Vor Demonstration in Thüringen: Konfrontation mit Protest
Das Bündnis #unteilbar ruft zur Großdemonstration in Erfurt auf. Ob es wirklich eine Großdemo wird, ist noch fraglich.
Mehr als 10.000 Menschen werden am kommenden Samstag in Erfurt erwartet. Unter dem Motto „#nichtmituns – Kein Pakt mit Faschist*innen: niemals und nirgendwo!“ ruft das Bündnis #unteilbar zu einer Großdemonstration auf. Gruppen aus mehr als 30 Städten hätten bereits ihre Teilnahme angekündigt.
Mit der Demonstration reagiert #unteilbar auf die Wahl des Thüringer FDP-Chefs Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten durch die Stimmen der AFD. „Das markiert einen Tabubruch“, konstatiert Maximilian Becker, Sprecher der Bündnisses, gegenüber der taz. „Wir wollen zeigen: Was in Thüringen passiert, wird nicht unwidersprochen bleiben.“
Dem Aufruf schlossen sich zahlreiche Initiativen und Organisationen an, darunter Fridays for Future und der DGB-Bundesvorstand. Trotz aufgeheizter Stimmung nach den Connewitz-Prozessen und den Angriffen gegen FDP-Politiker*innen und ihre Büros in den letzten Tagen geht Becker davon aus, dass die Demonstration friedlich verläuft: „Wir haben keinerlei gegenteilige Anhaltspunkte.“
Während die Erfurter sich auf fünfstellige Teilnehmendenzahlen freuen, sorgen sich Dresdner Initiativen darum, am Samstag nicht genug Menschen auf ihre Straßen zu bringen. Denn in der sächsischen Landeshauptstadt findet zeitgleich zur Demonstration in Erfurt einer der größten Neonazi-Aufmärsche Europas statt.
Den Nazis die Straße nehmen
Alljährlich wird Dresden rund um den 13. Februar zum Treffpunkt der rechtsextremen Szene. An diesem Tag jährt sich die Bombardierung durch die Alliierten. Beobachter gehen davon aus, dass ihr 75. Jahrestag besonders viele Rechte in die Stadt locken wird.
Das Bündnis Dresden Nazifrei zeigt sich „enttäuscht“, dass #unteilbar gerade am Tag des Naziaufmarschs zur Großkundgebung in Erfurt aufruft. An diesem Tag zähle es, den Nazis in Dresden die Straßen zu nehmen, schreibt das Bündnis in einem Statement auf seiner Website.
Zudem kritisiert Dresden Nazifrei, erst aus den sozialen Medien von der Demonstration in der thüringischen Landeshauptstadt erfahren zu haben. Unteilbar-Sprecher Becker ist sich jedoch sicher, dass „wir sehr viele sind und breit genug, um zwei Demonstrationen an einem Tag stemmen zu können“.
Ob Becker recht behält? Die Dresdner Polizei erwartet 1.500 Rechtsextreme und hat bereits klargestellt, worin sie ihre Rolle sieht. Laut Polizeipräsident Jörg Kubiessa besteht die darin, die von NPD-Kreisvorsitzenden Maik Müller angemeldete Kundgebung zu ermöglichen. Das weckt Erinnerungen an 2019.
Konfrontation mit Protest
Dort ist die Polizei, nachdem es in den vergangenen Jahren wiederholt gelungen war, den Aufmarsch zu stoppen, hart gegen Demonstrant*innen vorgegangen. Mehrere Journalist*innen wurden an ihrer Arbeit gehindert. Derweil marschierten die Neonazis durch die Dresdner Innenstadt.
Wer die Konfrontation sucht, wird sich nun erst recht für den Protest in Dresden entscheiden. Dort stehen die Zeichen nicht gerade auf Deeskalation: Der Dresdner Polizeipräsident kündigte vor einigen Tagen gegenüber Lokalzeitungen an, dass es beim Räumen von Blockaden durchaus „blaue Flecken“ geben könne.
In Dresden wird unterdessen der Zerstörung vor 75 Jahren gedacht. Am Donnerstagnachmittag veranstaltet die Stadt eine Gedenkstunde mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Am Abend lädt Oberbürgermeister Dirk Hilbert zu einer Menschenkette rund um die Frauenkirche ein.
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