Vor TV-Duell Obama und Romney: 90 Minuten voller Stolpersteine
Am Mittwoch begegnen sich Barack Obama und Mitt Romney zum ersten Mal im TV. Beide Kandidaten üben den Auftritt schon seit Wochen.
WASHINGTON taz | Es geht um nichts anderes als das Weiße Haus, wenn Barack Obama und Mitt Romney am Mittwochabend in Denver, Colorado, zum 90-minütigen TV-Duell antreten. Zig Millionen Menschen in den USA und weltweit werden zuhören, wenn sie bei dieser ersten von drei „Presidential Debates“ über Wirtschaft- und Innenpolitik, über die Rolle der Regierung in ihrem Land sowie über die Gesundheitsreform sprechen.
Es sind die Themen, die im Mittelpunkt der US-amerikanischen Debatte stehen. Sie sind gespickt mit Stolpersteinen für beide Teilnehmer.
Beide Kandidaten üben seit Wochen. Für Obama spielt dabei Expräsidentschaftskandidat John Kerry den Romney. Kerry, ein erfahrener Außenpolitiker, fand es besonders schwer, sich in Romneys Unberechenbarkeit in internationalen Fragen einzufühlen.
Für den Herausforderer gibt Senator Rob Portmann aus dem Swing-State Ohio den Obama. Letztendlich geht es für beide darum, im TV sowohl Kompetenz und Ruhe als auch Einfühlungsvermögen zu zeigen.
Niemand vermag exakt zu quantifizieren, was die Presidential Debates für den Urnengang bedeuten. Aber es gibt jede Menge Literatur über die Stärken und Schwächen früherer Kandidaten.
J. F. Kennedy war der erste
Der Erste, der eine TV-Debatte führte – und dafür bis heute Applaus bekommt – war John F. Kennedy 1960. Er saß mit über Kreuz geschlagenen Beinen und scheinbar entspannt vor der Kamera, während sein deutlich erfahrenerer Gegenüber Richard Nixon steif und schwitzend litt.
Zwei Jahrzehnte später verstand der 73-jährige Ronald Reagan seinen Generationenunterschied gegenüber Walter Mondale zu zu nutzen. „Ich werde die Jugend und die Unerfahrenheit meines Opponenten nicht ausnutzen“, sagte Reagan.
Bush, der Ältere, soll seine Wiederwahl dadurch vermasselt haben, dass er beim TV-Duell auf die Uhr schaute. Und John McCain machte im Jahr 2008 den Fehler, Obama paternalistisch zu behandeln.
Unter Beobachtung
Jedes Achselzucken, jede Augenbrauenbewegung wird noch vor Ende der 90-minütigen Debatte weltweit analysiert werden. Denn Charakter und Persönlichkeit der Kandidaten spielen eine zentrale Rolle. Präsident Obama hat einen klaren Vorteil: In einer Art Vorneverteidigung hat das selbst die Romney-Kampagne in den letzten Tagen immer wieder lanciert.
„Er ist einer der talentiertesten Kommunikatoren der Moderne“, sagte Romney über Obama. Und Romneys Mitarbeiterin Beth Myers nennt Obama einen „brillanten Redner“.
Ob – und wie viel – die beiden Männer tatsächlich miteinander reden, ist offen. Ein Journalist, Jim Lehrer vom öffentlichen Fernsehsender PBS, wird die Fragen zu den jeweils 15-minütigen Themenhäppchen stellen.
In der Geschichte der Presidential Debates ist es schon oft vorgekommen, dass keine eigentliche Debatte, keine Konfrontation von Ideen und Programmen zwischen den beiden Kandidaten stattgefunden hat.
Nicht alle Themen werden angesprochen
Schon vor Beginn des TV-Duells – mit seinen seit Wochen bekannten Themen und seinen Fragen, die angeblich top-secret sind – ist absehbar, dass die beiden zahlreiche zentrale Themen der US-Politik nicht ansprechen werden.
Sie reichen von den weltweiten Drohneneinsätzen über die Kostenexplosion in dem komplett privaten und profitorientierten Gesundheitssystem bis hin zum längst überfälligen Ausbau der Schulen und Universitäten. Absehbar ist auch, dass beide Kandidaten sich darin einig sein werden, das Haushaltsdefizit zu senken.
Während Romney und Obama TV-debattieren, können die WählerInnen in mehreren US-Bundesstaaten – davon als erster schon seit Ende September Iowa – bereits wählen. In anderen Bundesstaaten ist das WählerInnenregistrierungsverfahren noch gar nicht abgeschlossen. Und in wieder anderen Staaten – darunter der Swing State Pennsylvania – laufen noch Gerichtsverfahren zum Wahlrecht am 6. November.
Linken in den USA, die überlegen, ob sie sich überhaupt an den Wahlen beteiligen sollen, rät der Linguist Noam Chomsky, dass sie „5 bis 10 Minuten“ über die „elektorale Posse“ nachdenken mögen.
Er selbst will die Grüne Jill Stein wählen. Würde aber, wenn er nicht in Massachusetts, sondern in einem Swing State wählen müsste, seine Stimme „gegen Romney“ abgeben. Zwischen dem Republikaner und Obama gibt es – so Chomsky – „einige bedeutende Unterschiede“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu