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Vorschlag von IntegrationsbeauftragterRoma-Wohnheim stößt auf Kritik

Opposition und Verbände halten wenig vom Vorschlag der Integrationsbeauftragten Lüke. Sie hatte in der taz eine Obdachlosenunterkunft für Roma-Familien gefordert.

Was tun, wenn Roma-Familien in Berlin obdachlos werden? Bild: dpa

Die Oppositionsparteien und Verbände reagieren kritisch auf die Ankündigung der Integrationsbeauftragten Monika Lüke, ein Obdachlosenheim für Roma-Familien einzurichten. Der Flüchtlingsrat sowie die Roma-Selbstorganisation Amaro Foro halten den Ansatz sogar für grundsätzlich falsch: „Was wir brauchen, sind keine Heime für Roma, sondern eine funktionierende Wohnungspolitik“, sagte Georg Classen vom Flüchtlingsrat der taz.

Lüke hatte im taz-Interview angekündigt, im Rahmen des sogenannten Roma-Aktionsplans, der gerade erarbeitet wird, ein Wohnheim für obdachlose Familien einzurichten. Der Aktionsplan befasst sich vor allem mit den Themen Wohnen, Gesundheit, Bildung und Ausbildung. Auf diesen Gebieten sehen Landes- und Bezirkspolitiker den größten Handlungsbedarf im Zusammenhang mit den Zuwanderern aus Bulgarien und Rumänien. Diese seien in der Regel Roma, erklärte Lüke.

Auf das allgemeine Problem der Obdachlosigkeit von Familien hatte Amaro Foro schon im vorigen Jahr aufmerksam gemacht und eine Familienunterkunft gefordert. Mit der Behandlung dieses Problems im Rahmen eines Roma-Aktionsplans ist der Verein aber nicht glücklich. Obdachlosigkeit sei kein „Roma-Problem“, sondern ein sozialpolitisches, erklärt Amaro Foro in einer Pressemitteilung.

Ähnlich argumentiert Classen vom Flüchtlingsrat. Der Roma-Aktionsplan sei im Ansatz diskriminierend, „denn er schreibt einer Ethnie Probleme zu, die politisch verursacht worden sind“. Als Beispiel nennt Classen den Mangel an medizinischer Versorgung infolge der Tatsache, dass viele Einwanderer aus Osteuropa keine Krankenversicherung haben. Eigentlich, sagt Classen, müssten die Menschen in Deutschland krankenversichert werden, wenn sie sich hier dauerhaft niederlassen. Das aber können sich viele nicht leisten – etwa weil sie nur eingeschränkt arbeiten dürfen, wie Rumänen und Bulgaren, für die es erst ab 2014 volle Freizügigkeit geben wird.

„Gleichzeitig werden die Menschen aus dem Hartz-IV-System ausgeschlossen“, sagt Classen: Die Jobcenter weigerten sich, die Einwanderer aufzunehmen. Infolgedessen weigerten sich auch die Krankenkassen, deren Beiträge sonst vom Jobcenter gezahlt würden. „Das ist europarechtlich hoch umstritten“, so Classen. Jeder zweite Betroffene, der gegen das Jobcenter klagt, gewinne.

Auch Obdachlosigkeit sei kein spezielles Roma-Problem, erklärt Classen. „Schon immer müssen Familien untergebracht werden, die obdachlos werden – und sie werden untergebracht, schon immer. Egal ob rothaarig oder Roma.“ Wenn man nun ein weiteres Obdachlosenheim benötige, sei das ein Armutszeugnis für die Berliner Wohnungspolitik.

Dagegen kann die partizipationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Susanna Kahlefeld, einem Heim für obdachlose Roma-Familien durchaus etwas abgewinnen. Allerdings sei eine solche Einrichtung nur sinnvoll, wenn der Senat gleichzeitig wirkungsvoll gegen kriminelle Vermieter vorgehe, die Roma „illegal ohne Räumungstitel“ räumen lassen. „Sonst gibt es ein fatales Signal, wenn Menschen aus ihren Wohnungen in das neue Heim geräumt werden.“ Solche Vermieter, die mit horrenden Mieten Kapital aus der Zwangslage der Roma schlagen, seien das eigentliche Problem.

Hakan Tas, partizipationspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, begrüßt das Vorhaben zwar als „grundsätzlich sinnvoll“. Allerdings habe er Zweifel, dass „das mit der CDU zu machen ist“ und die Integrationsbeauftragte Gelder für das Heim bekommt.

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2 Kommentare

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  • D
    Desillusionist

    "(...) partizipationspolitische Sprecherin (...)" - ich musste das mehrmals lesen, weil ich es für einen Witz gehalten habe. Wir sollten für jeden Einwanderer einen "Partizipations-Coach" einführen, dann wäre die Arbeitslosigkeit in Deutschland für alle Zeiten vorbei. Hurra!

  • B
    boateng

    Sinnvoll sind solche Heime vor allem in den schicken Wohngegenden mit hohem Anteil grüner Wählerschaften.

    Nur dort kann von einer entsprechenden Willkommenskultur ausgegangen werden.