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WOHIN MIT ISRAELS KOLLABORATEUREN IM SÜDLIBANON?Der Preis des Verrats

Fast 20 Jahre lang haben sie den Kopf für die Besatzer hingehalten. Doch jetzt will sie keiner mehr haben. Kollaborateuren traut man eben nicht, und doch gilt es, eine schnelle Lösung für sie zu finden. Denn die ersten Familien der libanesischen SLA-Soldaten stehen schon an der Grenze und verlangen Einlass nach Israel. Man kann sie nicht schutzlos dem Feind überlassen.

Aus den Reihen der jüdischen Siedler kommt der Appell, die langjährigen Kameraden mit Waffen auszurüsten, damit sie sich den drohenden Gefahren stellen können. Die seltsame Koalition zwischen südlibanesischen Kommandanten und jüdischen Hardlinern aus dem Westjordanland hat unverändert die Illusion vor Augen, man könne die Hisbullah noch per Gewalt in die Knie zwingen. Dabei ist der Grund für den einseitigen Truppenabzug nichts anderes als Israels Einsicht, dass der Kampf mit Waffen nicht zu gewinnen ist. Eine Aufrüstung der Südlibanesen wäre so verlogen wie gefährlich, denn es hieße, die Kämpfe unnötig zu verlängern.

Natürlich würde man die Südlibanesen gern in ihren Heimatstädten lassen, denn die Erfahrung zeigt, dass sich Kollaborateure schwer integrieren lassen. Die arabischen Städte in Israel, die in der Vergangenheit für die Aufnahme palästinensischer Verräter herhalten mussten, wehren sich nicht zu Unrecht strikt gegen den Gedanken, den Südlibanesen ihre Türen zu öffnen. Wer möchte schon einen Kollaborateur zum Nachbarn haben? Den ehemaligen Kämpfern und Spionen droht in der Regel Arbeitslosigkeit und ihren Kindern die gesellschaftliche Isolation.

Ein Dorf für die Kollaborateure könnte Abhilfe schaffen. Es wäre nicht das erste, das Israel errichtet. Im südlichen Gaza-Streifen hat ein solches Dorf, in dem ägyptische und palästinensische Verräter zum Teil seit über 30 Jahren ihr trostloses Dasein fristen, einen Sicherheitsstatus wie eine jüdische Siedlung. Ohne militärische Sondergenehmigung wird niemand hineingelassen. Ein ähnliches Dorf an der Grenze zum Libanon ist zwar sicher nicht die rosigste Perspektive der südlibanesischen Soldaten. Dennoch mussten sie damit rechnen, eines Tages den Preis für ihr Handeln präsentiert zu bekommen. 20 Jahre lang hielten sie nicht nur den Kopf hin – die Soldaten ließen es sich gleichzeitig gutgehen. Nicht von Ideologien haben sie sich rekrutieren lassen, sondern schlicht, weil es Geld gab. Uniform, Gewehr, Macht und ein Auskommen für die Familien brachten die Soldaten dazu, mit dem Feind zu kollaborieren. Niemand konnte ahnen, dass es fast 20 Jahre lang dauern würde, bis die Besatzung ein Ende nimmt. SUSANNE KNAUL

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