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■ Vorlauf„Ungleiche“ Liebe

„Er war gerade 18 Jahr: Wenn Frauen jüngere Männer lieben“, So., ab 20.45, Arte

Die Gesellschaft hat sich verändert, doch nicht in jedem Winkel ihres Überbaus. Männliche Dominanz zeigt sich u. a. in der Norm, dass Männer immer noch mindestens so alt wie ihre Partnerinnen sein sollen. Ein Themenabend bei Arte befasst sich mit der Liebe zwischen älteren Frauen und jüngeren Männern. Seine interessanteste Frage lautet: Warum gönnt die Gesellschaft der älteren Frau den jüngeren Mann immer noch nicht? Denn das tut sie, indem sie den beiden „keine Zukunft“ prophezeit. Die Gesellschaft unterstellt solchen Paaren vor allem „niedere Motive“: Der junge Mann sei auf das Geld der älteren Geliebten aus oder habe einen Mutterkomplex. Der Frau gehe es nur um Spaß im Bett und Verjüngung. Doch warum soll Letzteres schlecht sein? Wenn alte Männer darum junge Frauen heiraten, geht das ja auch in Ordnung. Umgekehrt gilt es als so unschicklich wie bei „Harold und Maude“ (20.45).

Maria von Welser hat in ihrer Reportage „Mein Geliebter ist jünger“ (22.15) vier Paare befragt. Zum eErsten fällt auf: Alle Befragten sind verheiratet. Die Ehe kann einem „ungleichen“ Paar durchaus Rückhalt geben. Zum Zweiten: Bei drei Paaren ist die Frau eine mehr oder weniger Prominente, die vierte „ältere Frau“ arbeitet als Psychotherapeutin. Welsers Auswahl illustriert, dass berühmte ältere Frauen sich erfolgreicher gegen die gesellschaftliche Norm durchsetzen, weil die Abweichung zu ihrer Rolle als Prominente gehört. Leider weiß der Zuschauer das längst. Die Selbstauskünfte der einzeln und zusammen interviewten Partner werden von der in Vancouver lehrenden Frauenforscherin Ursula Richter (ebenfalls mit einem jüngeren Mann liiert) verallgemeinert. Der Zuschauer empfindet dennoch als Manko, dass „Mein Geliebter ist jünger“ sich nur an die gut situierten Schichten wendet. Dasselbe tut das Melodram „Jedes Ende ist ein neuer Anfang“ (23.35), außerdem mutet es einem das traditionellste aller Enden einer ungleichen Liebe zu – den Tod. Anke Westphal

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