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Vorstoß dreier Unions-KultusministerMit Einheitsabitur durchgefallen

Drei Kultusminister der Union wollten das Einheitsabitur. Aber aus fast allen Bundesländern kommt Kritik, die Kollegen lehnen den Vorstoß ab.

Kultusminister aus Sachsen, Mecklenburg Vorpommern und Bayern (v.l.) wollen Einheitsabi. Bild: dpa

BERLIN taz | Den Versuch war es zumindest wert, dürften die Kultusminister von Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern denken. Ihr Vorstoß, den Weg zu einem Einheits-Abitur per Staatsvertrag festzuschreiben, stößt in den anderen Bundesländern überwiegend auf Ablehnung. Lediglich Schleswig-Holstein springt loyal zur Seite.

Am Freitag vor einer Woche präsentierten die CDU-Kultusminister aus Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen, Henry Tesch und Roland Wöller, gemeinsam mit ihrem bayrischen Kollegen Ludwig Spaenle (CSU) die Idee eines Staatsvertrages zu einem deutschlandweit einheitlichem Abitur. Man wolle endlich Schluss machen mit der Kleinstaaterei in der Bildungspolitik und "Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit in der Bildung" schaffen, hieß es zur Erklärung.

Acht Ländern wären bereits mit im Boot und alle anderen seien recht herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen, so die drei Herren von der Union. Doch die Koalition der angeblich Willigen ist brüchig: Seit den Landtagswahlen haben in den zuständigen Ministerien von Hamburg, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg andere das Sagen. Anders als ihre Unionsvorgänger unterstützen sie das Einheits-Abitur per Staatsvertrag nicht.

Stephan Dogerloh (SPD), seit April Kultusminister in Sachsen-Anhalt, erteilt dem Vorschlag eine klare Absage. "Es gelten die Verabredungen aus der Kultusministerkonferenz, zunächst gemeinsame Bildungsstandards erarbeiten zu lassen. Jetzt andere Wege einzuschlagen, zöge wieder eine Zersplitterung nach sich und wäre kontraproduktiv", erklärt er. Den Weg eines Staatsvertrages bezeichnet er als "unangemessen". Eine Fülle von Verträgen wäre nötig, um alle technischen Details zu regeln.

Zurückhaltung kommt aus den übrigen Bundesländern

Ähnliche Töne schlägt der seit März amtierende Bildungssenator von Hamburg, Ties Rabe (SPD), an. Gleiche Bildungsstandards ja; Sonderwege nein, heißt es aus der Hansestadt. "Wer gleichwertige Prüfungen in allen Bundesländern erreichen will, sollte zunächst mit allen den Dialog suchen", so Rabe.

Auch im schwarz-gelb regierten Niedersachsen sieht man die Sache differenzierter, als es die Ankündigung vom vergangenen Freitag hätte vermuten lassen. Hier verweist man darauf, dass man in einem ersten Schritt zunächst die Lehrpläne in allen Bundesländern aneinander anpassen müsste. "Eine solche Angleichung ist sehr zeitintensiv und braucht einen langen Vorlauf", erklärt Roman Haase, Pressesprecher des niedersächsischen Kultusministeriums. Insgesamt wolle man daher "sorgfältig und nicht übereilt" vorgehen, wie es weiter heißt.

Zurückhaltend bis ablehnend äußern sich auch die ürigen acht Bundesländer. Während man im Saarland "Ergebnis und Erfahrungen zunächst einmal abwarten" will, lehnt Thüringen den Vorstoß ab. "Man kann nicht für mehr Gemeinsamkeit sorgen, indem man neue Insellösungen schafft, wie es die drei Herren nun tun", erklärt ein Sprecher des zuständigen Ministeriums.

Unverständnis über den Alleingang der drei Unionsherren äußert auch die stellvertrende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marianne Demmer. "Die drei Minister wollen damit vor allem die CDU-Bundeszentrale und speziell Bildungsministerin Schavan treffen. Es geht ihnen nur darum, ihren geliebten Föderalismus und eigenen Einfluss zu verteidigen", sagt sie.

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5 Kommentare

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  • G
    grafinger

    Weist Du was, "Gustav", was Du "glaubst" , "kaum glaubst" oder was Du "für Schwachsinn" (sic!) hältst kannst Du gerne emprisch überprüfen indem Du Dir die Zwischen- und Lehrabschlussprüfungen eines x-beliebigen Ausbildungsberufes der letzten 20 Jahre mit den dazu gehörigen Notendurchschnitten bei Deiner lokalen IHK oder HK ansiehst.

    Und ich bin nicht nur Ausbilder sondern auch noch Vater zweier Gymnasiasten und weis sehr wohl, welche Lerninhalte in den derzeit gültigen Bildungs- und kurrikularen Lehrplänen ersatzlos gestrichen wurden.

    Also, bitte mache Dich erst einmal kundig bevor Du Deine Thesen aufstellst. Was glaubst Du warum die Nachhilfeindustrie denn so floriert? Etwa weil die Schulen so gut siond (SCNR)?

  • G
    Gustav

    Ich glaube schon, dass Kinder an integrierten Schulen mit entsprechender Durchlässigkeit zwischen den Leistungsniveaus besser lernen können, als wenn sie von anfang an in ein System gesteckt werden, aus dem sie dann bis zu ihrem Abschluss nicht mehr rauskommen. Daher bin ich für die Gesamtschule mit gymnasialen Zweig. Zumal nur dieses System dem entspricht, was sämtliche Bildungspolitiker seit Jahren versprechen: fördern und nicht fordern!!!

    Das soll natürlich nicht heißen, dass ich mich gegen das Leistungsprinzip ausspreche. Doch jeder Schüler hat individuelle Stärken wie auch Schwächen, die es individuell zu unterstützen bzw. zu verbessern gilt.

    Die Behauptung, dass das heutige Abitur einer bayrischen mittleren Reife der 80er Jahre entspricht, halte ich für kompletten Schwachsinn.

    Und lieber Grafinger ganz ehrlich: Wenn eine "fundierte Bildung" heute Aufgabe der Eltern und nicht mehr der Schule sein soll, dann gute Nacht. Ich glaube kaum ein Erziehungsberechtigter ist in der Lage z.B. Integral- und Differenzialrechnung oder die Berechnung der Oxidationszahlen zu vermitteln...

  • G
    grafinger

    Warum werden nicht, egal ob auf auf Bundes- oder Länderebene, die realen Verhältnisse einmal berücksichtigt?

    Da die Bildungsysteme bedingt durch jahrelange ideologische Gleichmacherei inzwischen kaum mehr als einen Grundbedarf an Wissen vermitteln ist der Erwerb einer fundierten Bildung sowieso zur Aufgabe der Eltern geworden.

    Und da ist es herzlich egal ob die Kinder in einer geteilten oder in einer integrierten Schule nichts lernen.

    Sorry, aber als Ausbilder habe ich genug Erfahrung mit den "Kenntnissen und Kompetenzen" meiner Auszubildenden aus dem gesamten Bundesgebiet um mir ein Urteil erlauben zu können.

    Auszubildende aus Gesamtschulen stehen durchweg mies da, allerdings sind ihre Kollegen aus geteilten Schulsystemen auch nicht soo viel besser.

    Allgemein kann ich sagen dass das Niveau einer allgemeinen Hochschulreife von heute einer bayerischen "Mittleren Reife" der 80er Jahre plus einer zweiten Fremdsprache entspricht.

    Und daran werden auch nach unten angepasste bundeseinheitliche Bildungspläne nichts ändern.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Volkes stimme ist hier gefragt

    Der Weg zum Einheits-Abitur wird erschwert,da nicht alle Kultusministerien mitspielen.

    Ein Volksbegehren wäre angebracht,dass darüber befinden sollte,wie sie zum Einheits-Abitur stehen.

    An Volkes Stimme sllte keine einseitige Entscheidung getroffen werden.Wir sind die bürger des Staates bundesrepublik-Deutschland ,dies sollte zum Ausdruck kommen.

  • BA
    Bayerischer Abiturientenvater

    Der Vorschlag der drei gescholtenen Minister zielt letztlich dahin, die ungerechtfertigte Gleichsetzung unterschiedlich zu Stande gekommener Abiturnoten zu thematisieren.

    Man mag unterschiedlicher Meinung, ob Abiturnoten bei der Vergabe einbezogen werden sollen oder ob Studienplätze einfach unter den Bewerbern verlost werden sollen. Da die Noten aber ein wesentliches Kriterium für die bundesweit geregelte Zulassung zum Studium in NC-Fächern sind, wäre es schon schön, wenn diese vergleichbar wären. Das sind sie aber nicht.

    Die Gegenstimmen ... "zunächst einmal abwarten" (könnte sich sonst ja tatsächlich was ändern zum Nachteil der eigenen Klientel) ... "Man kann nicht für mehr Gemeinsamkeit sorgen, indem man neue Insellösungen schafft, wie es die drei Herren nun tun" / " Alleingang der drei Unionsherren ..." / "Es geht ihnen nur darum, ihren geliebten Föderalismus und eigenen Einfluss zu verteidigen" (wie bitte? ein Ansatz in Richtung Vergleichbarkeit wäre doch wohl genau das Gegenteil des durch die Zustandsverteidiger Behaupteten !)

     

    Und so geht das Theater des Zementierens der real existierenden föderalen Insellösungs-Pluralität seit Jahrzehnten weiter.

    Ätzendes Beispiel gefällig? Kinder solventer Bayern-Eltern gehen nach in BY gescheiterter gymnasialer Mittelstufe typischerweise nach Hessen ins Privat-Internat, dort mit gut bezahlter und gecoachter Beschulung und Hausi-Intensiv-Betreuung mit hervorragenden Privatinternats-Jahrgangsnoten ins dortige Zentral-Abi und kommen mit einem Schnitt nach Haus, der die ehemaligen Mitschüler erblassen lässt.

     

    Ein Hoch auf die Bildungsgerechtigkeit !