Vor den Parlamentswahlen: In Italien droht ein Patt
Bei den italienischen Parlamentswahlen im März könnten die „5 Sterne“ stärkste Kraft werden. Den rechten Parteien werden bis zu 38 Prozent zugetraut.
Am Sonntag, den 4. März, wählt Italien ein neues Parlament. Die 630 Abgeordneten und 315 Senatoren werden nach einem gemischten Wahlrecht bestimmt: Gut ein Drittel der Sitze wird über Direktmandate vergeben, knapp zwei Drittel nach Proporz über Listen. Dabei gilt im Proporz eine 3-Prozent-Sperrklausel, um im Parlament vertreten zu sein.
Drei Lager wetteifern miteinander. Da wäre zunächst die gemäßigt linke Partito Democratico (PD) unter dem Parteivorsitzenden Matteo Renzi, die seit 2013 in Rom regierte und mit Paolo Gentiloni auch den gegenwärtigen Ministerpräsidenten stellt. Die PD ist jedoch weit von ihrem Erfolg etwa bei der Wahl zum Europaparlament 2014 entfernt, als sie 41 Prozent holte. Nur noch 22 bis 24 Prozent prognostizieren die Meinungsforscher.
Zusammen mit drei kleinen Partnern könnte die Mitte-links-Allianz der PD auf 27 Prozent kommen, hat aber bei den Direktmandaten nur geringe Chancen. Zwar stellte sich 2017 nach fast zehnjähriger tiefer Wirtschaftskrise endlich ein Aufschwung ein, doch die meisten Italiener beurteilen ihre Lage weiterhin eher skeptisch – dies bekommt die PD zu spüren.
Deutlich besser steht die Rechte um Silvio Berlusconi da. Ihr werden 36 bis 38 Prozent zugetraut. Allein auf Berlusconis Forza Italia könnten 16 bis 18 Prozent entfallen, dazu 13 bis 14 Prozent auf die fremden- und EU-feindliche Lega Nord und etwa 7 Prozent auf zwei Listen, von denen eine stramm rechts, die andere gemäßigt in der rechten Mitte positioniert ist. Berlusconi selbst könnte in einer neuen Rechtsregierung wegen seiner Vorstrafe gar nichts werden, doch er würde zum entscheidenden Strippenzieher werden.
Stärkste einzelne Partei dürfte jedoch das von Beppe Grillo gegründete Movimento 5 Stelle (M5S – 5-Sterne-Bewegung) werden. In den jüngsten Umfragen liegen die Fünf Sterne bei 27 bis 28 Prozent. Im Parlament wird mit großer Sicherheit auch die linke, polemisch gegen Renzis PD aufgestellte Liste Liberi e Uguali (Freie und Gleiche) unter Spitzenkandidat Pietro Grasso vertreten sein.
Nach der Wahl droht ein politisches Patt im Parlament. Nur die Rechte kann auf eine eigene Mehrheit kommen, wenn sie den Großteil der Direktmandate gewinnt. Dazu allerdings müsste sie weiter auf etwa 40 Prozent zulegen. Auch über eine Koalition zwischen Renzis PD und Berlusconis Forza Italia wird in Rom spekuliert, doch es ist keineswegs ausgemacht, ob eine solche Koalition über genügend Stimmen im Parlament verfügen wird. Deshalb gelten auch schnelle Neuwahlen als nicht ausgeschlossen, wenn die Parteien sich nicht auf eine Technokratenregierung einigen können.
Lack ist ab: Exregierungschef Matteo Renzi
Einst war er Sunnyboy der italienischen und der europäischen Politik, 2014 wurde er Italiens Regierungschef. Er wollte das Land umkrempeln, die Verfassung, das Wahlrecht reformieren, energisch und zupackend. Im Dezember 2016 nach dem Scheitern seiner Reformen zurückgetreten, wollte er bei den anstehenden Wahlen das Comeback. Jetzt wäre er froh, wenn wie im Jahr 2013 für die Partito Democratico 25 Prozent rausschauten.
Wieder obenauf: Silvio Berlusconi
Mittlerweile sieht er aus, als sei er die Berlusconi-Wachsfigur aus Madame Tussauds Kabinett, geliftet, geschminkt. Doch der nun schon 81-jährige Silvio leibt und lebt. Politisch ist er wieder voll da. Dabei dürfte er gar nicht mehr mitspielen dank seiner Vorstrafe wegen Steuerhinterziehung von 2013.
Auf dem Wahlkampflogo seiner Partei steht „Forza Italia – Berlusconi presidente“. Aber Berlusconi kann gar nicht presidente werden. Mit der Verurteilung hat er auch die bürgerlichen Ehrenrechte eingebüßt und darf jetzt weder gewählt werden noch selbst wählen. Doch das Gros der italienischen Medien, der rechten Allianzpartner ebenso wie der politischen Gegner, ist der Amnesie anheimgefallen.
Berlusconi macht weiter, als habe es keine ruinöse Regierungsbilanz gegeben, keine Skandale. Erneut verspricht er den Wählern das Blaue vom Himmel. Seine Forza Italia liegt bei 17 Prozent, sein Rechtsbündnis könnte sogar die 40-Prozent-Latte überwinden. Regierungschef würde Berlusconi dann nicht, Königsmacher schon.
Distinguiert und links: Pietro Grosso
Gute Manieren, geschliffene Sprache: Der 73-jährige Pietro Grasso ist durch und durch Sohn des gebildeten Bürgertums, bis 2013 war er Anti-Mafia-Staatsanwalt an vorderster Front, dann wurde der politische Neuling gleich Präsident des Senats für die Partito Democratico. Nach dem Bruch mit Parteichef Matteo Renzi kandidiert Grassi jetzt für die neue Liberi e Uguali (LeU – Freie und Gleiche). Mehr als 7 bis 8 Prozent sind wohl kaum drin.
Rechtspopulist der Lega Nord: Matteo Salvini
Seit gut vier Jahren ist Matteo Salvini Chef der rechtspopulistischen Lega Nord. Die behauptete immer, sie vertrete die Interessen Norditaliens gegen den korrupten Zentralstaat und den mafiosen Süden – doch Salvini ist nie einem bürgerlichen, im engeren Sinne produktiven Beruf nachgegangen. Bis zu 14 Prozent werden der Lega, die „Nord“ aus ihrem Logo verbannt hat, zugetraut.
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