Vor dem Bundesliga-Spitzenspiel: Nicht am FC Bayern abarbeiten
Weil der BVB in den letzten Jahren Fortschritte gemacht hat wie kaum ein anderer Verein, kann der Rückstand zum FC Bayern den Klub nicht aus der Ruhe bringen.
DORTMUND taz | Mats Hummels hätte sich wirklich eine etwas bessere Erklärung ausdenken können, für seine kleine Kampfansage Richtung München. „Wir wollen unbedingt gewinnen“, kündigte der Dortmunder Verteidiger vor dem Spiel beim FC Bayern an. Wenn er etwa ergänzt hätte, dass der Rekordmeister mal wieder einen kräftigen Dämpfer verdient habe, damit es so richtig kracht an der Säbener Straße, dann wäre das eine schöne Geschichte gewesen.
Hätte Hummels verkündet, die Dortmunder Meistertruppe wolle das BVB-Trauma der Bayern nach zuletzt fünf Niederlagen konservieren, wäre wenigstens der Eindruck entstanden, die Dortmunder hätten die Titelverteidigung noch nicht abgeschrieben. Hummels aber sagte: „Für uns wäre ein Sieg enorm wichtig, weil Bayer Leverkusen an uns vorbei gezogen ist.“
Die erbitterte Konkurrenz der Giganten um die Vorherrschaft im nationalen Fußball, die den Duellen der vorigen Saison diese herrlich dramatische Note verlieh, fehlt in diesem Jahr. Eher beiläufig hat Hummels unter der Woche erzählt, dass er den Glauben an die Titelverteidigung längst aufgegeben hat: „Es sieht ja nicht so aus, als ob wir die Schale holen.“ Es gebe „ja noch den DFB-Pokal und die Champions League“.
Dass der BVB seine größten Momente zuletzt im Europapokal hatte, ist kein Zufall. Der ganz große Hunger nach der Meisterschaft ist vorerst gestillt. In der Königsklasse haben sie noch etwas zu beweisen, während die Bayern auch in der Bundesliga „gieren“, wie Jürgen Klopp am Donnerstag feststellte.
„Die Galligkeit“ des Rekordmeisters sei „sicher der größte Unterschied zum letzten Jahr“, bemerkte der Coach bestens gelaunt.
Ein langfristiger Plan
Borussia Dortmund ruht nach den beiden Erfolgsjahren so sehr in sich, dass sie wohl erst nervös werden, wenn die erneute Qualifikation für die Champions League in Gefahr gerät. Statt mit der etwas schwierigen Saison in der Liga zu hadern, wird hinter den Kulissen an einem langfristigen Plan gewerkelt: Der BVB möchte sich im Kreis der europäischen Spitzenteams etablieren und regelmäßig die K.o.-Runde der Champions-League erreichen.
Selbst der ignorantere Teil Europas hat indes gemerkt, dass die Bundesliga rasant aufholt und hinter dem FC Bayern Klubs mit gewaltigem Potenzial wachsen. Dortmund ist dabei, die Pole Position in diesem Kreis der Emporkömmlinge zu erringen.
Derzeit strömen gewaltige Geldmengen nach Dortmund, wahrscheinlich gibt es in ganz Europa – abgesehen von den aus Osteuropa oder dem mittleren Osten alimentierten Vereinen – keinen Konkurrenten, der seine Einnahmen ähnlich steigern konnte wie der BVB.
Das Team soll trotzdem nur behutsam verstärkt werden, und wenn Mario Götze, wie in dieser Woche von der Sport-Bild berichtet wurde, im Sommer für 37 Millionen Euro gehen dürfte, wären Transfers auf einem Niveau denkbar, die bislang nur von Großklubs aus England oder Spanien realisierbar waren.
Die Balance halten
Jetzt gehe es um „den nächsten und ambitioniertesten Schritt“ hat Dortmunds Geschäftsführer gerade in einem Interview mit dem Kicker gesagt, um „die nachhaltige Balance zwischen nationalem und internationalem Geschäft“.
Etwas unklar ist nur, ob das mit der Vollgas-Fußball-Philosophie des Jürgen Klopp möglich ist, denn um die englischen Wochen erfolgreich zu bewältigen, sind Rhythmuswechsel hilfreich. Damit hat der BVB seine Probleme. Diese Saison ist eine Reifeprüfung.
Drei Punkte aus München wären wertvoll, aber keineswegs kostbarer als drei Zähler aus Spielen gegen Nürnberg, Freiburg oder Düsseldorf.
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