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Vorkaufsrecht in Berlin-NeuköllnDruck auf Investor wirkt

Erstmals seit Jahren wurde nun für ein Haus eine Abwendungsvereinbarung mit einem Investor getroffen. Sollte das nicht greifen, kommt das Vorkaufsrecht.

Im Milieuschutzgebiet: Das Haus an der Ecke Braunschweiger Straße/Richardstraße in Neukölln Foto: privat

Berlin taz | Die Mie­te­r:in­nen des Hauses an der Ecke Braunschweiger Straße/Richardstraße in Neukölln können fürs Erste aufatmen. Nach der Ankündigung des Bezirksamts Neukölln, für das Haus das Vorkaufsrecht zu ziehen, hat sich der Investor jetzt auf eine Abwendungsvereinbarung eingelassen. Das teilte Neuköllns Baustadtrat Jochen Biedermann (Grüne) am Mittwochabend der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) mit.

Das Bezirksamt wollte eigentlich das Vorkaufsrecht für das Haus wahrnehmen, sollte sich ein landeseigenes Wohnungsunternehmen oder eine Genossenschaft finden, um das Gebäude zu kaufen. Mie­te­r:in­nen der „RichiBrauni“ hatten erst in der vergangenen Woche öffentlichkeitswirksam dafür demonstriert. Unter anderem, weil der Eigentümer gegen Vorgaben zum Milieuschutz verstoßen habe.

Auch Po­li­ti­ke­r:in­nen von SPD, Grünen und Linken hatten sich mit dem Protest solidarisiert. „Dieser öffentliche Druck hat dazu geführt, dass wir die erste Abwendungsvereinbarung seit dem Urteil des Verwaltungsgerichts abschließen konnten“, so Jochen Biedermann.

Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom November 2021 kann das Vorverkaufsrecht nur noch in sehr engen Grenzen angewandt werden, etwa wenn bauliche Mängel vorherrschen. In Berlin wurde seit dem Urteil erst zweimal Gebrauch davon gemacht, im September 2023 bei einem Haus in der Neuköllner Weichselstraße und im Mai 2024 beim Tuntenhaus in Pankow.

Hoffnung auf Rückkehr des Vorkaufsrechts

Dass nun eine Abwendungsvereinbarung getroffen wurde, stärkt bei einigen die Hoffnung auf eine Rückkehr des Vorkaufsrechts. Die Neuköllner Grünen-Fraktion forderte in diesem Zusammenhang „dauerhafte Lösungen für alle von Verdrängung bedrohten Mieter:innen“.

Mit der Vereinbarung verpflichtet sich der private Investor zum Beispiel dazu, keine Modernisierungsarbeiten oder ähnliche mietsteigernden Maßnahmen durchzuführen. Die habe der Käufer jedoch bereits durchführen lassen, sagte Biedermann. Und zwar illegal, denn das Haus befindet sich in einem Milieuschutzgebiet und die Maßnahmen seien niemals genehmigt worden.

Dieser Umstand habe die Anwendung des Vorkaufsrechts erst möglich gemacht. Vorerst ist aber erst mal der Investor am Zug, den Verpflichtungen aus der Abwendungserklärung nachzukommen.

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