WM-Triumph im Schwergewichtsboxen: Katzenhafter Kampfstil
Schwergewichtler Oleksandr Usyk schlägt den Briten Tyson Fury klar nach Punkten. Gewonnen hat nicht nur der Ukrainer, auch Gastgeber Saudi-Arabien.
Ein linker Haken trifft Tyson Fury am Kopf, doch der lacht nur. Der „Gypsy King“ hat schließlich Nehmerqualitäten wie kaum ein Boxer neben ihm. Immer wieder treffen ihn die Handschuhe, auf denen „Ukraine“ steht, und immer wieder versucht Fury ihnen auszuweichen.
Doch Oleksandr Usyk will nicht von ihm ablassen, weicht den Kontern aus und stellt den 2,06 Meter großen Briten an die Ringseile. Die 30.000 Sitze der Kingdom Arena in Riad, Saudi-Arabien, sind gefüllt, und Millionen verfolgen das heiß erwartete Rematch im Livestream; in Deutschland wurde der Boxkampf exklusiv auf dem Streamingdienst DAZN übertragen.
Nach zwölf Runden gab es einen einstimmigen Punktsieger: Oleksandr Uysk. Alle drei Ringrichter sahen den 1,91 Meter großen Ukrainer vorne. Mit seinem linken Haken konnte Usyk immer wieder Treffer zum Kopf und Körper landen, besonders in den letzten Runden. Im Gegensatz zu ihrem ersten Kampf ging Fury diesmal nicht zu Boden und bearbeitete seinen Kontrahenten mit Schlägen und Aufwärtshaken aus der Distanz.
Obwohl Fury sein Gewicht und große Reichweite gut einzusetzen wusste, konnte er dem Druck des Ukrainers auf Dauer nichts entgegensetzen. Mit seiner schier endlosen Ausdauer, den blitzschnellen Kombinationen, katzenartigen Reflexen und besonders der Möglichkeit, sich jedem Gegner anzupassen, ist Usyk zweifellos der aktuell beste Schwergewichtsboxer. Daniel Dubois, der Anwärter auf den nächsten Titelkampf, forderte Usyk noch im Ring heraus.
Sportswashing in Riad
Die Wettbüros sehen den Ukrainer, der in seiner Profikarriere auch zweimal in Deutschland boxte, schon jetzt deutlich vorne. Wie aber die Zukunft von Tyson Fury im Boxring aussieht, ist ungewiss. Ein dritter Kampf zwischen den beiden scheint unrealistisch. Während des gesamten Events war der Strippenzieher hinter der Kampfsportexpansion Saudi-Arabiens prominent neben dem Seilgeviert platziert: Turki Ak-Sheik. Er ist nicht nur Berater am königlichen Hof, sondern orchestriert als Vorsitzender der saudi-arabischen Sportbehörde das dortige Sportswashing.
Al-Sheikh hat mit die größten Kampfsportevents der letzten Jahre in das Land gebracht, unter anderem auch schon das erste Aufeinandertreffen der beiden Boxer im Mai 2024. Dadurch hat sich Riad in kürzester Zeit als prominente Sportstätte etabliert. Mittels solcher Events will das Land von massiven Menschenrechtsverletzungen ablenken und sich ein positives Image aufbauen. Das Schlimme daran: Das Sportswashing ist erfolgreich.
Warum sich so viele Sportler auf diese Manipulation einlassen? Weil jeder von ihnen seinen Preis hat. Und mit seinen schier unbegrenzten finanziellen Möglichkeiten ist es ein leichtes für Al-Sheikh, diese Grenzen zu finden. Es sollen über 85 Millionen US-Dollar an Fury geflossen sein, während Usyk mit über 104 Millionen den Ring verließ.
Auch die Präsentation des Kampfes ist Teil des Sportswashing, wie auch der Medienrummel drumherum. Wenn die beiden Boxer mit einer riesigen Lichtshow einlaufen, sieht die ganze Welt, wie sich Saudi-Arabien als neues Mekka des Boxsports inszeniert. Immerhin behielt Fury seinen Sinn für Humor auch im Rampenlicht, lief er doch singend in Weihnachtsmannrobe und mit Rauschebart ein.
Bereits im Vorfeld sprach Al-Sheikh über eine mögliche Trilogie, und auch während des Rematchs diskutierten die Kommentatoren über ein mögliches drittes Aufeinandertreffen. Aus der Perspektive der Vermarktung ist das nachvollziehbar, doch dafür lies Usyk keinen Raum. Selbst wenn einige der Runden knapp waren und zum Teil an Fury gingen, gibt es an der Entscheidung keinen Zweifel. Und ebenso wenig daran, dass Saudi-Arabien und andere Länder mit ihrem Sportswashing weiterhin Erfolg haben werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!