: WAA-Polizei auf Schnitzeljagd
Hatz auf Aufkleber rund um den WAA-Erörterungstermin / Auto beschlagnahmt Der Zukunftsforscher Robert Jungk erlebte unkonventionelle Zustellung einer Strafanzeige ■ Aus Neunburg Bernd Siegler
Medienwirksam erschien bei der täglichen Pressekonferenz der Schwandorfer Bürgerinitiative gegen die WAA am vergangenen Mittwoch ein „Herr von der Kripo“ und fragte nach Irene -Maria Sturm, Sprecherin der BI Schwandorf.
Wenig später stoppte die Polizei das Auto der BI-Aktivistin auf offener Straße. Ohne eine entsprechende Verfügung vorzulegen, beschlagnahmten die Beamten das Fahrzeug und schleppten es nach Schwandorf ab. Der Grund war ein Aufkleber. Seit zwei Jahren fährt Irene-Maria Sturm unbeanstandet mit dem Aufkleber „Widerstand braucht Phantasie“ durch die Gegend. Die darauf abgebildete Zwille hat sie eigenhändig durchgestrichen.
Schon einmal waren Staatsschützer im laufenden Erörterungsverfahren in der Stadthalle eingeschritten. Gerade als Zukunftsforscher Robert Jungk am vergangenen Donnerstag als Sachbeistand der Einwender am Rednerpult stand, tauchte hinter ihm ein Kripobeamter in Zivil auf und händigte ihm ohne Kuvert ein Schreiben von der Staatsanwaltschaft aus. Es war eine Anklageschrift gegen den Zukunftsforscher Jungk.
Auf der Bundeskonferenz der Anti-AKW-Initiativen im Januar 1987 in Nürnberg soll Robert Jungk Bayerns Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß als Tyrannen bezeichnet haben. Der Beschuldigte verweigerte die Annahme.
Zwei Tage zuvor gingen Polizisten gegen die Insassen eines in unmittelbarer Nähe der Stadthalle abgestellten PKW vor. Das Auto war mit Sprühparolen geschmückt. Der Fahrzeughalter erhielt eine Anzeige. Die in der Oberpfalz beliebten Aufkleber des „Polizeisportvereins“ und der „Oberpfälzer Sägefische“ wurden einer Einwenderin, die gerade vom Erörterungstermin nach Hause unterwegs war, zum Verhängis.
Mit den Aufklebern soll sie nicht nur beleidigt, sondern auch zu Straftaten aufgefordert haben. Dazu der Sprecher des Polizeipräsidiums: „Wir sind nicht gewillt, am Rande des WAA -Erörterungstermins rechtsfreie Räume zu dulden.“
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