WAHLEN IN DEN USA: DIE NIEDERLAGE DER DEMOKRATEN IST HAUSGEMACHT: Es weht ein republikanischer Wind
Der überraschend deutliche Sieg der Republikaner bei den US-Kongresswahlen dürfte überwiegend auf das Konto des Präsidenten George W. Bush und die Schwäche der Demokraten gehen. Deren Niederlage ist hausgemacht. Sie haben sich rechtzeitig als ernst zu nehmende Opposition abgemeldet, indem sie selbst eingefleischte Stammwähler mit ihrer Zustimmung zum Irakkrieg verprellten und die offene Flanke der Bush-Regierung in Sachen Wirtschaftsflaute nicht zu nutzen wussten.
Nun sorgt man sich in Europa, dass die mächtigen Wortführer der Republikaner ihre doppelte Mehrheit im Kongress für ihre ultrakonservative Agenda nutzen. Doch diese Angst ist verfrüht. Der republikanische Senator John McCain aus Arizona sieht „einen republikanischen Wind wehen“ – Wind, wohlgemerkt; für einen Sturm reicht es nach der derzeitigen Stimmauszählung nicht.
Außenpolitisch werden Bush und die Hardliner in der Regierung den Wahlsieg als Unterstützung für ihren aggressiven, einseitig militärischen Kurs deuten. Ihr Ziel, Saddam Hussein zu stürzen, dürften sie nun umso energischer verfolgen. Auf dem innenpolitischen Parkett lässt sich der Erfolg nicht automatisch in ein leichteres Regieren ummünzen. Der Senat bleibt gespalten, die Republikaner verfügen nur über eine knappe Mehrheit. Ein Durchmarsch ist so nicht möglich, das Weiße Haus wird immer auf Stimmen von Demokraten angewiesen sein. Gesetzesvorhaben können wie gehabt von ihnen blockiert oder modifiziert werden.
Für die Demokraten stellt sich die Situation sogar günstiger dar. Zum einen herrschen nun offiziell die Republikaner im Kongress. Der Schatten eines politischen Stillstands könnte auf die „Machthaber“ zurückfallen. Die Demokraten könnten die regierende Partei für alle Versäumnisse an den Pranger stellen. Außerdem zeigt sich mit den Gouverneurswahlen ein schmaler Silberstreifen am Horizont. Die Demokraten gewannen so wichtige und bevölkerungsreiche Bundesstaaten wie Pennsylvania, Illinois und Michigan. Eine wirkliche, geschickte Opposition und neue, frische Gesichter aus jenen Staaten könnten den Demokraten den nötigen Rückenwind für die Präsidentschaftswahlen 2004 verleihen. MICHAEL STRECK
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