Vor dem 1. Mai in Berlin: Gut gelaunte Drohung am Rande
Innensenator und Polizeipräsidentin geben sich vor dem 1. Mai gelassen. Den Linken raten sie von Krawallen ab, auch mit Blick auf ein Hausprojekt.
Allen Hardlinern, die den Autonomen ihre angekündigte, aber nicht mit der Versammlungsbehörde abgesprochene Tour vom Wismarplatz durch Friedrichshain gern verbieten würden, erteilte er eine klare Absage. Vor auffällig vielen Mikrofonen privater Fernseh- und Radiostationen sagte Geisel: „Demos verbieten ist nicht unser Weg. Es gelten die Meinungs- und Versammlungsfreiheit“ – unabhängig von einer Anmeldung. Dass es ihm damit ernst ist, zeigte seine weitere Begründung: „Wenn die Demokratie unter Druck steht, muss man darauf achten, dass sie attraktiv bleibt.“
Die Polizei werde laut Geisel und der Polizeipräsidentin Barbara Slowik an der Strategie der vergangenen Jahre festhalten: Kommunikation und Deeskalation einerseits, Großaufgebot und konsequentes Einschreiten bei Gewalt andererseits. 5.500 Beamte aus Berlin, aus sechs weiteren Bundesländern und von der Bundespolizei werden im Einsatz sein – etwas mehr als im vergangenen Jahr –, um 15 relevante Kundgebungen und Demos zu begleiten, darunter auch ein Bürgerfest der AfD in Pankow.
Eine Spitze in Richtung der Linksradikalen setzte Geisel, als er darauf verwies, dass die Polizei bei unangemeldeten Demonstrationen von vornherein filmen darf, anstatt wie bei anderen Veranstaltungen erst, wenn es zu Gewalt kommt. Möglichen Ausschreitungen vor allem rings um die Szenehochburg Rigaer Straße begegnete Geisel mit einer subtilen Drohung: Er verweist auf Verhandlungen des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg und der Finanzverwaltung mit dem Eigentümer über den Fortbestand des räumungsbedrohten, queeren Hausprojekts Liebigstraße 34 und sagte: „Auseinandersetzungen am 1. Mai würden es schwieriger machen eine Lösung zu finden“.
Am 1. Mai werden in zahlreichen deutschen Städten wieder große Polizeieinsätze und politische Auseinandersetzungen erwartet. Die taz berichtet aus vier Orten im Periscope-Livestream.
Martin Kaul wird ab etwa 9 Uhr über den Periscope-Account der taz: @tazgezwitscher aus Erfurt berichten. Aus Berlin ab etwa 12 Uhr Jasmin Kalarickal über @taz_berlin, Katharina Schipkowski ab etwa 12 Uhr über @taznord aus Hamburg und Anett Selle ab dem Mittag aus Duisburg über ihren Periscope-Account @anettselle.
Schutz für die CG-Gruppe
Ob die Demo durch jenes Teilstück der Rigaer Straße laufen darf, an dem der Immobilienunternehmer Christoph Gröner (CG Gruppe) ein umstrittenes Wohnprojekt errichten lässt, werde, so Slowik, vom Einsatzleiter entschieden. Dass es dazu kommt ist unwahrscheinlich. Momentan ist die Straße an dieser Stelle mit einem Bauzaun komplett gesperrt; Geisel wies auf die beengten Verhältnisse hin.
Ein weiterer Tagesschwerpunkt wird die Demo im Grunewald – 900 Polizisten sollen das Villenviertel schützen. Die Polizeipräsidentin freute sich über eine Ankündigung der Organisatoren, mit Anwohnern ins Gespräch kommen zu wollen und damit Gewalt zu begegnen. „Das begrüßen wir außerordentlich“, so Slowik ohne jede Ironie. Im vergangenen Jahr war es zu kleineren Sachbeschädigungen gekommen – in diesem Jahr kündigte das „Quartiersmanagement Grunewald“ an, die „Mai-Krawalle“ mit einem „Bürgerfest“ zu befrieden“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen