: Vor allem Mädchen sind betroffen
Eine Dunkelfeldstudie zeigt: Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist erheblich
Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist in Deutschland weit verbreitet. Laut einer neuen Dunkelfeldstudie geben fast 13 von 100 Befragten an, mindestens einmal im Leben von sexualisierter Gewalt betroffen gewesen zu sein. Bezogen auf die 18- bis 59-Jährigen in Deutschland entspreche das 5,7 Millionen Menschen, sagte Studienkoordinator Harald Dreßing am Dienstag.
Obwohl das Bewusstsein um die Problematik gewachsen sei, müsse von einem „großen Dunkelfeld“ ausgegangen werden, sagte Dreßing, der die Forensische Psychiatrie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim (ZI) leitet.
Laut der Studie sind Frauen deutlich häufiger als Männer von sexualisierter Gewalt betroffen. Rund jede fünfte Frau (20,6 Prozent) gab an, von sexualisierter Gewalt im Kindes- und Jugendalter betroffen zu sein. In der jüngeren Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen war dieser Anteil mit 27,4 Prozent noch höher. Lediglich 4,8 Prozent der befragten Männer gaben demnach an, sexualisierte Gewalt erlebt zu haben.
Die Mehrheit der Betroffenen gab laut Studie einen männlichen Täter an. Nur 4,5 Prozent der befragten Personen hätten sexualisierte Gewalt durch eine Frau erlebt. Am häufigsten wurde sexualisierte Gewalt in der Familie und im Freundeskreis erfahren. Bei fast einem Drittel der Fälle spielen demnach digitale Medien eine wichtige Rolle.
Unter sexualisierte Gewalt wurde bei der Befragung jegliche Handlung mit sexuellem Bezug gefasst, soweit Kinder unter 14 Jahren betroffen waren, sowie sexuelle Handlungen gegen den Willen der Betroffenen unter 18-Jährigen – ob mit oder ohne körperlichen Kontakt. Eingeschlossen waren auch Annäherungsversuche über digitale Kanäle, wie die Zusendung pornografischer Bilder oder aufgedrängte Gespräche über sexuelle Inhalte.
Für die Mannheimer Dunkelfeldstudie wurden die Antworten von 3.012 Menschen auf Fragebögen ausgewertet. Die Studie, die vom ZI ausging, entstand in Kooperation mit dem Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit, der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik in Ulm und des Kriminologischen Instituts in Heidelberg.
Die Dunkelfeldstudie zeigt, dass sexualisierte Gewalt noch weiter verbreitet ist, als die zur Anzeige gebrachten und in der Kriminalitätsstatistik erfassten Fälle, das Hellfeld, nahelegen. Die Betroffeneninitiative „Eckiger Tisch“: „Jetzt kommt es darauf an, als Gesellschaft das ganze Ausmaß dieser Katastrophe tatsächlich wahrzunehmen und Maßnahmen zu etablieren, um künftig Jungen und Mädchen besser zu schützen.“ (epd)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen