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Vor dem Start der BundesligaDie Nummer 10 muss gehen

Zu Messi ist noch nicht alles gesagt – jedenfalls nicht von jedem. Und: Die Bundesliga könnte diesmal interessanter werden.

Sollte eigentlich die 40 tragen: Die neuen Messi-Trikots sind da! Foto: Francois Mori/ap

D ie Messe ist gesungen, die Tränen getrocknet, T-Shirt und Trikot gewechselt: Zu Lionel Messi und seinem Wechsel nach Paris ist alles gesagt. Gut, noch nicht von allen. Von mir zum Beispiel nicht. Dafür zum Beispiel von „Mental Coaches“ weiblichen Geschlechts, die finden, dass die Tränen des Messi beim Abschied in Barcelona schon echt waren und die anschließende Freude auf dem Pariser Flughafen nur zeigte, „wie Erfolg zu einem kommt“.

Ein Abgesang auf die Blüte des Fußballs wird auch irgendwo erschienen sein, man konnte ja nicht alles lesen, was so zu dem Superwechsel des Superstars veröffentlicht wurde, inklusive der Mutmaßung, dass Corona auch hier im hyperrealen Superfußball nicht das Ende des Geschäfts, sondern höchstens eine Delle und eine „Krise als Chance im ausgehenden Krisenkapitalismus“ (so ähnlich könnte man es als Naomi-Kleinianerin formulieren) darstellt.

Statt 100 Millionen im Jahr oder wenigstens 50 gibt es fortan nur noch 40 Millionen jährlich für den kleinen Racker; und der ruhmreiche FCB wird sich in den Schwanz beißen, seinen Superstar nicht schon im letzten Jahr irgendwohin verkauft zu haben. Die französischen Steuerfahnder sollten sich jedenfalls schon mal bereit machen, es sei denn, sie sind schon vorsorglich geschmiert, aber das nur am Rande, etwas Schmutz muss schließlich sein.

Eine etwas andere, nicht weniger interessante Betrachtung des Fußballzirkus kam aus Österreich. Hans Krankl, der Altinternationale und Schrecken von Córdoba, genannt „Goleador“, auch ehemaliger Barca-Spieler, ist über das Ende der Ära Messi in Barcelona „erschüttert“ und findet, für ein Engagement in Frankreich sei Messi „viel zu gut.“

Hm, interessante These, denn trotz scheinbarer Übermacht von PSG wirkt die Ligue 1 doch ausgeglichener als das Clásico-plus-1-Szenario, das seit gefühlten fünfzig Jahren in Spanien herrscht. Und ist es nicht die Champions League, die hier gekauft werden soll – oder doch sogar die Super League, an der in den Hinterstübchen weiter gezimmert wird? CL kaufen, das hat bislang allerdings nicht so recht geklappt. Aber, wie die spanische AS fantasiert, nächstes Jahr könnte CR7 ablösefrei nach Paris nachkommen, und dann hätte man dort ein veritables Older-All-Star-Team zusammen, eine Mischung aus blauen Galaktischen und überbezahlten Globetrottern.

Der Zirkus geht also weiter, das Karussell dreht sich, nur etwas weniger schnell als zuletzt. Wie jetzt den Bogen zur altehrwürdig quietschenden Bundesliga spannen? Auch in Dortmund musste man wegen Corona einen Star verkaufen, um am Ende einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen zu dürfen. Aber noch ist Sancho kein Messi, wird er vielleicht auch nie werden, so wie aus Dembélé auch nicht mehr geworden ist als ein Lukébakio in besser. Und dennoch – solange Haaland gehalten wird, hat der BVB ein konkurrenzfähiges Team, während man sich unten in München nach einer vergleichslosen Niederlagenserie in der Vorbereitung verwundert umguckt.

Man darf gespannt sein, ob die 10 einfach fallen und der BFC-Dynamo-Rekord von den Bayern eingestellt wird oder vielleicht doch ein temporärer Wechsel an der Schale passiert. Nagelsmann jedenfalls hat bislang noch gar nichts gewonnen.

Aber das Wesentliche spielt sich mittlerweile eh im Unterhaus ab.

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René Hamann
Redakteur Die Wahrheit
schreibt für die taz gern über Sport, Theater, Musik, Alltag, manchmal auch Politik, oft auch Literatur, und schreibt letzteres auch gern einmal selbst.
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