WTO-Blockade der USA: Wildwest im Welthandel
Die Welthandelsorganisation WTO steckt in der Krise. Keine gute Nachricht für Exportnationen wie Deutschland.
J ahrelang haben Kritiker der Globalisierung die Welthandelsorganisation WTO attackiert, weil sie Ungleichheit, soziale Spaltung und Umweltzerstörung auf dem Planeten beförderte: Im wettbewerbszentrierten Handelsregiment der WTO stach wie im Kartenspiel immer der Ober den Unter. Und stets sahnten die Megakonzerne, Großbanken und Börsenzocker aus den USA, Europa und Teilen Asiens ab.
Zulasten der lokalen Wirtschaft in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern. Die von der WTO wie von Weltbank oder IWF verfochtene Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung öffentlicher Güter führte aber auch dazu, dass sich in Ländern wie China Hunderte Millionen aus der Armut befreien konnten.
Gleichzeitig kostete die Globalisierung Länder wie die USA viele Jobs – und brachte so Präsidenten wie Donald Trump an die Macht. So ist es fast folgerichtig, wenn die WTO wegen der Blockadepolitik Trumps kurz vor ihrem 25. Geburtstag im Januar 2020 in der größten Krise ihrer Geschichte steht. Gleichzeitig ist das ein Grund zur Sorge. Ohne den globalen Regelbewahrer WTO könnte bald Wildwest im Welthandel herrschen. Trump zündelt mit seinem nationalistischen Protektionismus längst an Handelskriegen mit fast dem gesamten Rest der Welt.
Beängstigend für exportorientierte Nationen wie Deutschland, deren Boom die WTO in den vergangenen zehn Jahren flankiert hat. Und auch nicht günstig für die vielen Gernegrößeren im globalen Geschäft. Längst ersetzen bilaterale Handelsabkommen zunehmend multilaterale: kleinere Nationen können so leichter von den Riesen geknebelt werden. Experten warnen schon davor, dass so die Großen den Rest der Welt mit Strafzöllen und anderen Handelstricks weiter dominieren.
Die USA konnten mit ihrer Blockade des Berufungsgerichts ein Herzstück der WTO aber auch nur deshalb lahmlegen, weil der Verein der 164 Länder seit Langem schwächelt. Ein Grund dafür: der Beitritt Chinas 2001. Die teils rüden Methoden Pekings wie die Missachtung von Patenten oder Dumpingpreise haben auch schon US-Präsident Obama frustriert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Hamburg und die Kühne-Oper
Als das Wünschen noch geholfen hat