Vorwahlkampf in den USA: Gedrängel gegen Trump

20 demokratische KandidatInnen für die US-Präsidentschaft liefern sich diese Woche die erste TV-Debatte. Die meisten kennt kaum jemand.

Eine Frau steht auf einer Wahlkampfbühne und breitet die Arme aus.

Unter den drei bekannteren KandidatInnen: die linke Senatorin Elisabeth Warren Foto: ap

NEW YORK taz | „Debatte“ ist eine irreführende Bezeichnung für das Spektakel, das die PräsidentschaftskandidatInnen der Demokratischen Partei am Mittwoch und Donnerstagabend in Miami liefern werden. Denn jedeR einzelne der 20, die das Rennen in die beiden Runden geschafft haben, wird maximal 10 Minuten Redezeit haben.

Statt zu debattieren, müssen sich die meisten KandidatInnen erst einmal vorstellen. Denn abgesehen von den großen Dreien unter ihnen – Ex-Vizepräsident Joe Biden und die linken SenatorInnen Bernie Sanders und Elizabeth Warren – sind die meisten von ihnen dem großen Publikum noch weitgehend unbekannt.

Donald Trump hat mehr DemokratInnen als je zuvor das Gefühl gegeben, sie könnten es besser machen. Das Gedrängel bei ihnen ist noch größer als das der RepublikanerInnen vor dem letzten Präsidentschaftswahlkampf, das letztlich Trump hervorbrachte.

Doch was die DemokratInnen über diese Zahl hinaus unterscheidet, ist, dass in ihrem KandidatInnenfeld mehr junge Leute und politische Außenseiter, mehr Frauen (sechs) und mehr VertreterInnen der afro-amerikanischen, latino und asiatischen Minderheiten (sechs) antreten als je zuvor. Erstmals sind mit Pete Buttigieg auch ein schwuler Bürgermeister sowie mit Marianne Willamson eine New-Age- und Meditationsexpertin im Rennen.

Linksruck in fast allen Programmen

Die politischen Ideen der DemokratInnen haben sich weit nach links verschoben. Zahlreiche Vorhaben, die 2016 noch das Alleinstellungsmerkmal des demokratischen Sozialisten Sanders waren und die der gescheiterten Kandidatin Hillary Clinton als zu radikal erschienen – von der Streichung der ruinösen Studiengebühren an den öffentlichen Universitäten über eine öffentliche Krankenversicherung für alle und eine stärkere Kontrolle der großen Banken bis hin zu weitgehenden institutionellen Reformen, inklusive der Abschaffung des Electoral College – stehen heute in den Programmen der Mehrheit der demokratischen KandidatInnen.

Der Mann, der den Linksruck gegen den massiven Widerstand des Apparates eingeleitet hat, ist dieses Mal als Star ins Rennen gegangen. Er führte monatelang die Meinungsumfragen an. Und er konnte mit seinem Programm und seiner erfahrenen und motivierten, jungen Basis trumpfen. Doch in den letzten Wochen ist Sanders auf den zweiten Platz hinter Biden, in manchen Umfragen sogar auf den dritten Platz hinter Warren, abgerutscht.

Bernie Sanders, der den Linksruck bewirkt hat, steht heute in Umfragen nur auf Platz 3

Kurz vor der ersten von zwölf geplanten demokratischen „Debatten“ erklärte er, dass er Verständnis dafür habe, wenn WählerInnen es vorzögen, eine Frau und jemand jüngeren ins Rennen zu schicken.

Doch bislang sieht es nach einer Schlacht zwischen Leuten in den Siebzigern aus: Sanders ist 78, Biden ist 77 und Warren ist gerade 70 geworden. Warren nennt sich selbst eine „Kapitalistin bis auf die Knochen“. Aber sie hat ein detailliertes Programm vorgelegt, das viel Verbraucherschutz vorsieht und wonach zu groß gewordene Konzerne wie Facebook und Amazon zerlegt werden sollen.

Parteiführung und Funktionsträger halten sich an Joe Biden

Erst vor wenigen Tagen schlug Warren vor, die komplette Schuldenlast von 1,6 Billionen Dollar, die auf den Schultern von UniversitätsabsolventInnen lastet, zu streichen und mithilfe von Steuern auf Wall-Street-Spekulationen zu zahlen.

Im Gegensatz zu Trump und zu ihren demokratischen GegenspielerInnen hat Warren Karriere in der akademischen Welt gemacht. Bis sie erst 2013 in den Senat zog, war sie Jura-Professorin an der angesehenen Harvard-Universität.

Doch die Parteiführung und die große Mehrheit der gewählten FunktionsträgerInnen der Partei halten gegen den Linksruck und gegen das Verlangen nach Frauen und VertreterInnen von Minderheiten. Sie unterstützen einen Mann der alten Schule: Joe Biden, der 2003 für den Irak-Krieg gestimmt hat, der in diesem Frühjahr vor Wall-Street-Geldgebern versichert, mit ihm werde es keine grundsätzlichen Veränderungen geben und der ostentativ stolz auf seine gedeihliche Zusammenarbeit mit segregationistischen Politikern aus den Südstaaten ist.

Biden, der unter Barack Obama acht Jahre lang Vizepräsident war, ist bereits mit mehreren Anläufen bei Präsidentschaftswahlen gescheitert. Aber die Spitze seiner Partei glaubt, dass er das Zeug hat, moderate RepublikanerInnen, Mittelschichtsfrauen aus den Vorstädten und die zu Trump übergelaufenen weißen ModernisierungsverliererInnen aus den alten Industrieregionen zurückzuholen.

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