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Vorwurf der VetternwirtschaftWissing entlässt Abteilungsleiter

Lief bei der Förderung von Wasserstoff im Verkehrsministerium alles korrekt? Wahrscheinlich nicht. Minister Wissing entlässt einen Abteilungsleiter.

In seinem Haus gibt es Filzvorwürfe: Bildstörung mit Verkehrsminister Wissing Foto: dpa

Berlin dpa | Bundesverkehrsminister Volker Wissing zieht personelle Konsequenzen wegen möglicher Unregelmäßigkeiten bei einer Fördermittelvergabe. Der FDP-Politiker entschied, einen Abteilungsleiter des Ministeriums mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben zu entbinden, wie Staatssekretär Stefan Schnorr am Donnerstagnachmittag mitteilte. Grund der Entlassung sei ein nicht mehr vorhandenes Vertrauensverhältnis. Zudem sei ein Referatsleiter versetzt worden. In der Sache geht es um eine Vergabe für ein Wasserstoffprojekt von 2021 in der vorigen Wahlperiode. Auslöser der Konsequenzen sind nun bekannt gewordene Dokumente.

Schnorr machte deutlich, dass sich das Ministerium getäuscht fühle. Ende vergangenen Jahres sei die interne Revision in einem Abschlussbericht zu dem Ergebnis gekommen, dass nach vorliegenden Unterlagen keine unzulässige Einflussnahme des Abteilungsleiters festzustellen war. Jetzt gebe es aber erhebliche Zweifel, dass alle Feststellungen des Berichts aufrechterhalten werden könnten.

Hintergrund sind E-Mails, die das Ministerium auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes dem Magazin „Spiegel“ ausgehändigt hatte. Diese seien der Revision bei den damaligen internen Untersuchungen des Ministeriums trotz Nachfragen vom zuständigen Referat nicht zur Verfügung gestellt worden.

Es handelt sich um Tausende Mails und Dokumente, die jetzt weiter untersucht werden, wie Schnorr sagte. Schon nach erster Sichtung habe die Revision aber festgestellt, „dass es gegenüber den bisher vorgelegten Unterlagen deutliche Ungereimtheiten und Widersprüche gibt“. Klar sei bereits, dass nötige Sorgfalt und Transparenz nicht gewährleistet worden seien. Dies betreffe etwa Existenz und Häufigkeit persönlicher Kontakte mit Antragstellern während laufender Bewilligungsverfahren. Zudem seien Anhaltspunkte ermittelt worden, dass es 2021 auch zu Abweichungen vom üblichen Bearbeitungsverfahren gekommen sei.

Fördersumme in Höhe von 1,4 Millionen Euro

Der Staatssekretär erläuterte, dass auch der Förderantrag rechtlich überprüft werden soll, der noch in der vorherigen Wahlperiode bewilligt wurde. Die Fördersumme liege bei 1,4 Millionen Euro. Der „Spiegel“ hatte unter Berufung auf die bekannt gewordenen E-Mails berichtet, dass der Abteilungsleiter unter anderem in vertrautem Ton abgefasste Förderanfragen eines Vertreters eines Wasserstoffverbandes an Untergebene weitergeleitet haben soll. Das „Handelsblatt“ hatte im vergangenen Jahr über Hinweise auf private Kontakte des Abteilungsleiters bei der Zuteilung von Wasserstoff-Fördergeldern berichtet.

Von der Opposition kam Kritik. Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange (CSU) sprach von Chaos im Ministerium. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Aufklärung des Vorwurfs der Vetternwirtschaft monatelang gedauert habe. Der Linke-Abgeordnete Victor Perli sagte, das Ressort sei leichtfertig mit Vorwürfen umgegangen, die hausinterne Kontrolle habe versagt. „Dafür trägt der Minister die volle Verantwortung.“

Die Organisation Lobbycontrol begrüßte die Konsequenzen. Das Ministerium müsse nun aber auch erklären, warum eine monatelange interne Prüfung offenbar zentrale Informationen nicht zutage förderte. Hierfür trage Wissing die Verantwortung, auch wenn die kritisierten Vorgänge vor seiner Amtszeit passiert seien.

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4 Kommentare

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  • Wenn das mal mein Bauernopfer für Wissing ist. Das Ressort ist zum Lachen - oder zum Weinen! Was Scheuer dort angezettelt hat, geht auf keine Kuhhaut und wirkt noch Jahrzehnte nach.

    • @Trolliver:

      Und Scheuer hat auch die Messlatte nach oben verschoben - kaum noch etwas scheint unmöglich in diesem Bereich.

      Warum Scheuer nicht wegen vorsätzlicher Veruntreuung von öffentlichen Geldern dranzukriegen ist, ist mir ein Rätsel.

      Würde ein beliebiger öffentlich Angestellter gegen den Rat der Geschäftspartner und dazu bei fehlender Genehmigung irgendeine Anschaffung machen - da würds aber brennen!

      • @Jeff:

        So ist es. Der Angestellte bräuchte nur ein paar Briefe privat im Amt frankieren, und er wäre seinen Job los. Scheuer dagegen war die personifizierte Veruntreuung.

        • @Trolliver:

          Tja. Und genau DA wird das Vertrauen verspielt, da frustrieren die Leute und suchen nach politischen "Alternativen". Aber die Parteien kapieren das nicht - solange "Die da oben" mit sowas durchkommen, solange sich Leute mit Maskendeals staatsfinanziert reich machen, solange Tpen an der Macht schrauben, die ernsthaft glauben, mit Sprüchen über die Dauer des Ausmistens eines privaten Pferdestalles bodenständig zu erscheinen und sich nachher nicht in Grund und Boden schämen und kleinlaut die öffentliche Bühne verlassen - solange werden die Populisten Zulauf haben.

          "Die sind zwar vielleicht auch nicht besser, aber schlimmer bestimmt auch nicht", sagen viele. Tja, kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber mit Blick auf die Situation vieler Leute kann ich den Gedankengang zumindest nachvollziehen.

          Und solange ein Aiwanger noch hofiert wird und Leute wie Merz immer wieder rechte Sprüche ablassen und nicht 100% klare Kante gegen Nazis zeigen - tja, wieder: Wird nicht besser.

          Es bleibt zu hoffen, dass die demokratischen Parteien endlich ein Resultat aus den derzeitigen Protesten gegen rechts Ziehen: Positioniert euch endlich eindeutig und unmissverständlich gegen Nazis und Rechtsradikale. Und das bedeutet auch Afräumen in eigenen Reihen: Ändert eure Regeln: Wer rechts spricht, fliegt raus. Parteiausschlussverfahren müssen in solchen Fällen einfach funktionieren und dürfen nicht versagen. Wer korrupt ist fliegt. Wer Wahlversprechen nicht deutlich verfolgt verliert seinen Posten. Wer Fetternwirtschaft duldet ist raus. Wer Populismus betreibt wird durch die Partei selber angeprangert und fliegt. Und eine Partei muss öffentlich Kritik an eigenen Mitgliedern üben und deren Verhalten nicht immer schön reden.

          Beispiel Scheuer: Warum wird von Seiten der CD/SU nicht ganz klar gesagt, dass der absoluten Mist gebaut hat? Parteiausschluss wäre auch hier ein gutes Zeichen.

          Dann kommt auch das Vertrauen und die Wähler zurück.