Vorstoß von Ferda Ataman: Angriff auf die Kirchenklausel

Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman stellt sich gegen die Ausnahmen für Kirchen im Arbeitsrecht. Die Regelung begünstige Diskriminierung.

Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman.

Möchte an die sogenannte Kirchenklausel ran, Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman Foto: Christian Ditsch/imago

BERLIN taz | Es ist eines dieser „heißen Eisen“, die die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman jetzt angehen will: Die sogenannte Kirchenklausel. Im Kern geht es darum, dass die Regelungen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) für die Kirchen nur bedingt gelten. Es geht um Abfragen zur Religionszugehörigkeit, zur Lebensweise, zum Beziehungsleben von Mit­ar­bei­te­r:in­nen kirchlicher Arbeitgeber. Also um intimste Fragen an diejenigen, die im Dienste der Kirchen stehen wollen.

Zwar hat die Deutsche Bischofskonferenz erst am Dienstag beschlossen, Reformen im kirchlichen Arbeitsrecht anzustoßen. Allerdings gehen diese Schritte Ataman nicht weit genug.

Es sei überfällig, dass sich die katholische Kirche nicht mehr in das Privatleben ihrer Mit­ar­bei­te­r*in­nen einmischen wolle, sagte die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes. Allerdings enthalte auch diese neue Grundordnung noch zu viele Ausnahmen. „So kann zum Beispiel eine Krankenpflegerin, die in einem kirchlichen Krankenhaus arbeitet, immer noch ihren Job verlieren, wenn sie aus persönlichen Gründen aus der Kirche austritt“, sagte Ataman.

Für sie ist dies ein Eingriff in die Rechte der Beschäftigten und ein Einfallstor für Diskriminierungen. Ataman will daher die im AGG festgeschriebene Kirchenklausel beschränken und Anforderungen an die Religionszugehörigkeit oder an die Lebensweise von Mit­ar­bei­te­r:in­nen nur noch im engsten Verkündungsbereich zulassen.

800.000 Beschäftigte allein bei katholischer Kirche

Über die geltende Ausnahmeregelung ist es bisher etwa möglich, dass die Kirchen die Religionszugehörigkeit zum Einstellungskriterium machen können. Gilt dies für die Pfleger:in? Für die Erzieher:in? Für Ärz­t:in­nen in den kirchlichen Krankenhäusern? Oder sind dies Kriterien, die vor allem wichtig sind für Kirchengremien, im Pfarr- oder Messdienst? Dass die Sonderregelung immer noch angewendet wird, ist zunehmend umstritten.

Am Dienstag hatte die Vollversammlung des Verbands der Diözesen Deutschlands eine Neufassung des kirchlichen Arbeitsrechts beschlossen. Damit gilt für rund 800.000 Mit­ar­bei­te­r:in­nen der katholischen Kirche in Deutschland, dass eine gleichgeschlechtliche Ehe oder eine neue Hochzeit nach der Scheidung kein Grund mehr für eine Kündigung sind. Der Beschluss muss von jedem Bistum einzeln umgesetzt werden, damit er greift.

Die Grünen im Bundestag begrüßten den „wichtigen Schritt hin zu einem inklusiven, fairen und zeitgemäßen Arbeitsrecht“. Die religionspolitische Fraktionssprecherin Lamya Kaddor warnte jedoch davor, dass der Vorwurf sogenannter kirchenfeindlicher Betätigung weiterhin einen Möglichkeit biete, um Mit­ar­bei­te­r:in­nen „für ihre persönliche Lebensführung zu sanktionieren“: Pascal Meiser von der Linken forderte, „die umfassende Geltung des individuellen Arbeitsrechts genauso sicherzustellen wie der betrieblichen Mitbestimmung“.

Die beiden christlichen Kirchen zählen zu den größten Arbeitgebern in Deutschland, insbesondere im Pflege- und Erziehungsbereich. „Der Schutz der Mitarbeitenden vor jeglicher Form von Diskriminierung muss selbstverständlich und für alle Beschäftigen in Deutschland gleich sein“, so Ataman. Ausnahmeregelungen, die noch dazu Diskriminierungen möglich machten, seien nicht nachvollziehbar.

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