Vorsorge gegen Bankenpleiten: Zwang zum Eigenkapital

Um den "Teufelskreis des Misstrauens" zu durchbrechen, fordert die EU eine verpflichtende Rekapitalisierung der Banken. Deutschland hingegen bremst.

Bankenretter: EU-Kommissionpräsident José Manuel Barroso. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | Europas Banken sollen gezwungen werden, sich mit mehr Eigenkapital auszustatten, um die Eurokrise und einen möglichen Schuldenschnitt in Griechenland zu überstehen. Entsprechende Vorschläge haben am Mittwoch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker vorgelegt. Das letzte Wort hat allerdings die Europäische Bankenaufsicht EBA - und Deutschland, das sich bisher gegen den Zwang zur Rekapitalisierung sträubt.

Es sei noch keine Entscheidung gefallen, sagte der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Die Bundesregierung wolle zunächst die Vorschläge der EBA abwarten. Nach einem Bericht der britischen Financial Times fordert die Aufsichtsbehörde, die sogenannte Kernkapitalquote der Banken auf 9 Prozent zu erhöhen. Das würde bedeuten, dass sich deutsche und europäische Banken mit frischem Kapital in Höhe von 275 Milliarden Euro versorgen müssen.

Am Kapitalmarkt ist dies kaum zu schaffen. Dennoch forderte Juncker, dass sich notleidende Banken zunächst an den Märkten versorgen sollten. Sollte dies nicht gelingen, könnten die Staaten einspringen und ihre Banken refinanzieren. Allerdings dürfte dies kein Verlustgeschäft für den Staat sein; die Stützung müsse auch den Steuerzahlern zugutekommen. Indirekt sprach sich Juncker damit für eine Verstaatlichung notleidender Banken aus.

Einen ähnlichen Plan stellte Barroso vor. Es gehe darum, den "Teufelskreis des Misstrauens" in die Banken zu beenden, sagte er im Europaparlament. Dazu solle die Eigenkapitalrate bei systemrelevanten Banken vorübergehend erhöht werden. Eine Zahl nannte Barroso nicht; er ließ auch offen, welche Institute betroffen wären. Eine staatlich gestützte Bank dürfe keine Dividenden oder Boni auszahlen, forderte der Kommissionschef. Außerdem müssten sich die Regierungen an die EU-Regeln für Staatshilfen halten.

Kollaps trotz Stresstest

Am Montag war in Belgien die Dexia-Bank unter dem Druck der Schuldenkrise zusammengebrochen. Das belgisch-französische Institut wurde zerschlagen, der belgische Teil geht in Staatshände. Dexia hatte, wie die meisten europäischen Banken, den sogenannten Stresstest auf finanzielle Belastbarkeit noch im Sommer problemlos überstanden. Der Crash nährt nun die Sorge, auch andere Banken könnten ins Taumeln geraten. Deshalb sollen bis zum EU-Gipfel Ende Oktober Entscheidungen fallen.

Allerdings ist die Bankenkrise nur ein Aspekt der sich ausweitenden Eurokrise. Am Dienstagabend kam ein weiteres Problem hinzu: Die Slowakei weigerte sich im ersten Anlauf, die Erweiterung des Eurorettungsschirms EFSF abzusegnen. Trotz massiven Drucks hatte das Parlament in Bratislava gegen den EFSF gestimmt und - da das Votum mit einer Vertrauensfrage verbunden war - gleich noch die Regierung gestürzt.

Nun bemüht sich die EU um Schadensbegrenzung. "Wir rufen alle Parteien des slowakischen Parlaments auf, kurzfristige politische Überlegungen hinter sich zu lassen und die nächste Gelegenheit zu nutzen, um schnell ein neues Abkommen anzunehmen", hieß es in einer Erklärung von Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy.

Der erweiterte EFSF wird gebraucht, um die Eurozone vor einer Eskalation der Schuldenkrise zu schützen. Der 440 Milliarden schwere Fonds soll unter anderem genutzt werden, um strauchelnde Banken zu rekapitalisieren oder kriselnde Euroländer zu stützen. Über die Details wird derzeit hinter den Kulissen in Brüssel verhandelt. Auch hier steht Deutschland auf der Bremse: Die Bundesregierung möchte verhindern, dass EFSF-Hilfen allzu freigiebig vergeben werden - und am Ende Deutschland für die Stützung der Banken etwa in Frankreich zahlen muss.

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