Vor drei Wochen besetzte Irak Kuwait - seitdem wächst die Kriegsgefahr Tag für Tag

■ Der Streit um ein Ölfeld war der Anlaß zu einer Krise, in die immer mehr Staaten militärisch verwickelt sind / Am Golf sind riesige Truppenkontingente versammmelt

CHRONOLOGIE DER KRISE AM GOLF

Am 1. August scheitern im saudiarabischen Dschidda die irakisch-kuwaitischen Gespräche zur Beilegung des zwischen beiden Staaten bestehenden Öl-Konflikts. Die Grenzen zwischen Irak und Kuwait werden geschlossen.

Am 2. August um 02.00 Uhr Ortszeit überschreiten irakische Truppen die kuwaitische Grenze und besetzen innerhalb weniger Stunden die Hauptstadt Kuwait-City und große Teile des Öl-Emirats. Dem regierenden kuwaitischen Emir, Scheikh Dschabir al-Ahmed as-Sabah gelingt die Flucht ins nachbarliche Saudi-Arabien. Vom UN-Sicherheitsrat wird der Überfall verurteilt und der sofortige Abzug der Bagdader Invasoren gefordert. US-Präsident Bush ordnet das Einfrieren der irakischen und kuwaitischen Vermögenswerte an.

Am 3. August dringen irakische Verbände bis nahe an die saudische Grenze vor. Der Außenministerrat der Arabischen Liga verurteilt in einer mehrheitlich angenommenen Resolution den Überfall und fordert den sofortigen Rückzug der Iraker. Gleichzeitig wendet er sich aber gegen jede äußere Einmischung. Die Außenminister der USA und der UdSSR geben in Moskau eine gemeinsame Erklärung ab, in der die Aggression verurteilt, die unverzügliche Durchsetzung der entsprechenden Resolution des UN-Sicherheitsrates und der Abzug der Invasoren verlangt werden. Die USA beginnen mit der Umsetzung des von Präsident Bush beschlossenen Wirtschaftsembargos gegen Irak.

Bagdad installiert am 4. August eine „Freie Provisorische Regierung Kuwaits“ Die US-Presse berichtet von irakischen Truppenkonzentrationen an der Grenze zwischen Kuwait und Saudi-Arabien. Die EG beschließt die Verhängung eines Ölboykotts gegen die beiden Länder sowie ein Waffenembargo gegen Irak. Auch die 19. Außenministertagung der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) verurteilt in Kairo die irakische Aggression.

UN verhängt Sanktionen, Bush entsendet Truppen, Irak annektiert Kuwait

Der irakische Präsident Saddam Hussein ordnet am 5.August die Aufstellung von 11 zusätzlichen Armeedivisionen an. Unterdessen nimmt der UN-Sicherheitsrat Beratungen über wirtschaftliche Sanktionen gegen Bagdad auf und verhängt am 6. August - bei Stimmenthaltung des Jemen und Kubas weltweit verbindliche Wirtschaftssanktionen gegen den Irak.

Am 7. August verfügt die EG ein generelles Handelsembargo über den Irak und Kuwait. Die durch die Türkei führenden Pipelines werden abgestellt. Präsident Bush gibt nun den Befehl zur Entsendung von US-Truppen nach Saudi -Arabien, um das Königreich im Falle eines irakischen Angriffs zu verteidigen.

Am 8. August gibt der Irak die Annexion Kuwaits bekannt, die „Verschmelzung“ wird als „total und unumkehrbar“ bezeichnet. Das Pentagon teilt mit, daß 54 Kriegsschiffe in den Gewässern nahe Iraks stationiert werden. Große Truppenkontingente, 140 Kampfflugzeuge und Bomber sowie schwere Panzer sollen aus den USA nach Saudi -Arabien verlegt werden.

Ab dem 9. August läßt der Irak nur noch Diplomaten aus und einreisen und hält damit Hunderte aus Kuwait in Bagdader Hotels verfrachtete Ausländer als Geiseln. Saddam Hussein ruft am 10. August über Rundfunk und Fernsehen die Araber zum „Aufstand gegen ausländische Einmischung im Golf“ auf. In Brüssel sprechen die EG-Außenminister ihre Haltung in der Golfkrise ab. Es werden enge Kontakte mit den arabischen Regierungen befürwortet. Auf einer Außenministertagung der Nato-Staaten wird die militärische Aktion der USA begrüßt. Die Arabische Liga beschließt auf einem Krisengipfel in Kairo mit knapper Mehrheit, entsprechend dem Ersuchen Riads eine arabische Streitmacht nach Saudi-Arabien und in andere arabische Golfstaaten zu entsenden. UdSSR-Präsident Michail Gorbatschow appelliert in einer Botschaft an die arabischen Führer, den Konflikt friedlich zu lösen.

Iraks Präsident verknüpft am 12. August in einer Botschaft den Abzug seiner Truppen aus Kuwait mit der Freigabe der besetzten arabischen Gebiete durch Israel. Ferner sollen unter der Aufsicht des UN-Sicherheitsrates stehende arabische Streitkräfte die Truppen der USA und anderer westlicher Länder in Saudi-Arabien ersetzen. Die USA lehnen die Vorschläge Husseins kategorisch ab.

13. August: Die USA und Großbritannien zeigen sich entschlossen, die Handelsblockade gegen Irak erforderlichenfalls auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Am Flottenaufmarsch in der Golfregion beteiligen sich mittlerweile Großbritannien, Frankreich, die Niederlande und Australien. Der UNO-Sicherheitsrat spricht sich in New York für die Fortführung kollektiver Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft gegen Irak aus.

Die USA schlagen am 14. August die Schaffung eines gemeinsamen militärischen Kommandos der im Persischen Golf stationierten Flotteneinheiten verschiedener Staaten vor, das unter UNO-Hoheit stehen soll. Die UdSSR spricht sich gegen die Anwendung von Gewalt bei der Durchsetzung der von der UNO gegen Irak verhängten Sanktionen aus. Der irakische Botschafter in Paris erklärt, sein Land mache das Schicksal der in Kuwait und Irak festgehaltenen Ausländer vom Verhalten ihrer Regierungen abhängig.

Truppenaufmärsche, Seeblockade, Geiselnahme

Am 15. August kündigt Saddam Hussein überraschend den Rückzug der irakischen Truppen aus Iran sowie einen Austausch der Kriegsgefangenen an.

In den USA treffen am 16. August Präsident Bush und Jordaniens KÖnig Hussein zu einer Unterredung zusammen, wobei das jordanische Staatsoberhaupt der Forderung Washingtons nach Schließung des Hafens Aqaba für den irakischen Handel offenbar nicht nachgibt.

Die US-amerikanische Marine stoppt am 17. August erstmals zwei irakische Frachtschiffe, nachdem das Pentagon „Abfangzonen“ in den internationalen Gewässern rings um Irak und Kuwait festgelegt hatte. Irak beginnt mit dem Truppenrückzug aus Iran sowie dem Kriegsgefangenenaustausch.

Bagdad warnt am 18. August vor den Konsequenzen des Handelsembargos für die im Irak und Kuwait festgehaltenen Ausländer. Einige westliche Ausländer, die sich in Kuwait befunden hatten, werden zu unbekanntem Ziel verschleppt. Großbritannien ermächtigt seine Kriegsschiffe im Golf zur Anwendung von Gewalt.

Am 19. August erörtert der UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf, in dem von Bagdad die Respektierung der Rechte der ausländischen Bürger verlangt wird. Außerdem wird erneut über eine militärische Kooperation beraten. Die USA weisen den Vorschlag Präsident Husseins zurück, der die Freilassung der westlichen Ausländer von einem von der UNO garantierten Rückzug der internationalen Truppen aus der Golfregion abhängig macht.

Irak verlegt am 20. August die aus Iran abgezogenen Divisionen in den Süden, wo an der Grenze zu Saudi-Arabien bereits 160.000 irakische Soldaten stehen. Nach Gesprächen von USA-Außenminister Cheney in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) wird bekannt, daß das arabische Land ebenfalls sein Territorium für die Stationierung ausländischer Truppen zur Verfügung stellt.

Am 21. August vertagt sich der Sicherheitsrat nach Konsultationen, ohne einen von den USA eingebrachten Resolutionsentwurf zur Anwendung militärischer Gewalt bei der Durchsetzung der Blockade gegen Irak zu beschließen. Irak signalisiert erstmals Verhandlungsbereitschaft und bietet den USA in einem offenen Brief Gespräche an. Rund 100.000 Soldaten der USA und anderer Staaten befinden sich teils schon in Saudi-Arabien, teils auf dem Transport dahin.