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Vorstoß des Hamburger JustizsenatorsContainern soll legalisiert werden

Justizsenator Till Steffen will Lebensmittelrettungen entkriminalisieren. Alternativ könnte ein Wegwerfverbot für Nahrung kommen.

Möglicherweise wird Supermärkten das Wegwerfen von Lebensmitteln verboten Foto: imago-images/Jochen Tack

Berlin taz | Der Hamburger Justizminister Till Steffen (Die Grünen) will das so genannte Containern legalisieren. Er wird einen entsprechenden Antrag in die Konferenz der Justizminister einbringen, die am Mittwoch und Donnerstag in Travemünde tagt. Beim Containern holen SammlerInnen Lebensmittel aus Abfallbehältern etwa von Supermärkten.

In Deutschland werden jedes Jahr riesige Mengen von Lebensmitteln in den Müll geworfen. WissenschaftlerInnen der Universität Stuttgart zufolge werden in Deutschland jährlich fast 13 Millionen Tonnen Lebensmittel entsorgt, der Naturschutzorganisation WWF geht gar von jährlich mehr als 18 Millionen Tonnen aus. SammlerInnen, die Lebensmittel aus dem Müll holen, werden immer wieder vor Gericht gestellt.

„Dass Menschen auch noch strafrechtlich verfolgt werden, die beim Containern gegen diese Verschwendung aktiv werden, finde ich falsch“, sagte Steffen. Nach derzeitiger Rechtslage sind Lebensmittel in Müllbehältern nicht besitzlos, sondern ein „Übereignungsangebot“ der EigentümerInnen an Entsorgungsfirmen. Da es sich um eine rechtliche Grauzone handelt, fallen die Urteile unterschiedlich aus. In München zum Beispiel wurden AktivistInnen zu Sozialstunden und Geldstrafen auf Bewährung verurteilt. Zuletzt waren Mitte März LebensmittelretterInnen in Hannover freigesprochen worden.

Um solchen Verfahren ein Ende zu bereiten, beschreibt der Hamburger Justizminister in der Beschlussvorlage für Tagesordnungspunkt 11 der Konferenz verschiedene Wege: eine Änderung des Strafgesetzbuches, indem die entsprechenden Paragrafen gestrichen werden, oder des Bürgerlichen Gesetzbuches, indem der Begriff der Eigentumsaufgabe neu gefasst wird. „Noch nachhaltiger wäre natürlich eine Lösung, die verbietet, noch genießbare Lebensmittel überhaupt wegzuwerfen“, sagte Steffen. Denn damit würde sich das Containern erübrigen.

Bundesjustizministerium für Umsetzung zuständig

In Frankreich gibt es bereits ein Gesetz, dass Supermärkten mit einer Fläche von mehr als 400 Quadratmetern verpflichtet, eine Partnerschaft mit einer Hilfsorganisation abzuschließen, die unverkaufte Lebensmittel abnimmt. Auch in Tschechien müssen LebensmittelhändlerInnen unverkaufte Waren spenden.

Ob die JustizministerInnenkonferenz dem Antrag aus Hamburg zustimmt, ist offen. Sollte das geschehen, wird der Beschluss dem Bundesjustizministerium übermittelt, das für die Umsetzung zuständig ist. Der Hamburger Justizminister ist nicht der erste, der für eine Legalisierung ist. Die Linkspartei im Bundestag etwa hat im Februar in einem Antrag die Entkriminalisierung von Containern gefordert.

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13 Kommentare

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  • Der “Containerprozess Witzenhausen“ im nordhessischen Eschwege endete vor 5 Jahren mit Freispruch:

    containerprozesswiz.blogsport.de/

  • 👍

    Guter Artikel



    & Gute Sache ...

    Goodluck weiterhin ...

  • Es ist schon ein Spiegelbild der Gesellschaft, wenn Müllvermeidung durch Nutzung von "Müll" bereits geahndet wird. Ein Großteil vom Supermarkt-Bio-Müll ist in Plastik verpackt und kommt so in die Kompostanlage und damit auf den Acker. Da könnte doch mal geklagt werden?

  • Im Müll findet sich so manch Brauchbares. Früher Fahrräder auf dem Sperrmüll, heute angegangene Lebensmittel. Das Raussuchen noch zu nutzender Dinge ist ja lobenswert, allerdings hinterlassen die Tonnenwühler oft ein Müllchaos neben den Tonnen - darum sind viele Marktleiter von den Aktivitäten genervt. Und: Das meiste an abgelaufenen Lebensmitteln geht heute sowieso zu den Tafeln.

    Ein gefordertes Wegwerfverbot für verdorbene Lebensmittel ist offenkundig weltfremder Unfug. Statt dessen sollte sich der Herr Steffen doch bereit erklären, daß man ihm abgelaufene und verdorbene Lebensmittel in seinem Ministerium einfach vorbeibringen möge...

    • @Wellmann Juergen:

      "Das meiste an abgelaufenen Lebensmitteln geht heute sowieso zu den Tafeln."



      wenn es so wär, wärs prima. ist aber nicht so. supermärkte haben oft verträge mit entsorgern, die den müllverbrennungsanlagen eine müllmenge garantieren.... und wenn dann der container am samstag abend noch nicht voll genug ist für die mindestmenge wird halt noch ein bisschen penibler aussortiert. anscheinend ist das immer noch lukrativer, als jemanden zum aussortieren hin zu stellen.

      und selbst bei den tafeln werfen manchmal leute den beutel clementinen weg, weil darin 3 matschig sind. hängt immer von den personen ab, die grade da sind.

  • Wegwerfverbot und Containern freigeben klingt gut. Spenden finde ich am Besten

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Eigentlich könnte einem dabei richtig schwindlig werden, wenn man mal darüber nachdenkt, was Politik könnte, wenn sie wollte.



    Da kommt ein einzelner Justizsenator daher und wird (warscheinlich) das Containern legalisieren. Jahrzehntelang wurden wertvolle Lebensmittel zu viel produziert und am Ende weggeworfen, Leute, denen nichts anderes übrig blieb, als in die Tonne zu schauen, wurden kriminalisiert und der Istzustand blieb erhalten: Produzieren, bis der Geldsack voll ist, dann wegwerfen, daß nur ja nicht arme Menschen davon profitieren.



    Ein einzelner Politiker kann einen grandiosen sozialen Mißstand, einen unsinnigen agrar- und marktpolitischen Mißstand beseitigen, wenn er nur will.



    Die Regierungen sollten angeklagr werden wegen permanenter unterlassener Hilfeleistung und permanter massiver Unterstützung von Mißständen.

    • @91672 (Profil gelöscht):

      Ich bin ganz deiner Meinung.



      Leider leben wir nicht in einer Demokratie, in der wir die Volksvertreter wegen



      Missachtung ihrer Pflichten anklagen könnten. Wir leben in einem System, in dem die Politiker nur so viel für die Menschen tun, wie sie müssen. Ansonsten sind sie den Interessen von Mächtigen vor allem in der Wirtschaft verpflichtet.



      Es ist nicht so einfach, Demokratie herbeizuführen. Aber wir sollten daran arbeiten.

  • Schlimm genug, dass in dieser reichen Stadt Menschen das Leben von Ratten führen müssen - Im Müll wühlen, in Gebüschen nächtigen...



    Aber Steffen zeigt sich progressiv: Es darf wieder legal im Müll gesucht und geschüffelt werden!

    Hoffentlich zeigen Die Grünen bei der Umsetzung von FFF's Botschaft ein winziges Bisschen mehr Elan!

    • @amigo:

      Ich war schon immer ein Digger der die abgefahrensten Dinge aus Containern gefischt hat.



      Abgesehen davon das ich dadurch speise wie ein Fürst,ich geh natürlich nicht zu Penny oder Lidl,ist mir viel zu pofelig,ich bevorzuge Biosupermärkte oder solche Edelketten wie MitteMeer,da gibts dann auch schonmal ein paar Kisten Austern...schlüüürf

    • @amigo:

      supermarkt containern unterscheidet sich stark vom wühlen in abfalleimern!

      in der regel sind es eher junge leute, (u.a., weil man dafür idr klettern können muss). den meisten geht es dabei um das "retten" von lebensmitteln und den ansatz, ressourcen zu schonen. was sie nicht selbst nutzen kommt zu foodsharing sammelstellen.