Neoliberalismus

Nach dem Bürgerkrieg setzten Regierung und Banken auf das Einkommen der Diaspora. Die Pleite ist Folge der hohen Zinsen und teuren Staatsanleihen.

Ein arbeitsloser Libanese sitzt in einem Straßencafe und raucht Wasserpfeife

Dieser junge Mann würde lieber arbeiten, als Shisha zu rauchen. Viele LibanesInnen sind ohne Jobs Foto: Bilal Hussein/ap

Die Finanzkrise im Libanon zeigt, dass das neoliberale Wirtschaftsmodell zum Scheitern verurteilt ist. Das Land durchlebt die schwerste Wirtschaftskrise seiner jungen Geschichte. Nicht weniger als 80 Prozent hat das libanesische Pfund schon an Wert verloren. Hunger ist das dringendste Problem. Die Supermarktregale sind gefüllt, aber die Menschen können sich Brot und Reis nicht mehr leisten.

Selbst subventionierte Lebensmittel sind inzwischen mehr als doppelt so teuer wie vor der Krise, während die Zahl der Arbeitslosen ständig wächst. Soforthilfen sind nötig und längerfristig Investitionen im produzierenden Sektor, um sich aus der Abhängigkeit von teuren Importen zu lösen und Lebensmittelsicherheit zu garantieren. In der Zeit nach dem Bürgerkrieg schufen Banken und Politiker ein privatisiertes Land, in dem das meiste Geld mit Finanzanlagen oder Immobilien gemacht wurde. Jobs wurden dadurch nicht geschaffen.

Jetzt sind es vor allem junge Arbeitslose, die Scheiben einschmeißen, Molotowcocktails auf Bankfilialen werfen und mit Schlagstöcken aufeinander losgehen. Das System legt es darauf an, dass die Jugend das Land verlässt. In finanzstarken Ländern wie Frankreich oder Deutschland verdiente die Diaspora in ausländischen Währungen, die sie im Libanon anlegte. Die Privatbanken lockten die Exillibanesen mit zweistelligen Zinsen. So konnte die lokale Währung stabilisiert werden.

Die Banken investierten das Geld in hoch verzinste Anleihen an die Regierung, was zu einer hohen Staatsverschuldung führte. Der Libanon steuert auf eine Hyperinflation zu. Die Regierung verhandelt mit dem Internationalen Währungsfonds. Viele Li­banes*innen glauben, dass nur durch internationalen Druck Reformen erzwungen werden können. Doch der IWF steht nicht für soziale Reformen, sondern für Haushaltskürzungen und höhere Steuern.

Im Libanon braucht es ein Sozialsystem. Ruhe wird erst einkehren, wenn der Staat dem Volk dient. Nicht umgekehrt.

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Auslandskorrespondentin für Westasien mit Sitz in Beirut. Hat 2013/14 bei der taz volontiert, Journalismus sowie Geschichte und Soziologie des Vorderen Orients studiert. Sie berichtet aus dem Libanon, Syrien, Iran und Irak, vor allem über Kultur und Gesellschaft, Gender und Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Für das taz Wasserprojekt recherchiert sie im Libanon, Jordanien und Ägypten zu Entwicklungsgeldern.

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