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Vor kurzem noch waren Milliarden Peanuts

betr.: „Letzte Mahnung“, taz vom 8. 12. 99

Als ich gestern Vormittag die Titelseite der taz kurz durchsah, dachte ich mir, dass 65 Firmen, die sich an der Stiftungsinitative nicht beteiligen wollen, eine ganze Menge sind. Gegen Nachmittag wollte ich mich dann einer etwas ausgiebigeren Lektüre der taz widmen und war geschockt, als ich die zweite Seite aufschlug und sah, dass die Liste der zahlungsunwilligen Firmen mit der ersten Seite noch lange nicht zu Ende war. Das Ganze wird noch obskurer, wenn man sich bewusst macht, dass bisher nur zirka 60 Firmen der Stiftungsinitiative angehören, also nur ein mageres Fünftel von den noch bestehenden Firmen, die während des „Dritten Reichs“ Zwangsarbeiter beschäftigten. Das ist ungefähr so, als würde sich eine 180-Kilo-Person vor einem Verhungernden den Bauch vollschlagen und ihm die Reste überlassen – oder stehen diese 257 Firmen alle kurz vor dem Bankrott? Nicht diese acht Milliarden sind eine Schande, sondern dieses magere Fünftel.

Wenn man bedenkt, wie viel zusammenkommen könnte, ohne dass es irgendeiner dieser Firmen geschäftlich „weh tun würde“. Wäre das zu viel Geld? Zu viel Geld für die heute noch Lebenden? Deren Verwandte und Freunde damals umkamen und bis heute noch nicht wieder zum Leben erweckt werden konnten. Die wahrscheinlich bis heute Alpträume haben und die Demütigungen und Hilflosigkeit, die sie damals erfahren mussten, nie vergessen, nie verarbeiten können. Auch die verlorene Zeit wird ihnen niemand mehr wieder geben können.

Es ist schon richtig, das ganze Geld kann leider nichts rückgängig machen, aber es hätte ein Zeichen dafür sein können, dass wir es gerne rückgängig machen würden, dass wir unsere Geschichte nicht verleugnen, dass wir nicht wie viele unserer Großeltern von nichts wissen, dass wir die Verantwortung gegenüber unserer Geschichte übernehmen und auch in Zukunft dazu beitragen wollen, dass sich so etwas nicht mehr wiederholen kann. Sind es die Opfer nicht wert, dass sie unseren guten Willen erfahren? Müssen wir sie wirklich mit uns um Geld feilschen lassen, das für über 320 Firmen ein Leichtes wäre aufzubringen, ohne dass es irgendeiner dieser Firmen auch nur annäherungsweise „weh täte“?! Anita Wiora, Augsburg

Diese „Letzte Mahnung“ hat Klasse.

Hoffentlich boykottieren viele, viele Menschen die unterschiedlichen Produkte der Firmen. Ich zum Beispiel brauche keinen Bahlsen-Keks, keinen AGFA-Film, weder WMF-Bestecke noch eine Waschmaschine von Miele. Und was meinen Vorwerk-Staubsauger angeht: Verschrotten werde ich ihn nicht, aber ich werde es jedem ins „Ohr schreien“, dass selbige Firma Nazis unterstützte und Zwangsarbeiter(innen) am Hungertuch nagen ließ.

Schande und noch mal Schande über diese „hyperegoistischen“ Blutegel. Vor kurzem bezeichneten noch solche Menschen Milliarden als Peanuts. Antje Baltaci, Heusenstamm

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