: Vom Gymnasium abgeschreckt
■ Die Gesamtschulen liegen bei den bisherigen Anmeldungen zur 5. Klasse vor den Gymnasien
Nach der Anmelderunde für die 5. Klasse, die am vergangenen Freitag zu Ende gegangen ist, fragt man sich, ob die Schulpolitik des neuen Senats schon Wirkung gezeigt hat. Fazit einer vorläufigen Auswertung, die noch am selben Tag an alle Schulleitungen gefaxt wurde: die Gesamtschule hat mit 3,8 Prozent den stärksten Zuwachs, statt 4032 wurden 4187 Kinder dort angemeldet. Im Gegenzug verzeichnete das Gymnasium, das auf 12 Jahre verkürzt wird, trotz steigender Schülerzahlen insgesamt nur einen geringen Zuwachs um 0,5 Prozent (6220 Kinder).
„Die Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen“, warnt Schulbehörden-Sprecher Hendrik Lange. So seien einige Schulen noch nicht ausgezählt, das endgültige Ergebnis würde erst Ende der Woche vorliegen. Doch in Gesamtschulkreisen ist man sicher, dass dieser Trend bestätigt, wenn nicht sogar verstärkt wird.
„Mit der überhasteten Einführung der Schulzeitverkürzung hat sich die Regierung offensichtlich keinen Gefallen getan“, konstatiert GEW-Chefin Anna Ammonn. „Die Eltern sind verunsichert, was auf ihre Kinder am Gymansium zukommt“, glaubt auch Elternkammer-Sprecherin Sabine Bick. „Viele sagen, das mute ich meinem Kind nicht zu“.
Wie berichtet, soll die Schulzeit an Gymnasien auf 12 Jahre verkürzt werden, nur Gesamtschulen sind davon ausgenommen. Die Stundentafel wird nicht gekürzt, sondern umverteilt. So sollen fünfte Klassen am Gymnasium ab Sommer je eine Stunde Deutsch und Mathe mehr bekommen. In Klasse 7 werden diese Schüler viermal wöchentlich sieben Stunden haben. Bick: „Das geht nur, wenn wir den Unterricht ganz anders rhythmisieren. Wenn die Kinder auch Angebote für Ruhe und Bewegung haben“. Auch sei es falsch, den Unterricht überwiegend in der Mittelstufe zu komprimieren. Bick: „Das trifft die Kinder in einem Alter, in dem viele durch die Pubertät bedingt schulmüde sind.“
„Die Belastung für Klasse 5 und 6 ist vergleichsweise harmlos“, sagt dagegen Behördensprecher Lange. Anders sei dies ab Klasse 7. Lange: „Es ist ganz klar, dass das auch in den Nachmittag geht.“ An der „sinnvollen zeitlichen und didaktischen Gestaltung“, der Stundenerhöhung, werde derzeit gearbeitet. Lange: „Wir werden pro Jahr drei neue Ganztagsschulen einrichten und, wenn es der Haushalt zuläßt, auch mehr“.
Für Sabine Bick ist das zu langsam. Denn unter den 35 Ganztagsschulen, die Hamburg hat, ist bisher nur ein Gymnasium. Bick: „Wir haben in Hamburg aber 71. Um für die Ganztagsangebote zu schaffen, müsste ein Konzept und richtig Geld her .“ Kaija Kutter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen