Vorwürfe gegen Polizei: „Sie haben mich ’Affe‘ genannt“
Napuli Langa, Mitbegründerin des Flüchtlingscamps, sagt, die Polizei habe sie rassistisch und sexistisch beschimpft. Vorher Eskalation in der U-Bahn.
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Eine prominente Vertreterin der Flüchtlinge vom Oranienplatz erhebt schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Die Sudanerin Napuli Langa war nach einer Eskalation zwischen Kontrolleuren und Flüchtlingen in der U-Bahn am Freitagvormittag festgenommen worden. Auf der Polizeistation sei sie von einem Beamten als „Affe“ beschimpft worden, sagte sie am Sonntag der taz. Der Mann habe im Beisein seiner Kollegen zu ihr gesagt „Ich will dich ficken“ und „Ich ficke dich in den Arsch“. Sie sei mehrere Stunden festgehalten worden. Dabei hätten sie zeitweise fünf bis sechs Personen auf den Boden gedrückt. „Sie haben den Müll aus einem Eimer rausgemacht und haben ihn mir über den Kopf gestülpt. Ich wurde festgehalten und konnte nichts dagegen tun“, erzählte sie.
Am Freitagvormittag war es im U-Bahnhof Hermannplatz nach einer Fahrscheinkontrolle zu Tumulten gekommen. Den Flüchtlingen zufolge waren sie als Gruppe auf dem Weg zu einem Gespräch mit Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD). Bis auf einen hätten sie gültige Fahrscheine besessen, erzählt Langa. Dessen Ticket habe erst ab 10 Uhr gegolten, es sei aber erst kurz vor 10 Uhr gewesen.
Wie es dann weiterging, ist unklar. Laut Polizei attackierten die sechs Flüchtlinge die BVG-Mitarbeiter verbal, kurz darauf sollen sie sie auch geschlagen und getreten haben. Langa schildert das anders. Sie habe versucht zu beschwichtigen und sei dann aus der Bahn geschubst worden. Einer der Flüchtlinge legte sich nach übereinstimmenden Berichten auf die Gleise, woraufhin der U-Bahn-Verkehr unterbrochen wurde. BVG-Bedienstete hätten ihn wieder hochholen müssen. Einem BVGler habe der 41-Jährige dabei in die Hand gebissen, so die Polizei. Als die Beamten eintrafen, sollen sie ebenfalls attackiert worden sein, heißt es von ihrer Seite. 20 Polizisten waren im Einsatz.
Auch Napuli Langa soll laut Polizei einen Beamten gebissen haben. Sie sagt, sie könne sich nicht erinnern. Sie sei von den Polizisten zu Boden gerissen und festgehalten worden. Sowohl Langa als auch der Flüchtling, der sich auf die Gleise gelegt hatte, wurden zunächst festgenommen. Auf der Wache am Tempelhofer Damm sei es dann zu den Beleidigungen und der Sache mit dem Mülleimer gekommen. „Sie haben mir den Arm so verdreht, dass er jetzt noch geschwollen ist“, sagte Langa.
Sowohl Langa als auch der zweite Flüchtling kamen am Freitag wieder auf freien Fuß. Gegen sie wird wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt. Langa berichtete am Sonntag, sie habe immer noch einen geschwollenen Arm, Schmerzen in der Hand und am Hals. Eine Unterstützerin erzählte, sie seien Freitagabend und den Samstag über im Krankenhaus gewesen.
Langa ist aus dem Sudan geflohen und lebte 2012 in verschiedenen deutschen Heimen. Sie schloss sich den Flüchtlingsprotesten an und gründete im Oktober 2012 das Camp auf dem Oranienplatz mit. Sie gilt als eine Führungsfigur auf dem Platz, als besonnen und redegewandt.
Zu den von Langa erhobenen Vorwürfen wollte sich die Polizei am Sonntagabend nicht detailliert äußern. „Uns liegen bislang keinerlei Anzeigen wegen rassistischer Beleidigungen oder Ähnlichem vor“, erklärte ein Sprecher.
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