konkurrenz auf dem gleis: Vorteil für die Bahnkunden
Noch im Februar hatte alles so gut ausgesehen für die Deutsche Bahn AG in Sachsen-Anhalt. Der damalige Verkehrsminister Jürgen Heyer hatte seine Unterschrift unter einen Milliardenvertrag gesetzt: Elf Jahre lang sollte die Bahn fast den gesamten Schienennahverkehr abwickeln dürfen – unbehelligt von lästiger Konkurrenz. Doch die von der Schiene gedrängten Wettbewerber wollten sich das nicht gefallen lassen. Und die Vergabekammer in Magdeburg gab ihnen Recht. Vergeblich setzten die DB-Vertreter die neue Landesregierung unter Druck, damit sie beim Oberlandesgericht gegen den Spruch vorgeht. Und so ist seit gestern klar: Erstmals gibt es in Deutschland einen rechtswirksamen Beschluss, dass Verkehrsverträge im Schienennahverkehr ausgeschrieben werden müssen.
Kommentarvon ANNETTE JENSEN
Bisher ist nur die Landesregierung in Magdeburg an die Vorgaben gebunden. Doch klar ist: diese Entscheidung wird auf andere Länder ausstrahlen. Sollte das Oberlandesgericht Düsseldorf demnächst ähnlich urteilen – und vieles spricht dafür –, dann ist mit einem Dominoeffekt zu rechnen. Die Bahn wird ihre vielerorts noch existierende Monopolstellung einbüßen.
Allerdings bleiben der Bahn AG noch zwei oder drei Jahre. So lange wird es dauern, bis die Verwaltung die Ausschreibungen durchgeführt hat und auch die Konkurrenten startklar sind. In dieser Zeit ist das Land beim Schienennahverkehr noch voll auf die DB angewiesen. Ob das Unternehmen auf Kooperation oder Blockade setzt, bleibt abzuwarten. Völlig überhöhte Preise für kurzfristige Verträge und eine Einschränkung des Angebots könnten andere Landesregierungen abschrecken, schnell auf Wettbewerb zu setzen. Juristisch umstritten ist auch, ob die Bahn als Nochmonopolist gezwungen werden könnte zu fahren.
Langfristig aber wird es im Schienennahverkehr auf jeden Fall mehr Wettbewerb geben. Und das ist richtig so. Denn die Milliarden, die der Staat jährlich für den Schienennahverkehr ausgibt, sollten so effektiv wie möglich eingesetzt werden. Solange nur ein Unternehmen da ist, setzt sich mit Sicherheit nicht die beste Lösung für die Reisenden, sondern für die Firma durch. Die Erfahrung mit der Telekom zeigt, dass sich im Wettbewerb auch Exmonopolisten rasant verändern. Sie müssen allerdings dazu gezwungen werden. Genau damit hat die Vergabekammer Magdeburg nun endlich begonnen.
wirtschaft und umwelt SEITE 10
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