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Von der Leyen lobt GabrielRentenkoalition auf Probe

SPD und Union nähern sich bei ihren Konzepten zur Bekämpfung der Altersarmut an. Der FDP gefällt das gar nicht.

Urteilt man nach dem schwarz-roten Mienenspiel am Wochenende, sind SPD und CDU in punkto Rente zusammengerückt. Bild: hugo333/photocase.com

BERLIN taz | In der Rentenfrage proben SPD und CDU schon einmal die große Koalition. Nachdem am Samstag Eckpunkte des SPD-Entwurfs für eine neue Rentenpolitik bekannt wurden, steuerte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe auf die Sozialdemokraten zu. Wenn sich die SPD „ohne Wenn und Aber“ zur notwendigen, schrittweisen Einführung der Rente mit 67 bekenne, „sollte auch ein Konsens zur dauerhaften Vermeidung von Altersarmut möglich sein“, sagte Gröhe zur Welt.

„Der erforderlichen Verlässlichkeit tut es gut, wenn Fragen der Rentenstruktur parteiübergreifend geregelt werden.“ Zuvor hatte bereits Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die SPD – und sich selbst – gelobt: „Es ist gut, dass die SPD die Gerechtigkeitslücke mit ähnlichen Mitteln angehen will.“ Sie regte eine parteiübergreifende Initiative gegen Altersarmut an.

Eine informell eingesetzte Arbeitsgruppe unter dem SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel hatte am Samstag ihre Eckpunkte für eine neue Rentenpolitik bekannt gemacht. Am Montag soll das Konzept im Parteivorstand diskutiert werden.

SPD: Ausweitung der betrieblichen Altersvorsorge

Zentrale Aussage des Papiers: Die Sozialdemokraten wollen weder von der in ihren Reihen umstrittenen Rente mit 67 noch von der vorgesehenen Absenkung des Rentenniveaus von heute 51 auf 43 Prozent im Jahr 2030 abrücken. Stattdessen setzten sie unter anderem auf die Ausweitung der betrieblichen Altersvorsorge, wollen eine Solidarrente für Geringverdiener einführen, die Erwerbs-minderungsrente verbessern und Kindererziehungszeiten in der Rentenberechnung aufwerten.

RENTE

Sinkendes Rentenniveau: Unter der rot-grünen Bundesregierung wurde 2001 ein weitreichender Wechsel in der Rentenpolitik vorgenommen: Das Leitbild, dass die Rentenhöhe den bisherigen Lebensstandard eines Arbeitnehmers widerspiegeln sollte, wurde zugunsten eines langfristig stabilen Beitragssatzes aufgegeben. Das heißt, dass das Rentenniveau von derzeit 51 Prozent bis 2030 auf 43 Prozent, gemessen am Durchschnittsverdienst abzüglich der Sozialabgaben, sinken soll.

Rente mit 67: 2007 beschloss die große Koalition zudem, die Regelsaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung von 65 Jahre auf 67 Jahre schrittweise anzuheben. Seit Anfang dieses Jahres greift das neue Gesetz, je nach Altersjahrgang werden schrittweise ein oder zwei Monate längeres Arbeiten fällig. Wer trotzdem früher in Rente gehen will, muss deutliche Abschläge in Kauf nehmen: Für jeden Monat, den man früher ausscheiden will, gibt es 0,3 Prozent an Rentenkürzung. (voe)

Fast alles Punkte, die auch von der Leyen in ähnlicher Form benennt. Mit der Solidarrente soll Geringverdienern die monatliche Rente auf bis zu 850 Euro aufgestockt werden. Im Unterschied zur Zuschussrente von der Leyens von gleichfalls maximal 850 Euro wären die Zugangsbedingungen zu dieser Rente etwas einfacher geregelt: Statt 45 müssten 40 Versicherungsjahre in der gesetzlichen Rentenkasse nachgewiesen werden.

Unklar bleibt aber, welcher Unterschied eine Vollzeit- oder Teilzeittätigkeit für die Höhe der Solidarrente spielen soll. Als wichtigste Maßnahme, um das sinkende Rentenniveau auszugleichen, setzt die SPD auf eine „Betriebsrente plus“: Möglichst jeder Arbeitnehmer soll bei Abschluss eines Arbeitsvertrags künftig mindestens 2 Prozent seines Bruttolohns automatisch in eine kapitalgedeckte Betriebsrente einbezahlen.

Aus Steuermittelnfinanziert

Der Staat soll dann noch einmal 400 Euro jährlich dazulegen. Allerdings sollen die Tarifpartner entscheiden, wie die Betriebsrente im Detail organisiert wird. Sie müssten unter anderem klären, ob sich Arbeitgeber an der Finanzierung beteiligen. Sowohl die Solidarrente als auch die Zuschüsse zur betrieblichen Altersvorsorge sollen nach dem Willen Gabriels aus Steuermitteln finanziert werden.

Allein die Solidarrente dürfte im Jahr 2030 über 10 Milliarden Euro im Jahr kosten. Mit wie viel Geld die Rentenreform insgesamt zu Buche schlagen wird, geht aus dem SPD-Papier nicht klar hervor.

Die FDP reagierte am Sonntag äußerst vergrätzt auf den SPD-Vorstoß und die Reaktionen aus dem Unionslager. „Die Bundesarbeitsministerin hat offenbar den Ehrgeiz, Steigbügelhalterin einer großen Koalition ohne Angela Merkel zu sein“, sagte der nordrhein-westfälische FDP-Chef Lindner.

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7 Kommentare

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  • G
    GWalter

    Ursula von der Leyen und der Schnellschuss mit der Zuschussrente

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    Man kann mit hoher Sicherheit davon ausgehen, dass uns hier ein Schauspiel aufgetischt wird und in Wahrheit die Lobby (Beamtenbund, Berufständische Altersversorgungen und andere Akteure) hinter dieser von der Leyen stecken.

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    Hier soll schnellstens eine Billiglösung installiert werden, bevor es zu einer breiten Diskussion kommt.

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    Eine Diskussion, die schon lange fällig ist und die lautet:

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    Kann es sich eine Demokratie und Sozialstaat leisten eine MEHRKLASSENGESELLSCHAFT bezüglich der Alterversorgung zu haben !!??

    Arbeitnehmer zahlen lebenslang und bekommen die geringste Rente, Beamte zahlen nichts und erhalten 72 % ihres letzten Gehaltes, von den üppigen jährlichen Erhöhungen ganz zu schweigen.

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    Die Politiker bekommen gar für ein paar Jahre Parlamentsalltag eine königliche Pension, für die Andere ein ganzes Leben schuften müssen und die Freiberufler sind auch sehr gut aufgestellt.

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    Warum, in Gottes Namen, hört man eigentlich nur im Zusammenhang mit der RENTE immer wieder das Wort DEMOGRAPHIE ????

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    Merkwürdigerweise werden scheinbar nur die Arbeitnehmer und Rentner älter, Beamte, Politiker und Freiberufler bleiben immer jung und haben ausreichenden Nachwuchs !!!???

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    Die Angst geht um bei den Beamten, Politikern und Freiberuflern, dass sie nämlich mit ALLEN ANDEREN SOLIDARISCH sein sollen...wie in der Schweiz !!

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    Aber wer von denen an die Schweiz denkt, der denkt nur an das Konto in der Schweiz um dort keine Steuern zahlen zu müssen.

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    Es wird Zeit, dass das Volk aufwacht und endlich die SOLIDARITÄT DES GESAMTEN VOLKES fordert ....und das heisst:

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    FÜR ALLE EINE GLEICHARTIGE RENTE, NACH GLEICHER FORMEL GERECHNET....Hoffentlich AUCH DIE 72 % WIE DIE BEAMTEN !!!

  • C
    Celsus

    Traditionell haben CDU und SPD ihre Entscheidung schon gemeinsam getroffen. Und was in früheren Bundestagen immer gelang, wollen die heute nicht mehr hinbekommen. Das Rentenniveau sank in einem Land das immer reicher wird. Statistisch versteht sich und nicht die Arbeitnehmer.

     

    Aber gleichzeitig findet sich doch wieder grenzenlos Geld in derPortokasse der Arbeitnehmer_innen, um die Unternehmen der Versicherungslobbyisten zu füttern.

     

    Wer keine Beiträge gezahlt hat und nur künftige Beitragszahler erzogen hat, kann sich dann schon einmal auf eine Armutsrente gefasst machen. Massenhaft werden die sich auch noch schämen Grundsicherungsleistungen geltend zu machen. Das wird noch gerühmt nach dem Motto, was denn passieren würde, wenn alle geltend machten, was ihnen zustehen würde.

     

    Zustehen würde denen allerdings eine Rente weit über Armutsniveau.

  • K
    kroete

    Willkommen im Wahlkampf!

     

    Alltägliche Erwerbsarmut, die stetig steigt, erzeugt Altersarmut, die konsequenter Weise vornehmlich weiblich ist.

    Mit 850 Euro ist man heute bereits deutlich in der Armutsfalle, was erst in 20 Jahren.

    Liebe schamhafte Armutsrentnerinnen -und Rentner, geht bitte alle wählen, aber achtet bitte auch auf das heuchlerische C auf dem Zettel, eine profilneurotische machtbesessene Vorzeigemutti, die nie Geldsorgen kennengelernt hat wie die meisten in der Politik, sollte Euch alten Hasen da keien Sand in die Augen streuen.

  • RS
    Reinhold Schramm

    Eine überfällige "REFORM" gegen Altersarmut vs. SPD+CDU

     

    A) Eine gesetzliche Grundsicherung von NETTO 900 Euro und zusätzlich ab 30-Vollzeitarbeitsjahren bzw. 20-Vollzeitarbeitsjahren für Mütter/Väter, die erworbene Altersrente aus dem Niedriglohnbereich (zusammen mtl. mindestens NETTO 1.300 Euro).

     

    B) Auch nach 35-Vollzeitarbeitsjahren und einem durchschnittlichen Brutto-Monatseinkommen von 2.500 Euro droht Altersarmut. Aus diesem Einkommen ergibt sich bereits ein Brutto-"Mindestlohn" von 16 Euro-Std.

     

    C) Nur rund 10 Prozent erreichen in Vollzeitarbeit die heutige Altersrente mit 65. Jede Beibehaltung der "Rente mit 67" ist eine Rentenkürzung. Aufgrund der Fakten bedarf es eines ungekürzten Rentenanspruchs ab 60.

     

    Unter Einbeziehung der Produktivkraftentwicklung und realen Mehrwertschöpfung, der Beamtenschaft, der Selbständigen und Unternehmer, der Erbschafts- und Kapitalvermögen etc., wäre eine Realisierung (A + B + C) möglich.

  • D
    Detlev

    "Allerdings sollen die Tarifpartner entscheiden, wie die Betriebsrente im Detail organisiert wird."

     

    Diesen Passus gab es auch in den Gesetzen zur Zeit- und Leiharbeit. Er war fatal. Psyeudo-Gewerkschaften, Billigverträge vom DGB und massives Unterlaufen dieser Verträge haben bereits massive Armut von Arbeitnehmern ausgelöst. Dass die SPD diesen Mist nochmals in der Rentenfrage aus der Schublade zieht, obwohl die Erfahrungen überhaupt nichts positiv sind, zeigt, wie wenig Verlass auf diese Partei ist.

     

    Dazu kommt, dass der DGB in Fragen Leih- und Zeitarbeit herumeiert. Verbald und medial werden diese Beschäftigungsformen kritisiert. Praktisch rauschen morgens in streng-IG-Metall-kontrollierten Auto-Fabriken prekäre Leiharbeiter ran, selbst in top-subventionierten Betrieben wie Airbus rauschen täglich Leiharbeiter an, die arm sind und die durch ihre Arbeit keine Perspektiven beruflicher Art haben.

    Dass stößt bei ver.di und anderen Mitgliedern zwar zunehmend auf Ärger, aber es ändert nichts.

     

    Deswegen könnte der SPD-Vorschlag massiv nach Hinten losgehen: Zum einen könnten Psyeudo-Gewerkschaften auf den Plan treten, zum anderen könnte der DGB seine Fehler mit der Zeitarbeitsbranche wiederholen und für Armut sorgen - dieses Mal bei Rentnern. Mag sein, dass in manchem Stahlwerk und bei VW diese Regelungen ein weiteres Privileg für die Stammbelegschaft bringt, in der Summe sieht es jetzt schon nach einem Fehlschlag aus, zumal maximal 400 EURO nicht gerade viel Steuerzuschuss ist. Außerdem dürfte es sowieso schwer sein, bei sinkenden Löhnen Renten zu berechnen, die dann auch noch auf 40-45 Prozent sinken sollen. Die Betriebsrenten sind übrigens auch häufig zu Problemfällen bei Insolvenzen geworden. Da müsste zunächst mal volle Sicherheit hergestellt werden, wobei es schon vermögenswirksame Leistungen gibt, die auch für die Rente genutzt werden können. Worin der wirklich neue Ansatz oder die Problemlösung bestehen soll, habe ich nicht verstanden.

  • M
    Mephisto

    Sage mir wer dich lobt und ich sage dir, was du falsch machst...

     

    Beide Vorschläge - von SPD und CDU - sind untauglich. Es muß eine auskömmliche Grundrente her, die auch gebrochene Biographien berücksichtigt. Die klassische Rente nach 40 Arbeitsjahren ist nicht mehr realisierbar. Die jüngeren unter uns werden sich darauf einstellen müssen, immer wieder Berufe wechseln zu müssen- und auch lange Zeit arbeitslos zu sein. Die Produktivitätssteigerung der nächsten Jahre und Jahrzehnte wird vor allem zu Lasten der Beschäftigten gehen...

     

    Also Grundrente einführen, Rentenhöchstbetrag einführen und ALLE Einkommen an den Sozialkosten beteiligen. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass wirklich leistungsloses Einkommen (nämlich Kapitalrenditen jeder Art) auch noch bevorzugt bei Steuern und Abgaben behandelt werden.

     

    So long

  • T
    Thorben

    Guck an:

    Rentner: Absenkung auf 43% nach gefühlten 100 Jahren

     

    Pensionäre: nachwievor 71,75 % vom letzten Brutto.

     

    Nein, es gibt in Deutschland keine Zweiklassengesellschaft.

     

    Und klar erledigen alle Beamten hoheitliche Aufgaben und es wurde niemand nur deshalb verbeamtet, damit sich nicht das ganze Volk gegen die deutschen Diktatoren stellt- das deutsche Volk wurde selbstverständlich nicht mittels Pfründewahrungsinteresse zur selben gespalten.

    Gäbs den Osten( als eigenständigen Staat )noch und ich müsste/könnte mir aussuchen, wo ich leben möchte, ich würd mich für den Osten entscheiden. Hier ist es mir zu eklig.