Vorwürfe gegen Ausländerbehörde: Ein Leben ohne Ausweis
Keywan Khoudor wollte Urlaub machen, doch die Reise endete am Flughafen. Ägypten erkannte die Dokumente der Ausländerbehörde nicht an.
Keywan Khoudor hat erlebt, was das bedeutet. Am 20. Juli 2022 steigt er ins Flugzeug nach Ägypten, zusammen mit seiner Freundin. Es geht nach Hurghada am Roten Meer. Eine Woche wollen die beiden bleiben. Aber dazu kommt es nicht: Khoudor wird die Einreise verweigert. Die Papiere, die ihm die Ausländerbehörde der Region Hannover ausgestellt hat, werden abgelehnt. Acht Stunden nach der Landung fliegt das junge Paar zurück nach Deutschland, tief enttäuscht. „Das war traurig“, sagt Khoudor der taz. „Wir konnten es nicht fassen!“
Das Problem: Khoudor ist ein Mann zwischen drei Welten. Seine Mutter ist Iranerin. Sein Vater ist Iraker. Er selbst, der in Deutschland geboren ist, wohnt und arbeitet, ist „nichts,“ sagt er, noch nicht einmal staatenlos. Khoudor ist 26 Jahre alt, lebt bei Hannover. Einen vollgültigen Ausweis habe er nie erhalten, sagt er, nur Provisorien.
Wie das kommt, ist für Khoudor „bis heute ein Rätsel“. Er sei bei Konsulaten gewesen, bei Behörden, oft. Auch eine Flüchtlingsberatungsstelle habe nichts tun können: „Ich bin ja kein Flüchtling.“
DIN A4-Zettel mit Foto
Der Iran verweigere einen Pass, sein Vater sei schließlich Iraker. Der Irak sage: Familiendokumente fehlen. Deutschland verlange Bescheinigungen aus dem Ausland. Aussichtslos sei das. „Oft hatte ich nur einen DIN A4-Zettel mit Foto drauf“, sagt Khoudor. „Den haben viele natürlich nicht ernst genommen.“
Der Ausländerbehörde macht Khoudor schwere Vorwürfe. „Die haben mir gesagt, Ägypten lässt mich einreisen.“ Jetzt klagt er auf Schadensersatz. Auf Flug und Hotel hatte er lange gespart, von seinem kargen Gehalt in der Leergut-Annahme eines Supermarkts.
Behördengänge, sagt Khoudor, sei er „gewöhnt, seit Jahren“. Weil die Ausländerbehörde eine Bestätigung verlangte, dass er kein Iraker ist, hat er, damit nichts schiefgeht mit dem Urlaub in Hurghada, einen Termin in der Botschaft des Irak gemacht, in Berlin. „Aber da wurde ich weggeschickt, ohne alles.“
Vor zwei Jahren ist Khoudor mit seiner Freundin nach Spanien gefahren, mit dem Auto. Dazu gab es Papiere der Ausländerbehörde, und alles ging glatt. „Aber die musste ich wieder abgeben“, sagt er. „Sie hätten mir gar nicht zugestanden, hieß es.“ Den Reiseausweis für Staatenlose habe er nur zeitweilig bekommen.
Khoudor beschreibt seinen Nicht-Status als „permanente Belastung“. Er fühle sich ausgegrenzt. Und dann erzählt er: Gerade 18 geworden und in eine Disko rein? Schwer, ohne Papiere. Einen Handyvertrag abschließen? Noch schwerer. Ein Konto eröffnen? Fast unmöglich. Dennoch: Den Gang zum Anwalt hat er bisher gescheut.
Ein Mensch, der durchs Raster fällt? Bei dessen Staatsbürgerschaft Abstammungs- wie Geburtsortprinzip ins Leere greifen? Seltsam. Versagen hier die Behörden dreier Länder?
Khoudor will jetzt die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen. Vielleicht steht ihm dann ja auch irgendwann Ägypten offen. „Die Flughafenmitarbeiter“, sagt er, „waren ja selber traurig, dass sie mich zurückschicken mussten.“
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