: Wählergunst, Wahlunlust
■ Infas: CDU in Sachsen-Anhalt muß Rückgang bei Wählern verzeichnen
Halle. Die CDU in Sachsen-Anhalt muß nach Angaben des Instituts für angewandte Sozialwissenschaft (infas) in Bonn-Bad Godesberg einen deutlichen Rückgang ihres Wählerpotentials verzeichnen. Nach einer vom DFF-Landessender Sachsen- Anhalt in Auftrag gegebenen demoskopischen Bestandsaufnahme würde ein Jahr nach der Währungsunion jeder dritte Wähler — das sind rund zehn Prozent weniger als zur Landtagswahl am 14. Oktober 1990 — den Christdemokraten sein Vertrauen schenken.
Die SPD würde bei einer Landtagswahl am kommenden Sonntag elf Prozent dazugewinnen. Die FDP erhielte in der liberalen Hochburg Sachsen-Anhalt 18 Prozent der Stimmen, fünf mehr als im Oktober. Deutliche Vertrauensverluste bei den Wählern muß auch die PDS verzeichnen, die nur noch die Hälfte ihrer Stimmen erreichen würde. Zwei Prozent hinzu gewännen Bündnis90/ Grüne.
Auch die Landesregierung zeigt nach Ansicht der Bevölkerung kein strahlendes Bild. Nur bei 16 Prozent der Befragten genießt sie ein gutes Ansehen, fast doppelt soviele bescheinigen ihr eher ein schlechtes Image. Diese kritische Beurteilung schlägt sich auch in den Sympathien für Ministerpräsident Gerd Gies (CDU) nieder. Könnte der Regierungschef von den Bürgern des Landes gewählt werden, so läge Mitte 1991 der Amtsinhaber mit 32 Prozent der Wählerstimmen deutlich hinter dem sozialdemokratischen Spitzenpolitiker Reinhard Höppner zurück, auf den 45 Prozent der Stimmen entfallen würden. Allerdings könnte die SPD — so meinen 40 Prozent der Befragten — die anstehenden Aufgaben nicht besser bewältigen. Trotz großer Besorgnis um die künftige Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt und starker Kritik an der Bundesregierung ist die Grundstimmung in Sachsen-Anhalt laut infas nicht von Depression und nostalgischer „Rückbesinnung“ auf DDR-Zeiten geprägt. Fast drei Viertel der Einwohner äußern grundsätzliche Zufriedenheit. Über die Hälfte der Bürger erwartet in nächster Zeit eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse.
Dabei ist man sich durchaus der massiven wirtschaftlichen Probleme bewußt. Mehr als die Hälfte bezeichnet sie als überwiegend schlecht, fast jeder Dritte als sehr schlecht. Günstiger als die allgemeine Wirtschaftslage gestalten sich nach Einschätzung der Bürger die privaten wirtschaftlichen Verhältnisse. Hier sind fast zwei Drittel sehr oder überwiegend zufrieden. adn
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