WOCHENÜBERSICHT: BÜHNE: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Büchners Woyzeck ist ein bemitleidenswerter Underdog, doch das reicht dem Künstlerkollektiv Fast4Word noch nicht, weshalb der Schriftsteller Tim Staffel dem armen Mann nun auch noch einen Migrationshintergrund angedichtet und kurzfristig in Mustafa Woyzeck umbenannt hat. Das gleichnamige Stück ist ab morgen in der Reihe „Rohstoffe“ beim Theaterdiscounter zu sehen und zwar als interkulturelles Schauspiel mit Musikhintergrund. Die Zuschauer sind aufgefordert, den Verlauf der Geschichte mit zu entscheiden.
Nicht soviel Entscheidungsspielraum sehen Okka Hungerbühler, Rahel Savoldelli, Sylvia Schwarz, Anne Tismer und Niels Bormann für das Individuum in der neuen Produktion „Bei mir“ ihrer Formation „Gutestun“, die ab Freitag im Ballhaus Ost zu sehen ist. Da gibt es schon mal Lebensentwürfe, die daneben gehen können. Oder was ist davon zu halten, wenn man aufs Klo muss und dort auf einmal ein Kind bekommt?
Wer wissen will, wie sich Erich Honecker mit aktuellen Globalisierungsdebatten in Verbindung bringen lässt, dem sei ein Besuch in einem der neuesten Veranstaltungsorte dieser Stadt, dem Glaskasten Wedding, einem frisch sanierten Ballhaus empfohlen. Dort nämlich spielt man ab Freitag die neue Produktion des Independent Theatres „Honeckers wissendes Lächeln aus dem chilenischen Exil“, die uns verspricht, auf dem Müllplatz der Geschichte endlich mal die neoliberalen Ideale zu Ende zu denken.
Im Maxim Gorki Theater hat am Donnerstag Florian Fiedlers Inszenierung von Friedrich Schillers bürgerlichem Trauerspiel „Kabale und Liebe“ Premiere. Der 1977 geborene Regisseur hört aus dem alten Drama die Fragen in die Gegenwart dringen, ob und wie man sich in dieser Welt dem Druck der Gewalt moralisch überhaupt noch erwehren kann.
„Mustafa Woyzeck“: ab Mi, Theaterdiscounter
„Bei mir“: ab Fr, Ballhaus Ost
„Honeckers wissendes Lächeln“: ab Fr, Glaskasten Wedding
„Kabale und Liebe“: ab Do, Maxim Gorki Theater
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