WM-Qualifikation für Niederlande: Oranje ohne Antrieb
Die niederländischen Fußballer blamieren sich vor dem Auftakt in Schweden weiter. Nicht nur ein missratener Test sorgt für miese Stimmung.
In normalen Zeiten wäre ein Auswärtsspiel in Schweden für die Elftal keine übergroße Hürde. Doch was ist schon normal in dem Jahr, das mit dem Tod Johan Cruyffs begann und das im Sommer eine EM mit Nordirland und Albanien, aber ohne Oranje sah? Im Juni noch hoffte man auf einen Betriebsunfall: Drei Auswärtssiege in Testspielen gegen EM- Teilnehmer (England, Polen, Österreich) nährten die Vorstellung, die Talsohle schon durchschritten zu haben – trotz der Warnungen, dass die Niederlande Jahre nötig hätten, um den Anschluss wiederherzustellen.
Wie fragil die Situation ist, zeigt das Testspiel gegen Griechenland letzte Woche. Nach flottem Beginn verlor man auf unerklärliche Weise den Faden und am Ende mit 1:2. Von einem „Wake Up Call“ sprach das Fachblatt Voetbal International. Der ohnehin umstrittene Bondscoach Danny Blind beginnt die Qualifikation mit dem Rücken zur Wand. Eine Niederlage in Schweden könnte seine letzte sein.
Ein Abschied des Cheftrainers würde sich einreihen in die Personalsituation im Trainerstab, die so unbeständig ist wie ein Nordsee-Sommertag. Während der verkorksten EM-Qualifikation trat Guus Hiddink ab. Seinem Nachfolger Blind kommen nun mit geradezu grotesker Regelmäßigkeit die Assistenten abhanden.
Suche nach Ko-Trainer
Dass Ruud van Nistelrooy lieber Stürmertrainer in Eindhoven würde, war seit Jahresbeginn bekannt. Überraschender kam Mitte August die Nachricht, dass Dick Advocaat nach nur drei Begegnungen Trainer von Fenerbahçe wird. Nach wenigen Tagen schien der Verband einen Nachfolger gefunden zu haben: Ruud Gullit, Held der Europameister von 1988, dessen Trainerkarriere freilich schon länger auf dem Abstellgleis gelandet ist.
Keine Woche später zog Gullit sich überraschend zurück. Sein zugedachter Partner als Ko-Trainer, Exsturmkollege Marco van Basten, hatte ihm gesteckt, dass auch er im Herbst den Verband verlassen und eine Tätigkeit bei der Fifa annehmen wird. Die Unbeliebtheit eines Assistenzjobs bei Oranje spricht Bände. „Etwas Besseres als den KNVB findest du überall“, dieses abgewandelte Märchenzitat scheint Konjunktur zu haben.
Während sich die Aufmerksamkeit nun wieder den Geschehnissen auf dem Platz zuwendet, meldete sich Kevin Strootman zu Wort. „Keine Entschuldigungen mehr“, forderte der Mittelfeldstar der AS Roma, der verletzungsbedingt fast zwei Jahre fehlte. „Wir als Spieler müssen es wert sein, das Trikot der niederländischen Elf zu tragen“, so Strootman kurz vor dem Abflug im niederländischen TV.
Bei dem angepeilten Umschwung denkt man ihm eine besondere Rolle zu. Ansonsten ruhen die Hoffnungen auf Vincent Janssen, der seit Neuestem für Tottenham Hotspur stürmt. Altmeister Willem van Hanegem adelte ihn zu Wochenbeginn als den „momentan mit Abstand besten Spieler Oranjes“.
Mittelfeldspieler Daley Blind, der Sohn des Bondscoachs, gibt derweil eine Parole aus, die schon fast ein wenig humoristisch anmutet: „Die Unruhe draußen halten“. Die Erwartungen sind derweil niedrig: in einer Umfrage von Voetbal International glauben fast drei Viertel der Teilnehmer, dass die Niederlande auch das kommende Turnier verpassen. Eine Konstante gibt es zum Desaster in der EM- Qualifikation: Arjen Robben fehlt mit einer Verletzung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Frauen in der ukrainischen Armee
„An der Front sind wir alle gleich“
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag