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Vor dem ParteikonventSPD formuliert Kernforderungen

Mindestlohn, Umgang mit Altersarmut und mehr Flexibilität beim Thema Rente: Die SPD hat „unverzichtbare“ Forderungen für eine Große Koalition vorgelegt.

Das Thema Steuererhöhungen – ein zentrales Wahlkampfthema der Sozialdemokraten – taucht bei den Kernforderungen der Partei nicht auf. Bild: dpa

BERLIN dpa | Die SPD entscheidet am Sonntag bei einem Parteikonvent über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU. Einem Medienbericht zufolge will die Parteiführung den 200 Delegierten und 35 Vorstandsmitgliedern zehn „unverzichtbare“ Kernforderungen für die von ihr anvisierten Gespräche vorlegen.

Dazu zählt unter anderem ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, wie Spiegel Online berichtete. Die Internetseite berief sich auf die ihr vorliegende Beschlussvorlage. Steuererhöhungen – ein zentrales Wahlkampfthema der Sozialdemokraten – tauchten darin nicht auf. CDU und CSU lehnen diese ab.

Neben dem Mindestlohn zählen zum Forderungskatalog demnach auch bessere Maßnahmen gegen Altersarmut, flexiblere Übergänge in die Rente und eine Anhebung des Pflegeversicherungsbeitrags. Das Papier sieht auch Finanzspritzen für Kommunen, Investitionen in die Infrastruktur und Bildung sowie die Einführung einer Finanztransaktionssteuer vor. Keine Erwähnung findet demnach das Betreuungsgeld.

„Wir werden in der Sache hart verhandeln, damit am Ende eine handlungsfähige Regierung steht. Dafür sind auch Kompromisse nötig“, zitierte Spiegel Online aus der Beschlussvorlage. Die zehn angeführten Punkte seien allerdings „unverzichtbar“. Gibt der Konvent grünes Licht, sollen Koalitionsverhandlungen am Mittwoch beginnen.

8,50 Euro Mindestlohn in Ost- und Westdeutschland

Der Parteikonvent ist das höchste Beschlussgremium der SPD zwischen Bundesparteitagen. In der nicht-öffentlichen Sitzung werden mehrstündige Debatten erwartet.

Die SPD pocht seit längerem auf einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro in Ost- wie Westdeutschland. „Ein gesetzlicher Mindestlohn verteidigt die soziale Marktwirtschaft und ist in vielen europäischen Ländern längst Realität“, argumentierte die stellvertretende Parteivorsitzende Manuela Schwesig in der Bild am Sonntag. Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs sieht dagegen die Tarifpartien in der Pflicht. Die Gewerkschaften sollten sich gemeinsam mit den Arbeitgebern auf einen Mindestlohn einigen.

Koalitionsverhandlungen könnten den ganzen November andauern – an deren Ende sollen die rund 470 000 SPD-Mitglieder über einen Koalitionsvertrag abstimmen. Das Prozedere für das Mitgliedervotum ist noch unklar – der vor dem Konvent am Sonntagmorgen tagende Vorstand könnten hierzu erste Empfehlungen erarbeiten.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) rief seine Partei auf, nicht um jeden Preis eine Koalition mit der Union zu bilden. „Wenn es uns nicht gelingt, das in ausreichender Weise umzusetzen, was wir versprochen haben, müssen wir den Wählern sagen: Tut uns leid, dafür stehen wir nicht zur Verfügung“, sagte Sellering der Welt am Sonntag. „Und dann sind Neuwahlen für uns auch kein Schreckgespenst.“

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8 Kommentare

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  • Ich bin klar gegen eine Beteiligung der SPD.

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    Das hat einen einfachen Grund: Merkel ist mittlerweile von einem großen Teil der Bevölkerung zu einer POP - Ikone gemacht worden, die mit konkreter Politik gar nicht mehr in Verbindung gebracht wird.

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    Hohe Energiepreise werden mit den Grünen assoziiert, die Agenda 2010, die Merkel fortführt, alleine mit der SPD. Deshalb soll sie den Umbau der Gesellschaft in Richtung "markt-konforme" Demokratie auch jetzt alleine mit CDU/CSU fortführen.

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    Die SPD wird nur wieder auf die Beine kommen, wenn sie sich klar LINKS positioniert.

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    Dazu gehört auch eine Entschuldigung an alle Arbeitnehmer, Rentner und Hartz 4 Empfänger und zwar dafür, dass ganz einseitig das Bild der Sozialschmarotzer-Von-Unten durch Schröder und Co an die Oberfläche gezerrt wurde.

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    Spätestens seit den Steuer-CDs wissen alle, dass es darüber hinaus eine Menge Schmarotzer-Von-Oben gibt.

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    Also liebe SPD: Bitte beim merkelschen Umbau der Gesellschaft nicht mehr mitmachen !!

  • R
    RLS

    Lieber @GWALTER

     

    schauen sie sich diese Leute an die zu Merkel gegangen sind, alles konservative Seeheimer, die schon die Agenda 2010 unterschrieben haben.

     

    Hannelore Kraft hat einen theatralischen Wutausbruch hingelegt, nicht weil sie diesen Schwachsinn nicht mittragen will, sondern um sich einen Notausgang zu schaffen, falls die Basis dieses ablehnt.

     

    Nicht nur Münte und Schröder hätten müssen gehen, sondern auch all jene die die Agenda 2010 unterschrieben haben, dann hätte ich dieser Partei einen Neuanfang zugetraut.

    Ich kann doch nicht diese Leute weitermachen lassen, die dieses Volk so verarscht haben.

  • A
    AGENT

    Die relativ naive SPD-Gefolgschaft konnte man schon immer mit billigem Sch... überzeugen und dann ganz langsam und legal über den Tisch ziehen. Die schwarze Teflonwitwe wird der SPD ein zweites mal zeigen, wie und woher der Wind weht und wie man sich auf Kosten der SPD hervorragen für 2017 profiliert.

  • S
    Sören

    Das SPD-Programm konnte nur 1/4 der Wähler überzeugen, dementsprechend kann sie nicht alle Forderungen durchsetzen. Steuererhöhungen sollten kein Selbstzweck sein. Wenn man die damit verbundenen Ziele - Investitionen in Infrastruktur und Mehrausgaben für Bildung - anders erreichen kann, sollte man es tun.

     

    Ein zentrales Thema der Koalition muss die Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern sein. Außerdem wäre es sinnvoll, sich nochmal die Föderalismus-Reform der letzten Großen Koalition anzuschauen. Dem Bund zu verbieten, Geld in Schulen zu geben, war falsch und sollte aufgegeben werden. Eine Wiederbelebung des Hochschul-Rahmengesetzes ist auch eine Überlegung wert.

     

    Der Erfolg der SPD wird nicht daran gemessen werden, ob sie Steuern erhöht. Die Frage wird sein, ob sie eine Akzent-Verschiebung hin zum Sozialen erreicht, und konkrete Probleme der Menschen lösen kann. Dazu zählen Bildungs-Fragen, Infrastruktur, Energie-Preise und die Krise im Pflege-Bereich. Außerdem darf die Partei nicht wieder einen parteiinternen Dauerstreit führen und sollte personelle Kontinutität bewahren.

  • Gute Rente ohne Abzüge nach langem Arbeitsleben:

    -

    Hierzu habe ich gleich ein 2 Vorschläge für die Gremien:

    -

    a) Einführung der Bürgerversicherung für ALLE einschliesslich Beamten, Politikern und Selbstständigen.

    Mit gleichen Berechnungsgrundlagen für ALLE.

     

    b)

    Abschaffung der doch schon lange als Flopp bekannten RIESTER-RENTE, denn diese dient nur der Versicherungswirtschaft, aber keinesfalls den Versicherten. (sagen praktisch alle Verbraucherschutz Verbände)

  • Herrgott nochmal, SPD , zeig doch endlich mal Rückgrat !

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    Laß den CDU/CSU /Merkel -Verein ins Messer laufen.

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    Eure 10-Punkte- Forderungen sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen . "Wir wollen Fortschritte erreichen","wollen verbessern","werden zusätzliche Anstrengungen unternehmen","wollen ermöglichen" - das sind doch keine klaren Forderungen, sondern billigste Willenserklärungen.

    -

    Wir "werden machen" wäre die konkrete Formulierung und nicht wir versuchen es, aber "Mutti" läßt uns ja nicht.

    -

    Nochmal : Wenn ihr eure Partei noch retten wollt GEHT IN DIE OPPOSITION ODER ROT-ROT-GRÜN !

     

    Einen größeren Dienst könntet ihr auch diesem Land nicht tun .

  • H
    Harald

    "Steuererhöhungen – ein zentrales Wahlkampfthema der Sozialdemokraten – tauchten darin nicht auf."

     

    Es ist nich lange her, da leitete die SPD genau aus dieser, hier frühzeitig aufgegebenen Forderung, eine ganze Menge an Wahlmotiven und Forderungen ab, nun schmeißen sie das einfach weg?

     

    Ich glaube, die SPD macht gerade einen Riesenfehler und sie werden dafür auch bitter bezahlen. Wer nur 25 Prozent hat, kann von einem Partner, der fast doppelt so groß ist, nicht viel verlangen, aber die SPD muss gar nicht in diese Regierung. Das ist doch das Kernproblem: Angela Merkel muss einen Partner finden, nicht die SPD. Wenn die SPD Steuergerechtigkeit will, dann hat sie m.M. sogar recht und sollte dies auch weiterhin zur Bedingung machen. Wenn sie es nicht tut, dann beißen sie Tausende SPD-Wähler ins Kissen. Das grenzt an üble Täuschung der Wähler.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Typisch Gabriel:

    Für eine Große Koalition den Weg des geringsten Widerstands gehen und der Basis mit schwachen "10 Kernforderungen" ein X für ein U vormachen wollen.

    Hoffentlich scheitert er damit.