Vor dem Supercup BVB – Bayern: „Nicht so viel sprechen“
Wird der bedeutungslose Supercup durch irgendetwas interessant? Ja. Der Ausgang des Duells zwischen Bayern und dem BVB könnte wegweisend sein.
Es ist nicht lange her, da war der Supercup kaum mehr als ein Freundschaftsspiel, an dessen Ende irgendein Kapitän mit mehr oder weniger gespielter Freude einen Silberpokal in die Luft heben durfte. Inzwischen hat das Spiel nicht zuletzt wegen der Zuspitzung des Wettbewerbs um die Deutsche Meisterschaft auf das Duell zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund an Attraktivität gewonnen; die Deutsche Fußball-Liga freut sich gar über ein „weltweites Interesse am Supercup 2019“.
Das Spiel am Samstag werde in „200 der 211 Fifa-Mitgliedsländer übertragen“, tönt der Verband, aber die meisten der Millionen Fußballfreunde auf dem Globus werden allenfalls erahnen, was genau Sebastian Kehl meint, wenn er über die „besondere Brisanz“ spricht, die das Duell heuer umgibt. Zwar sei keine der beiden Mannschaften zwei Wochen vor dem Start der Saison „bei hundert Prozent“, sagt der Leiter der Lizenzspielerabteilung des BVB, „trotzdem wird es etwas bewegen“.
Das ist eine schöne Formulierung, die tief in das große Thema der Dortmunder Sommerpause hineinreicht. Das letzte Spiel der Vorsaison war erst wenige Minuten abgepfiffen, da formulierte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bereits den Vorsatz, im kommenden Spieljahr die Vormachtstellung des Dauermeisters aus München auch rhetorisch offensiver zu bekämpfen.
Seither versichern Spieler und Funktionäre bei jeder Gelegenheit, 2020 unbedingt den Titeln gewinnen zu wollen. „Alle in der Mannschaft lechzen danach“, sagt Kehl.
Roman Bürki, BVB-Keeper
Bei Borussia Dortmund haben sie in diesem Sommer das Selbstbildnis eines Teams skizziert, das sich auf Augenhöhe mit dem FC Bayern befindet. Ein Bild, auf dem die im Vorjahr häufig fehleranfällige Abwehr stabilisiert, der in Teilen eher unerfahrene Kader mit der Routine des Weltmeisters Mats Hummels verstärkt wurde und die körperlichen Schwächen der Stürmer erfolgreich überwunden wurden.
Torhüter Roman Bürki sagt: „Es ist die beste Mannschaft, in der ich je war.“ Nur Favre begegnet den Ambitionen mit einer ordentlichen Portion Skepsis. „Ich gehe da mit“, sagt der Trainer zwar zum Abschluss des Trainingslagers in Bad Ragaz, ergänzt jedoch: „Wir müssen aber trotzdem aufpassen, was wir sagen. Wir müssen alles analysieren und nicht so viel sprechen.“
Heikle Stimmungsmixtur
Es ist nicht zu überhören, dass ihm die großen Erwartungen, denen seine so schlüssig optimierte Mannschaft ausgesetzt ist, ein gewisses Unbehagen bereiten. Natürlich will auch Favre Meister werden, doch das Thema ist während der Sommerwochen derart dominant gewesen, dass der BVB nun schon das erste Pflichtspiel in einer enormen Fallhöhe bestreitet.
Sollten die Bayern deutlich in Dortmund gewinnen, werden Häme und Kritik über die Dortmunder hereinbrechen. Wenn der BVB seine offensive Rhetorik hingegen mit einem Sieg im Duell mit dem Rivalen veredelt, werden die Bayern erst recht hellwach und höchst motiviert ins Bundesligajahr starten.
Auf diese heikle Stimmungsmixtur bezieht sich Kehl, wenn er sagt, dass der Supercup „etwas bewegen“ werde. Denn gleich zu Beginn kumulieren sich die großen Sommerpausenthemen der Liga in einem krachenden Clash: Neben dem Umgang der Dortmunder mit den eigenen Ambitionen dominierten ja die inneren Konflikte beim FC Bayern die Schlagzeilen der Fußballöffentlichkeit. Auch deshalb freut sich BVB-Sportdirektor Michael Zorc, dass der Betrieb „jetzt langsam zur Wahrheit“ komme: dem sportlichen Kräftemessen auf dem Rasen. Und da spielten die Bayern zuletzt wunderbaren Ballbesitzfußball, während der BVB akribisch an der Bekämpfung der Schwächen des Vorjahres arbeitete.
Neben den Offensivverstärkungen Julian Brandt und Thorgan Hazard wurde mit der Integration von Mats Hummels und Linksverteidiger Nico Schulz, der im BVB-Umfeld als „kleiner Königstransfer“ gefeiert wird, vor allem die Stammbesetzung der Viererkette fundamental erneuert. Manuel Akanji ist wohl als zweiter Innenverteidiger gesetzt, während rechts Achraf Hakimi und der Routinier Lukasz Piszczek um ihren Platz im Team konkurrieren.
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Favre träumt schon von Zuständen wie in seinen Jahren in Mönchengladbach. Dort „war es sehr, sehr schwierig, ein Tor gegen uns zu machen“, sagt er. „In der Offensive kreieren wir jetzt viele Chancen, wir müssen aber auch solide in der Defensive sein; das ist für mich sehr, sehr wichtig.“
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